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Komm zurueck, Como

Titel: Komm zurueck, Como
Autoren: Steven Winn
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Prolog
    Abgehauen
    D iesen wunderbaren, warmen und strahlenden Septembermorgen im Inner Sunset District von San Francisco verbrachte ich mitten auf der Eleventh Avenue auf den Knien und flehte einen Hund an.
    » Como«, sagte ich mit einer Stimme, die beiläufig und beruhigend klingen sollte. » Lass uns nach Hause gehen. Komm schon, mein Junge. Komm einfach mit.« Ich rutschte dem cremefarbenen Terrier, der gerade aus unserem Haus ein paar Straßenblocks entfernt ausgebüxt war und mich in einer wilden Jagd, die kein gutes Ende zu nehmen schien, durch die Stadt gescheucht hatte, ein Stück näher auf den Pelz. Seine Ohren hatte er alarmiert gespitzt und seine braunen Augen weit aufgerissen. Also rutschte ich ein Stück zurück. Er hielt sich in einem sicheren Abstand zu mir, den Schwanz aufgerichtet wie eine kecke Feder.
    Dies funktionierte genauso wenig wie mein Versuch, ihn beim Rennen zu überholen. Mit zweiundfünfzig Jahren würde ich keinen Wettlauf mit einem lebhaften, zwei Jahre alten Terrier mehr gewinnen. Der Moment für einen weiteren Annäherungsversuch war gekommen, wenn ich mir je Hoffnungen machen durfte, diesen schmuddeligen Hund, den meine Frau und meine Tochter vor zehn Tagen aus dem Tierheim geholt hatten, wieder einzufangen.
    Diese zehn Tage hatten gereicht, um zu erfahren, welchen Widerwillen er Männern und in besonderer Weise mir gegenüber hegte und wie ausgesprochen gerne er ausbüxte.
    » Hey, Como«, sagte ich und wechselte von einem vorgetäuscht sicheren in einen vorgetäuscht spielerischen Tonfall. » Versuch das mal.« Ich erhob mich von meinen Knien, blieb aber geduckt, eine passive Haltung, um ihn nicht zu bedrohen. Er betrachtete sich das Schauspiel genau und kam ein paar Schritte näher. Ermutigt setzte ich mich, stützte mich mit den Händen hinten ab und streckte meine Beine aus, als würde ich es mir zu einem Picknick im Park bequem machen. Ich zeigte mich ihm aber nur im Profil, wo ich ihn noch im Blick hatte, ohne ihn direkt herausfordern zu wollen. Langsam schob ich meine Hand in seine Richtung, während ich Daumen und Zeigefinger aneinanderrieb.
    » Komm schon, Como. Komm, mein Junge.« Nach einer Weile war klar, dass ich mir die Finger wund gerieben hätte, bevor er auch nur ein kleines Stück auf mich zukommen würde. Ich hatte mich mittlerweile wieder erholt und überlegte, aufzuspringen und erneut auf ihn zuzuhechten. Doch sobald ich meine Beine leicht bewegte, um aufzustehen, legte Como die Ohren an und zog sich zurück. So viel zu meinem Plan.
    Mit meinem taktischen Handeln als Mensch war ich am Ende. Meine nächste Idee war eigentlich keine Idee, sondern eine Art unentwickelter Impuls, mich wie ein Hund zu verhalten– etwas, das ich wahrscheinlich seit mindestens vierzig Jahren nicht mehr getan hatte. Ich stand auf, rieb mir den Dreck von den Händen und ging auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig die Eleventh Avenue entlang. Ich respektierte Comos Revier, beanspruchte aber auch mein eigenes, genauso wie ein Hund. Was für eine tolle Idee, wollte ich ihm in seiner Sprache mitteilen, dieses Stadtviertel zu erkunden. Klar, du bist der Rudelführer, aber tun wir es doch gemeinsam.
    Como guckte etwas dumm aus der Wäsche. Die Schultern misstrauisch angespannt, beobachtete er mich, wie ich den Hügel hinaufging. Bald allerdings schien er sich auf mein Spielchen einzulassen und lief auf seiner Seite weiter. Etwa gleichzeitig erreichten wir die Moraga Street. Seltsamerweise fuhr an diesem vorzüglichen Morgen kein Auto hier entlang, und keine Menschenseele war zu sehen. Der Inner Sunset District gehörte uns allein.
    Ich zwang mich, nicht zu ihm hinüberzuspähen, als ich die Straße überquerte und den nächsten Block entlang weiterging. Ganz langsam schlich ich mich an ihn heran, in der Hoffnung, meinen Plan nicht preiszugeben. Ich kam mir vor, als löste ich eine Algebraaufgabe, wie man langsam, aber gleichmäßig zwei Linien aufeinander zuführt, bis sie sich an einem bestimmten Punkt berühren. Es hätte gut funktionieren können, wäre mir angesichts der aufwärts führenden Straße nicht die Puste ausgegangen. In der Nähe der Ortega Street kam mir endlich die göttliche Eingebung. Ich stieß einen langen Seufzer der Erschöpfung aus und sank mit gesenktem Kopf in die Hocke. Ich zählte darauf, dass die Neugier des Hundes siegen würde– und behielt recht. Como senkte die Schnauze in meine Richtung und trat neugierig auf die Straße.
    Ich spielte weiter, so gut
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