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Die Terranauten 090 - Das Schiff des Friedens

Die Terranauten 090 - Das Schiff des Friedens

Titel: Die Terranauten 090 - Das Schiff des Friedens
Autoren: Andreas Weiler
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schabte über spitze Korallen. Die Verletzung war nicht sonderlich schwerwiegend, und den Schmerz spürte er kaum. Das Ende des Giftdorns glitt dicht an ihm vorbei. Catala blickte in die finsteren, trüben Augenpunkte des Rochens, und in diesem Augenblick wußte er wirklich, was Angst, richtige Angst, war.
    »Djirad!« rief seine Sonarstimme. »Bitte, hilf mir.«
    Schweigen. Nur das Zirpen des Rochens, der nun wendete und sich wieder in seine Richtung schnellte, mit wellenförmigen, genau abgezirkelten Bewegungen. Ein kräftiger Schlag mit der Schwanzflosse warf Catala in die Höhe, hinein in eine Seitenströmung, die ihn sofort erfaßte und weitertrug. Wieder entging er dem tödlichen Hieb des Giftrochens. Das Zirpen wurde lauter.
    Catalas Körper bewegte sich nun von ganz allein. Die Angst war noch immer in dem Schianta: ein dumpfes Pochen irgendwo in seinem Denken, vorhanden, aber nicht mehr störend. Reflexe lenkten und steuerten.
    Er wich dem Rochen aus, krümmte sich zusammen und gelangte mit einem genau kalkulierten Flossenschlag in den Rücken des Gegners. Einen Sekundenbruchteil später richteten sich seine Hartschuppen steil auf. Die Seitenströmung gab ihm genau den nötigen Antriebsimpuls. Die Schuppen berührten den Bauch des Rochens. Das Wasser trübte sich, als Blut aus der Wunde sickerte.
    Der Rochen zirpte wütend und schmerzerfüllt.
    Noch ein Flossenschlag. Ein öffnen der Saugfacetten. Es gelang. Nun klebte Catala unter dem Rochen, außer Reichweite des Giftdorns. Er krümmte sich und wand sich, und die Hartschuppen rissen weitere Wunden. Es war wie ein Rausch. Catala atmete das Blut seines Gegners. Die Angst wich aus ihm. Jetzt hatte er beides kennengelernt: Angst und Triumph.
    Und als er am Bauch des Rochens haftend in eine andere Strömung trieb, löste er sich von seinem Gegner und brachte sich rasch aus der Reichweite des Giftdoms. Der Rochen schwebte über eine goldfarbene Korallenspitze hinweg und sank hinab, den Tiefenregionen entgegen.
    »Djirad?«
    Sein Erstlehrer war sofort zur Stelle. »Verstehst du nun, was ich meine?« fragte er, und seine Flossen streichelten Catala. »Die Angst ist ein wichtiger Antriebsimpuls, Schüler. Man muß lernen, sie zu überwinden, ohne sie ganz zu verdrängen. Deine Instinkte sind gut ausgeprägt. Vielleicht kannst du später einmal tatsächlich Hortsoldat werden …«
    »Der Rochen war vorbereitet, nicht wahr?« fragte Catala. Er verstand plötzlich. »Es bestand keine wirkliche Gefahr für mich.«
    »Oh, doch«, widersprach Djirad. »Dann, wenn du einige entscheidende Fehler gemacht hättest. Aber du hast recht: Der Dorn war entgiftet und der Rochen durch langen Nahrungsentzug geschwächt. Das ist der zweite Lehrsatz von heute: Wenn du die Angst überwunden hast, dann koste nicht zu lange an dem Triumph. Denn Triumph ist noch schädlicher als unkontrollierte Angst. Sie führt zu Selbstüberschätzung. Mit einem starken Gegner wärst du nicht fertig geworden. Noch nicht. Nach dem Strömungsfest werde ich dich in die Obhut einiger Soldatenlehrer geben. Dann wirst du das lernen, was nötig ist.«
    Sie ließen den Korallenberg hinter sich. Hier oben war das Wasser so klar, daß man viele Körperlängen weit blicken konnte. Und alles erstrahlte in einer phantastischen Farbenpracht.
    Irgendwo in Catala rührte sich Schmerz. Eine flüsternde Qual, die ihm fremd war und die er noch nie zuvor verspürt hatte. Djirad fuhr die Steuerflossen aus und verlangsamte damit die Geschwindigkeit. Catala blickte empor. Das Wasser war eine glitzernde Schicht vor der Oberwelt. Und weit oben war der Glanzball des Hellichts zu erkennen. Jetzt jedoch … Neben Hellicht glühte ein zweiter Schimmer.
    »Was ist das?« fragte Catala unruhig, und sein Erstlehrer blieb ihm eine Zeitlang die Antwort schuldig. Dann entgegnete Djirad: »Ich weiß es nicht, Schüler.« Eine überraschende Antwort. Und Catala registrierte auch die Unsicherheit, die den großen Körper Djirads erfaßt hatte. Er hatte sogar die Hartschuppen aufgerichtet, als rechne er mit dem Angriff eines gefährlichen Wasserfeindes.
    Es dauerte nicht lange, und der zweite Glanzpunkt erstrahlte viel heller als der erste.
    »Ein Omen?« erkundigte sich Catala. Aber was konnte das für ein Omen sein, von dem selbst ein Weiser Erstlehrer wie Djirad nichts ahnte?
    »Ich weißt es nicht.« Zweimal diese Worte.
    Schmerz. Schmerz.
    Catala krümmte sich zusammen, als aus dem Peinpochen irgendwo in ihm flüssiges Feuer zu werden
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