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Die Tage des Regenbogens (German Edition)

Die Tage des Regenbogens (German Edition)

Titel: Die Tage des Regenbogens (German Edition)
Autoren: Antonio Skármeta
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Hälften. Ich salze nach und esse ein Stück Brötchen dazu. Sie nimmt kein Salz, weil sie behauptet, das mache dick. Sie kennt alle möglichen Theorien über gesunde Ernährung, verschmäht Salz und Butter und verehrt Ionesco. In der Kahlen Sängerin hat sie die Mrs Smith gespielt. Doch inzwischen will sie nach der Schule doch nicht mehr auf die Schauspielschule, sondern Architektur studieren.
    »Wir müssen deinen Vater finden«, sagt sie.
    »Wie denn?«
    »Wir fragen überall nach ihm.«
    »Ich habe getan, was ich tun sollte.«
    Und dann erzähle ich ihr vom Plan »Barock«.
    Sie hört aufmerksam zu und schüttelt den Kopf.
    »In so einem Fall können die Guten nichts bewegen, sie alle haben Angst. Man muss die anderen dazu bekommen, etwas zu unternehmen.«
    »Die Bösen?«
    »Niemand ist durchwegs gut oder böse.«
    »Mein Vater meint, du hast keine Prinzipien. Und dass ein ethischer Mensch Prinzipien braucht.«
    »Ich habe Prinzipien. Mein Prinzip ist, dass ich deinen Vater und dich mag.«
    »Das ist kein Prinzip, sondern ein Gefühl.«
    »Gut, dann sind meine Prinzipien eben Gefühle.«
    Anstatt weiter darauf einzugehen, holt Patricia Bettini eine Kassette aus ihrer Schulmappe und schiebt sie in den Sony. Es ist Billy Joel, Just the way you are .
Don’t go changing,
to try and please me
you never let me down before,
don’t imagine you’re too familiar
and I don’t see you anymore.
I wouldn’t leave you
in times of trouble,
we never could have come this far,
I took the good times,
I’ll take the bad times,
I’ll take you just the way you are.

ACHT
    A drián Bettinis Frau dachte nicht daran, die Scheinwerfer auszumachen und den Wagen vom Mitarbeiterparkplatz zu fahren. Erst wenn ihr Mann von dem Termin mit dem Innenminister zurück sein würde, erwiderte sie die überaus höfliche Aufforderung des Wachmanns. Der meldete das Fernández im Büro und drehte dabei so heftig seinen Ehering, dass das Metall ihm auf der Haut brennen musste. Dann verzog er sich. Als sie Adrián kommen sah, ließ sie wie bei der Flucht nach einem Banküberfall den Motor an.
    »Wie ist es dir ergangen?«, fragte sie, als sie die Plaza Italia umrundete und währenddessen im Rückspiegel nach Verfolgern Ausschau hielt.
    »Wie du siehst, lebe ich noch.«
    »Hat er Druck gemacht, dass du für Ja zu Pinochet arbeitest?«
    »Allerdings.«
    Obwohl die Ampel nicht rot war, hielt Magdalena an und ignorierte die hinter ihnen hupenden Autos.
    »Und?«
    Bettini lächelte. Dann suchte er sein tiefstes Stimmregister, um Fernández’ Bass nachzuahmen.
    »›Ihr Verhalten ist ethisch nicht korrekt.‹«
    »Wie kommt er darauf, dass du für sie arbeiten könntest?«
    »Irgendein Computer hat ihnen ausgespuckt, dass ich der beste Werbefachmann des Landes sein soll.«
    »Das bist du ja auch.«
    »Obwohl der Computer und meine Ehefrau sich darin einig sind, gibt niemand mir Arbeit. Soll ich fahren?«
    Das Hupen wurde immer lauter, da fuhr Magdalena mit einem Ruck an.
    »Was hast du ihm schließlich gesagt?«
    »›Nein, danke‹.«
    »Warst du auch freundlich?«
    »Sehr höflich.«
    »Und was hat er gesagt?«
    »›Bettini, wenn Sie mir einen großen Gefallen tun wollen, lehnen Sie es ab, die Kampagne für Nein zu Pinochet zu übernehmen.‹«
    Jetzt zogen sich Magdalenas Lippen zu einem breiten Lächeln.
    »Kaum hatten sie das Plebiszit im Radio angekündigt, rief schon Don Patricio an, um dich zu fragen, ob du die Kampagne Nein zu Pinochet leiten willst.«
    »Um Himmels willen!«
    »Mach es. Ich wäre sehr stolz auf dich.«
    »Magda, dann tue ich aber dem Innenminister keinen großen Gefallen, und du weißt, was das bedeutet.«
    »Wenn du der Chef der Nein zu Pinochet -Kampagne bist, schützt dich deine Sichtbarkeit. Sie können keine demokratische Volksabstimmung aufziehen und den Chef der Wahlkampfkampagne der Opposition umbringen.«
    Bettini rieb sich die Augen. Das alles war zweifellos echt, und trotzdem hatte er einen kleinen Rest Hoffnung, es handele sich um einen schlechten Traum.
    »Ich gebe zu, dein Argument sticht. Aber es gibt noch einen Grund, abzulehnen.«
    »Und der wäre?«
    »Pinochet hat die letzten fünfzehn Jahre das ganze Land mit Werbung zugeschmissen, und ich bekomme klägliche fünfzehn Minuten. Das ist ein Kampf David gegen Goliath.«
    »Adrián?«
    »Was?«
    »Wer hat gewonnen?«
    »Was gewonnen?«
    »Den Kampf von David gegen Goliath.«
    Bettini kauerte sich in den Sitz und hielt sich mit beiden Händen die Ohren zu.
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