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Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)

Titel: Die Tarotspielerin: Erster Band der Tarot-Trilogie (German Edition)
Autoren: Marisa Brand
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steht seit siebenhundert Jahren und ...«
    Sidonia unterbrach ihn trotzig: »Und soll ein feuchtes Gemäuer sein mit einem einzigen Kamin. Das sagt sogar Doña Rosalia. Sie hasst die Burg.«
    »Mein Kind, du wirst an Höfen verkehren. Die Löwensteins haben Verbindungen in ganz Europa. Adrians Vater stand noch im Dienst Philipp des Schönen, des Kaiservaters. Er hat das ganze Abendland bereist, und sein Sohn Adrian ist ebenso umtriebig.«
    Sidonia griff nach den Bleigewichten einer Münzwaage, die neben ihr auf einem Tisch stand, und ließ sie durch ihre Finger gleiten. Ein Lächeln belebte ihre Züge. Sie liebte Wortgefechte mit dem Vater. »Umtriebig und verschwendungssüchtig ist der Ritter. Dein Geld scheint ihm willkommen, aber die minderwertige Braut holt er nicht ab.« Klirrend warf sie die Bleigewichte in eine Waagschale.
    »Nur Geduld, mein Kind. Der Ritter muss dich heiraten, der Vertrag ist bindend. Nur Geduld«, entgegnete Claas van Berck erregt.
    Ha, als ob ihr Vater ein Meister dieser Tugend wäre! »Mir wäre ein Drucker wie Pirckmann, der mich auf die Messen von Leipzig und Frankfurt mitnimmt, lieber.«
    Claas van Berck zuckte zusammen. Er fürchtete und hasste die Lebensgier seiner Tochter, vielleicht weil sie ihm selber nicht fremd war, auch wenn sie sich bei ihm auf das Geld, bei Sidonia hingegen auf Abenteuer zu richten schien. Einer Frau stand sie so schlecht zu Gesicht wie der Umgang mit Büchern.
    Scharf entgegnete er: »Ein Drucker als Gatte! Ich bin mein Leben lang ohne Bücher ausgekommen. Das Geschmier von diesem Kerl Luther und seine Verbreitung haben genug Unheil gestiftet. Mir ist mein friedliches Geschäft lieber.«
    Sidonia hob die Brauen und sagte spöttisch: »Die Herstellung und den Handel mit Hakenbüchsen, Pulver und Kanonen nennst du ein friedliches Geschäft?«
    Van Berck stellte sich breitbeinig vor sie hin: »Waffen dienen dem Erhalt der göttlichen Ordnung, während der Druck von Büchern und Flugschriften vor zwei Jahren sogar aus den Bauern Rebellen machte.« Und seinen fünfzehnjährigen Sohn Lambert mit dummen Gedanken fütterte, fügte er im Stillen hinzu.
    Sidonia liebte es, in Streitgesprächen mit dem Vater ihren Verstand zu zeigen, was andernorts verpönt war: »Der Buchdruck bringt viel Geld! Pirckmann hat sich gerade eine Meute Jagdhunde und Falken angeschafft.«
    Van Berck wandte sich ab. »Er äfft höfische Lebensart nach und bleibt doch ein Schmierfinger.«
    »Während uns die vornehme Lebensart in die Wiege gelegt wurde, nicht wahr?«
    Van Berck überhörte den Einwand zähneknirschend. »Ich dachte, du seist stolz darauf, einen Ritter zu heiraten. Hast du mir nicht vor drei Jahren schon von Burgen und stolzen Kämpfern vorgeschwärmt?«
    Ihr Vater hatte Recht, doch Sidonia unterlag in einem Streit genauso ungern wie er. »Damals war ich fünfzehn.«
    »Alt genug, um zu heiraten, wenn ich es bestimmt hätte. Viele deiner Freundinnen sind längst Mütter, führen ein Haus und haben so viel Arbeit, dass sie gar nicht ans Reisen denken können.«
    Sidonia straffte die Schultern. »Eine Arbeit wäre mir auch recht. Warum lässt du mich nicht deine Bücher führen oder Verträge schreiben? Ich habe im Kloster genug gelernt. Ich spreche Latein, ein wenig Englisch und nun sogar Spanisch.«
    »Aber von weiblicher Bescheidenheit hast du keine Ahnung. Die Mutter Oberin war erleichtert, als sie dich loswurde.«
    Und du, als du mich an einen Adligen verkaufen konntest, dachte Sidonia mit einem Anflug von Bitterkeit. Der Liebe ihres Vaters haftete der Geruch von Berechnung und Geltungssucht an. Wie sehnte sie sich nach einem Leben, das frei war von Krämergedanken. Und nach einer Liebe, wie sie in alten Minneliedern besungen wurde.
    Wäre mir vergönnt, dass ich die Rosen
    Einmal noch mit meiner Liebsten bräche,
    finge ich sie in den schwerelosen
    Netzen weltvergessner Zwiegespräche.
    Käm ihr roter Mund zu meinem Munde
    Nur für eine Stunde,
    wie ich mich auf ewig seligspräche.
    Verträumt schaute Sidonia auf und erschrak über den lauernden Blick ihres Vaters. Ihm durfte sie ihre lyrische Seite, die ihr oft selbst unheimlich war, nicht zeigen. Angriffslustig reckte sie das Kinn. »Willst du mich ebenso schnell loswerden wie die Nonnen? Keine Sorge, es gibt genug Bewerber um meine Hand. Seit es heißt, die Tochter von Lumpenclaas könne den Löwenstein bekommen, bin ich eine begehrte Ware.«
    Van Berck machte eine unwirsche Handbewegung. »Keiner dieser Bewerber ist so
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