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PR 2630 – Im Zeichen der Aggression

PR 2630 – Im Zeichen der Aggression

Titel: PR 2630 – Im Zeichen der Aggression
Autoren: Marc A. Herren
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1.
    Furcht und Schmerzen
     
    Angst bevölkerte die Halbwelt zwischen Traum und Wirklichkeit.
    Seran Giftun suchte nach den Halteflächen der Realität, ertastete die Wärme der Wand, an der sie klebte.
    »Eine brüchige Wand«, flüsterte Seran.
    Kalter Schauder lief über ihren nackten Körper, als sie an die Bilder dachte, in denen sie bis vor wenigen Momenten gefangen gewesen war. Die Schreckensamme erinnerte sich an die furchtbare Kreatur, die ob des Schocks der bröckelnden Wand erwacht war und sich sogleich tatendurstig geschüttelt hatte.
    Etwas berührte in der Dunkelheit ihren Rücken. Die Amme schrie mit hoher Stimme auf.
    »Seran«, hauchte jemand, »erschrick nicht. Ich bin es.«
    Seran Giftun brachte das verwaschene Gesicht der Kreatur nicht aus ihren Gedanken. Es hinderte sie daran, klar zu denken. Die Stimme kam der Dosanthi vertraut vor, aber ...
    Sie atmete tief ein, roch den vertrauten Geruch der Dosedo-Pflanze, meinte gar, die beruhigende Strahlung der blauen Heimatkristalle körperlich zu fühlen. Mit Erleichterung spürte sie, wie der Druck des Albs langsam nachließ.
    »Was ist mit dir?«, kam es aus der Dunkelheit. »Zieh dich an, wir müssen in die Höhle der Gavangs. Alia steht kurz vor der Geburt!«
    Endlich erkannte die Schreckensamme Hola Terkans Stimme. Die Worte ihrer Ogok-Azacho-Kollegin drangen durch das feinmaschige Netz der letzten Traumbilder und zerrissen es.
    »Alia ist so weit?« Seran hielt einen Moment den Atem an. »Sie ist viel zu früh, ich ... ich beeile mich.«
    Nur allzu gerne hätte sie ihre Kollegin weggeschickt, um ein paar Augenblicke für sich zu haben, um sich von den Schrecken des Albtraumes zu erholen. Andererseits gab ihr Holas Anwesenheit Kraft und Zuversicht, den mit Unwohlsein erwarteten Weg in die Gavang-Kaverne anzutreten. Seran wandte den Kopf nach links. Ihre Augen hatten sich mittlerweile so weit an die Dunkelheit gewöhnt, dass sie den Körper ihres Sexualpartners Korrag neben sich an der Wand erkannte. Er bewegte sich unruhig im Schlaf.
    Suchen dich auch schlechte Träume heim, Liebster?, fragte Seran in Gedanken.
    Korrags spitze Ohren zuckten nervös.
    »Seran, was ist denn?«, fragte Hola mit sanfter Stimme.
    Die Schreckensamme löste sich von der Wand, ließ sich auf den mit weichem Ferrokat-Moos bedeckten Höhlenboden sinken. »Ich habe nur schlecht geträumt. Nichts weiter.«
    Hola Terkan reichte ihr den traditionellen roten Umhang der Schreckensammen. Seran setzte sich auf ihren Sessel und schlüpfte zuerst in die weite gelbe Hose, bevor sie den Umhang entgegennahm.
    »Seltsam«, murmelte Hola. »Auf dem Weg hierher habe ich ungewöhnlich viele Dosanthi im Schlaf sprechen hören. Was habt ihr denn alle gestern Abend gegessen? Ich habe gut geschlafen – jedenfalls bis ich von der kleinen Sirran Gavang geweckt worden bin.«
    Seran verzog den schmallippigen Mund. Ihre Kollegin pflegte Ängsten häufig mit ihrem ganz eigenen Humor zu begegnen. Eine Marotte, die ihr offenbar guttat – und ihre Umwelt regelmäßig nervös und teilweise ungehalten machte.
    Mit zittrigen Händen nahm Seran ihre klobigen Stiefel und schlüpfte hinein.
    »Wovon hast du geträumt?«, fragte Hola leise.
    »Es war seltsam. Eine Wand, die sich langsam auflöste.«
    »Klingt schrecklich.«
    »Ja. Und ein Wesen, das gerade aufwacht.«
    »Was für ein Wesen?«
    »Ich weiß nicht mehr«, gab Seran ungeduldig zurück. Sie hatte den zweiten Stiefel falsch herum angezogen. Mit einigem Zerren bekam sie den Fuß frei und setzte erneut an. »Ist auch unwichtig. Ich mache mir Sorgen um Alia.«
    »Sie ist ein wenig zu früh. Aber das war schon bei der kleinen Sirran der Fall. Sie hat sich seither ordentlich entwickelt.«
    Korrag stöhnte leise im Schlaf.
    Seran blickte besorgt zu ihrem Partner hoch. »Lass uns gehen«, flüsterte sie.
    Sie verließen die Kaverne und schlugen den Weg zu der Wohnhöhle der Gavangs ein. Leuchtmoose verbreiteten ein spärliches Licht. Der säuerliche Geruch vieler schlafender Dosanthi lag in der Luft.
    Schweigend eilten sie nebeneinander durch die Gänge. Die kugelförmige Wohnkaverne war von den Helfern QIN SHIS perfekt auf die Bedürfnisse der Dosanthi hergerichtet worden. Die felsigen, mit unterschiedlichen Moosen bepflanzten Gänge und Höhlenanlagen erschienen vollkommen natürlich – als würden sie alle auf Dosanth leben und nicht in einem gelandeten Raumschiff auf dem Planeten Meloudil.
    Das Boden-Granulat knirschte unter Serans Stiefeln, als sie
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