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Die Superreichen

Die Superreichen

Titel: Die Superreichen
Autoren: Chrystia Freeland
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2010 aus dem Aufsichtsrat ausschied, waren ihre Aktien über vier Millionen Dollar wert.) 11 Simmons sprach begeistert davon, armen Kindern zu einem Studium an der Brown University zu verhelfen und ihnen Stipendien zu verschaffen. Aber als ich sie fragte, ob die Bevorzugung der Bewerbungen der Kinder Ehemaliger nicht abgeschafft werden sollte, wurde das Gespräch persönlich. 12 »Nein, ich habe eine Enkelin. Die Zeit ist noch nicht reif«, sagte sie mit einem Lachen.
    Marx verstand die Gefahren der kapitalistischen serrata – tatsächlich baute er auf sie. Der Kapitalismus, so war er überzeugt, trug den Keim seiner eigenen Zerstörung in sich. Marx sagte voraus, dass sich die aufsteigende kapitalistische Klasse, wie die kurzsichtige venezianische Elite, übernehmen und ein System schaffen werde, das ihre Vorherrschaft so wirkungsvoll konsolidierte, dass dadurch schließlich das Wirtschaftswachstum erstickt und das System politisch unhaltbar werden würde.
    Die erstaunlichste politische Tatsache der letzten beiden Jahrhunderte ist, dass dies nicht geschehen ist. Anders als die venezianische Elite unterwarfen sich die westlichen Kapitalisten der schöpferischen Zerstörung, dem Wettbewerb durch neue Marktteilnehmer, und schufen immer inklusivere wirtschaftliche und politische Ordnungen. Das Ergebnis ist die kraftvollste Ära wirtschaftlichen Fortschritts der Menschheitsgeschichte.
    Marx war selbst einer der Gründe für die Bereitschaft der Eliten zu teilen: Die Angst vor einer kommunistischen Revolution war ein starker Beweggrund für Reformen. Es war besser, der Arbeiterklasse eine effektive politische Stimme und ein soziales Netz zu geben, als zu riskieren, dass ihre bolschewistische Avantgarde die Macht vollständig an sich riss.
    Ein weiterer Grund dafür, dass das 20. Jahrhundert zum Jahrhundert der Inklusion wurde, war, dass die Wirtschaftselite, besonders ihre weltweit unangefochtenen amerikanischen Vorreiter, verstand, dass sie nur gedeihen konnte, wenn auch die Mittelschicht prosperierte. Das Zeitalter der Massenproduktion verlangte nach einem Massenmarkt – wie Henry Ford sagte, mussten die Arbeiter, auch seine eigenen, genug Geld verdienen, um seine Autos kaufen zu können.
    Für die Plutokraten könnte die Globalisierung sowohl den politischen wie den ökonomischen Anreiz vermindern, sich für Inklusion stark zu machen. Dies deshalb, weil in der verzahnten Weltwirtschaft von heute westliche Demokratien Nachfrage aus den Schwellenländern importieren können, während diese Demokratie aus dem Westen einführen. Anders gesagt, die westlichen Unternehmen sind weniger abhängig von einer wohlhabenden heimischen Mittelschicht, weil sie ihre Produkte und Dienstleistungen nun an die aufsteigende Mittelklasse in den Schwellenländern verkaufen können. Henry Ford brauchte eine inländische Mittelklasse mit Kaufkraft; seine Nachfolger können zunehmend in den aufstrebenden Volkswirtschaften den Massenkonsum bedienen.
    Unterdessen müssen sich Oligarchen in extraktiven Regimes keine Sorgen machen, dass die Repression in ihren Ländern Innovation, die besser in Demokratien gedeiht, verhindert. Die kommunistischen Prinzlinge in China können Technologie aus dem Westen importieren; russische Oligarchen können direkt in die heißesten Firmenneugründungen in Silicon Valley investieren. Und sie alle können sich Zweitwohnsitze in Manhattan und Kensington und Ferienvillen an der Côte d’Azur zulegen und ihre Kinder auf britische Internate und amerikanische Eliteuniversitäten schicken.
    Die Globalisierung und ihre wirtschaftliche Zwillingskraft, die technologische Revolution, helfen noch in anderer Weise dabei, den Druck auf die Plutokraten zu vermindern, für mehr Inklusion in ihren Gesellschaften zu sorgen oder sie zu bewahren. Man könnte ihn die kulturelle serrata nennen, die schon heute die Plutokraten von allen anderen trennt – auch ohne die formelle politische Spaltung, die in Venedig im Goldenen Buch verankert wurde. Während sich die wirtschaftliche Kluft zwischen den Superreichen und allen anderen immer mehr in einen Abgrund verwandelt, leben sie immer stärker in ihrer eigenen umzäunten globalen Gemeinschaft. Tatsächlich wird der Abstand so groß und so offenkundig, dass selbst die Rechte, traditionell allergisch gegen die Rede von sozialen Klassen, darauf aufmerksam zu werden beginnt. Die große neue Idee des konservativen Soziologen Charles Murrey ist, dass das obere Prozent und die 99 Prozent in
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