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Die Terranauten TB 04 - Zeitfenster

Die Terranauten TB 04 - Zeitfenster

Titel: Die Terranauten TB 04 - Zeitfenster
Autoren: Robert Quint
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    Mehr als dreißig Stunden waren seitdem vergangen.
    Doch nichts war geschehen.
    Man hatte den Tod des SD-Direktors immer noch nicht bemerkt.
    Vielleicht war es ein Fehler, dachte Gral. Vielleicht hätte ich Meldung machen und persönlich den Mord aufklären sollen. Jetzt ist es zu spät. Die Auftraggeber – wer auch immer sie sein mögen – haben genug Zeit gehabt, ihre Spuren zu verwischen.
    Gral drückte die Zigarette im Aschenbecher aus.
    Zamuel war tot, und keine Macht der Welt konnte ihn wieder zum Leben erwecken. Gral konnte nur warten. Darauf, daß man Zamuel vermißte und Nachforschungen anstellte und ihn in Transkom-12 fand, in der Stille der Tiefe, allein mit dem Tod und dem kichernden Idioten.
    Mit rotgeränderten Augen betrachtete Gral den Bildschirm des Mikrofilmlesers.
    Sabotage in den pfälzischen Protopfabriken.
    Natürlich, sagte sich Gral grimmig. General Chemical kennt unsere verwundbarsten Stellen. Synthetisches Protoplasma ist der Baustoff der Zukunft. Irgendwann wird es ganze Städte aus Protop geben, und die Entscheidung, wer das große Geschäft machen wird, fällt jetzt.
    Nach den ersten Erkenntnissen, stellte Gral fest, waren über zwanzig Prozent der Produktionskapazitäten und der Rest weitestgehend lahmgelegt. Zudem behinderte die ungünstige Witterung die Lieferung von Ersatzteilen und die Aufbau- und Reparaturarbeiten.
    Gral seufzte, lehnte sich zurück und griff nach einer neuen Zigarette. Während er sie anzündete, beobachtete er Karen Schreiber, Leiterin des Dezernats Sabotage-Abwehr und -Verhütung, die ihm am Schreibtisch gegenübersaß und seinen finsteren Blick mit stoischer Ruhe erwiderte.
    »Wie stellen Sie sich dazu?« fragte Gral barsch.
    »Die Personalkontrolle hat versagt«, erklärte die kleine rothaarige Frau, die Gral in diesem Moment mehr denn je an eine verschreckte, fluchtbereite Maus erinnerte. Ein Eindruck, der täuschte, wie der Vizedirektor wußte. Schreiber war hochintelligent, verschlagen, amoralisch und grausam.
    Früher, dachte Gral humorlos, wäre sie Giftmischerin geworden. Heute ist sie Dezernatsleiterin in der SD-Abteilung Eurochems. Braucht man noch mehr Beweise, um zu erkennen, wie sehr sich die Zeiten geändert haben?
    »Der Kommandeur des Werkschutzes«, fuhr die Dezernentin sachlich fort, »und der örtliche V-Mann des Sicherheitsdienstes waren Agenten General Chemicals. Typische Schläfer, die sechs beziehungsweise vier Jahre loyal mitgearbeitet haben, bis sie den Befehl zum Handeln bekamen. Beide wurden dem SD von der Personalkontrolle ausdrücklich empfohlen.«
    Gral rauchte und kratzte sich am Hinterkopf. »Wer war damals Leiter der Personalkontrolle?«
    Karen Schreiber lächelte; ein Lächeln, das allein auf ihre Lippen beschränkt und nur eine Geste war. Schreibers Lächeln drückte nie Humor oder Spott aus. Es stellte einen automatischen Mechanismus dar, so, wie man sich die Zähne putzt oder einem Gast zur Begrüßung die Hand reicht.
    »Ricarda Fantrinelli«, sagte die Dezernentin leise. »Die jetzige Direktorin der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit.«
    Ricarda, durchfuhr es Gral. Gott, diese boshafte alte Schnepfe! Natürlich, sie hat ihre Laufbahn in der Personalabteilung begonnen und ist durch Dauns Protegierung rasch in das Direktorium aufgestiegen …
    Ihm kamen die Gerüchte in den Sinn, die in der Verwaltungszentrale aufgetaucht waren, als Ricarda überraschend ihre Ernennung zur Direktorin erhalten hatte.
    Gral verzog den Mund. Nun, vielleicht hatte Ricarda tatsächlich Dauns Bett gewärmt, obwohl er bezweifelte, daß der Generaldirektor zu irgendeinem Zeitpunkt an Fleischeslust interessiert gewesen war oder gar seine Personalentscheidungen von einer Liebesnacht abhängig gemacht hatte.
    Zweifellos war Ricarda Fantrinelli tüchtig, sehr tüchtig sogar, und es war kein Wunder, daß Gottlieb sie mit allen Mitteln bekämpfte.
    »Ist das definitiv?« hakte Gral nach. »Ich meine, geht aus den Daten schlüssig hervor, daß die Fantrinelli persönlich den Empfehlungsvermerk verfaßt hat?«
    Schreiber nickte. »Die Informationen deuten darauf hin. Wollen Sie, daß ich eine Untersuchung einleite?«
    »Ja«, erklärte Gral nach kurzem Nachdenken. »Aber behandeln Sie die Angelegenheit diskret. Höchste Geheimhaltungsstufe. Sie wissen, was geschieht, wenn unser Verdacht publik wird und sich im nachhinein als falsch erweist.«
    »Natürlich«, lächelte die Dezernentin mit der ihr eigenen Humorlosigkeit. »Sie können sich auf mich
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