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Die Terranauten 086 - Die Gehetzte von Terra

Die Terranauten 086 - Die Gehetzte von Terra

Titel: Die Terranauten 086 - Die Gehetzte von Terra
Autoren: Robert Quint
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Schultern.
    Wieder schauderte er in der frostigen Brise, kauerte sich dann nieder und öffnete mit steifen, blauverfärbten Fingern die Nahrungspatrone.
    Als der Inhalt mit dem Sauerstoff der Luft in Berührung kam, ertönte ein leises Zischen. Der Geruch von Proteinbrei und Gulascharoma stieg aus dem handbreiten Behälter.
    Ungeduldig wartete der Mann, bis der bräunliche Brei warm genug war, und begann dann die fleischfarbene Masse umzurühren.
    Der Gulaschduft wurde intensiver.
    Hungrig aß der dünne Mann, und immer wieder blickte er hinauf in den wolkigen Himmel, über die See, deren Wellen unermüdlich heranrollten, und dann zurück zum Festland.
    Nichts.
    Nur die dunklen Punkte der Möwen am Firmament.
    Als der Mann gesättigt war, stand er auf und schlurfte zu dem zackigen Loch, das in der Mitte des Daches klaffte.
    Er warf die leere Nahrungspatrone hinein.
    Torkelnd verschwand sie in der Finsternis. Erst nach langen Sekunden drang das matte, scheppernde Aufprallgeräusch aus der Tiefe.
    Geistesabwesend führte der dünne Mann seine Hand zu den Nüstern und hielt mit einemmal verärgert inne.
    Das könnte dich verraten, dachte er kritisch. Auch charakteristische Gesten sind in den Computern der Invasoren gespeichert.
    Der Wind wurde stärker.
    Frierend zog der Mann das Wickelgewand enger um seine knochigen Schultern. Ein Kunststoffkärtchen fiel aus einer der aufgenähten Taschen. Er hob es auf.
    Ein ID-Ausweis.
    Honas Shnuel, Relax.
    Der Mann verzog die welken Lippen zu einem angedeuteten Lächeln.
    Was das alles kostet! durchfuhr es ihn. All diese konspirativen Manöver!
    Er schlurfte an den Rand des Daches und starrte hinunter auf die Gischt. An stillen Tagen konnte man in der Tiefe die Umrisse geometrischer Strukturen erkennen. Rechtecke und Quadrate, lange, gerade Linien. Die versunkenen Gebäude und Straßen von New York.
    Plötzlich fuhr der Mann zusammen.
    Es war der Instinkt, der ihn warnte und herumwirbeln ließ. Seine blassen Augen weiteten sich. Auf der anderen Seite des Daches war ein hünenhafter Fremder aufgetaucht. Der Fremde trug einen schweren Kampfanzug und um seine Hüfte rotierte ein gleißender Magnetring.
    Der Fremde besaß gelbe Augen. »Wer sind Sie?« krächzte der dünne Mann. »Was wollen Sie hier? Hat man denn nirgendwo seine Ruhe? Verschwinden Sie!«
    Der Gelbäugige landete mit katzenhafter Anmut. Der Magnetring erlosch.
    Eine Möwe schrie.
    Der dünne Mann gestikulierte wütend. »Fort mit Ihnen«, krächzte er mürrisch. »Ich …«
    Der Fremde trat näher und streckte einen Arm aus.
    »Ihre ID-Karte«, sagte er gelassen.
    »Warum?« Der dünne Mann unterdrückte seine Nervosität. Wie zufällig glitt seine Hand zu seiner rechten Brust.
    In diesem Moment packte ihn eine unsichtbare Faust, warf ihn hoch und schleuderte ihn dann auf den Betonboden.
    Der dünne Mann schrie auf vor Schmerz. Tränen traten in seine Augen.
    Aus seinem Wickelgewand rutschten ein Nadler und die ID-Karte.
    Der Fremde ignorierte die Waffe. Die Kunststoffkarte löste sich vom Boden und schwebte in seine offene Hand. Flüchtig betrachtete er sie.
    »Was … was soll das?« stieß der dünne Mann hervor.
    Sein Adamsapfel tanzte auf und ab. Schweiß glänzte auf der hohen Stirn.
    Der Fremde warf die Karte achtlos ins Meer.
    »Ihre Tarnung war nicht gut genug«, sagte er emotionslos. »Keine Tarnung ist gut genug. Selbst eine telepathische Immunisierung kann nicht verhindern, daß hin und wieder Gedankenfetzen den Block überwinden.
    Wir lauschten und wir entdeckten Sie.«
    Der dünne Mann schloß die Augen.
    Aus! dachte er. Diese verdammten Clons!
    »Stehen Sie auf«, befahl der Gelbäugige. »Stehen Sie auf, Ignazius Tyll.«
    Tyll gehorchte.
    Er verspürte keine Angst, sondern nur mildes Bedauern.
    Und ihm war klar, daß sie Valdecs Supertreiber unterschätzt hatten.
    In der Ferne erschien die Silhouette eines Gleiters. Rasch schoß der Diskus heran.
    »Wohin bringen Sie mich?« fragte Ignazius Tyll steif.
    »Nach Berlin«, antwortete der Clon bereitwillig. »In die Toten Räume. Sicherheitsmanag Frost erwartet Sie bereits.«
    Tyll schwieg.
    Er schielte zum Dachrand, doch er wußte, daß es ihm nicht gelingen würde, sich hinunter ins Meer zu stürzen.
    »Nein«, bestätigte der Clon, »Sie werden es nicht schaffen.«
    Gedankenverloren tastete Tyll über sein glattes Gesicht, das durch mikrokosmetische Operationen verändert worden war.
    Alles umsonst, dachte er. Und morgen, wenn die Leute von der F.F.D.E.
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