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Die Superreichen

Die Superreichen

Titel: Die Superreichen
Autoren: Chrystia Freeland
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schätzt diese Herangehensweise mehr als die »guten« Plutokraten. »Es gibt viel Wut in der Gesellschaft über die Hilfe der Regierung für die Finanzindustrie, weil sie als unfair angesehen wird«, sagte mir Eric Schmidt. »Und diese Wut findet man ja zum Beispiel nicht gegen Microsoft und Bill Gates: Er wird als eine amerikanische Gestalt von historischer Bedeutung gesehen, der ein globales Unternehmen aufgebaut hat. Ich glaube also, dass es sehr wichtig ist, zwischen reichen Leuten zu unterscheiden, die dorthin gelangen, indem sie zum eigenen Vorteil ökonomische Renten aus dem Land ziehen, und denjenigen, die wirklich ein neues Unternehmen oder eine neue Quelle des Wohlstands schaffen.« 6
    An diesem Impuls ist vieles richtig. Die Superreichen in »Rentenjäger« und »Wertschöpfer« zu teilen ist ein guter Weg, um zu beurteilen, ob die eigene Wirtschaft inklusiv oder extraktiv ist. Und es ist ein guter Weg zu einem inklusiven Wirtschaftssystem, mehr Chancen für produktive Unternehmen und weniger für Leute zu schaffen, die sich durch politischen Einfluss in den Genuss sicherer Erträge auf Kosten der Allgemeinheit bringen. Trotzdem führt dieser Ansatz nicht weit.
    Zunächst einmal gibt es keine magische Methode, um festzustellen, wer zur Wertschöpfung beiträgt und wer nur eine politische Rente auf Kosten anderer bezieht, es ist keine exakte Wissenschaft. Tatsächlich ist sogar die Übung, die tugendhaften von den korrupten Plutokraten zu trennen und anders zu behandeln, eine Einladung zu ebenjenem Streben nach leistungslosen Erträgen auf Kosten der Gesellschaft, das überhaupt erst die »falsche« Art von Reichtum hervorbringt.
    »Es stimmt wahrscheinlich«, so drückt es Emmanuel Saez aus, der Ökonom, der das oberste Prozent genauer unter die Lupe genommen hat, »dass einige Tätigkeiten wirklich kreativ sind – wie ein normaler Markt –, während andere eher Nullsummenspiele darstellen.« Aber eine klare Unterscheidung zwischen ihnen zu treffen, das sei eine ganz andere Sache. »Ich würde sagen, das Problem ist, wer das entscheiden soll. Ich glaube nicht, dass irgendjemandem wohl dabei wäre, wenn der Staat entscheidet, was eine gute und was eine schlechte Wirtschaftstätigkeit ist, um dann die schlechte etwa mit Sondersteuern zu bestrafen. Denn dann kommen ja all die Lobbys ins Spiel. … Selbst für Volkswirte ist es sehr schwer zu sagen: Dies hier ist eine gute Unternehmung, die andere dagegen eine schlechte. Besonders während sie läuft, ist das extrem schwer.« 7
    Wichtiger noch, der Grat zwischen den Guten und den Bösen ist schmaler, als wir vielleicht denken. Inklusive und extraktive Gesellschaften sind sehr unterschiedlich, aber die Wirtschaftseliten in ihnen werden von denselben Imperativen angetrieben, Geld zu machen und Wettbewerbsvorteile für sich und ihre Unternehmen herauszuholen. Der Versuch, die Spielregeln zu den eigenen Gunsten zu beeinflussen, ist keine Verirrung, es ist das, was alle Unternehmen anstreben. Nicht ob Unternehmer sich tugendhaft verhalten oder wie Schurken, macht den Unterschied, sondern ob die Gesellschaft die richtigen Regeln hat und fähig ist, sie durchzusetzen.
    Nehmen wir als Beispiel, wie Warren Buffett, der größte Säulenheilige im amerikanischen Pantheon tugendhafter Milliardäre, in einem Schreiben an seine Aktionäre 2008 seine Investitionsphilosophie beschrieb. »Ein wahrhaft großartiges Unternehmen muss einen dauerhaften ›Wall‹ besitzen, der seine hervorragenden Kapitalerträge beschützt«, dozierte er. »Obwohl die ›kreative Zerstörung‹ des Kapitalismus für die Gesellschaft höchst nützlich ist, schließt sie Investitionssicherheit aus. Ein Wall, der ständig neu aufgerichtet werden muss, ist am Ende überhaupt kein Wall.« 8 Wie die Venezianer, die sich in das Goldene Buch einschrieben, versteht Buffett, dass die kreative Zerstörung einer offenen Wirtschaft für das Land insgesamt gut ist; aber kluge Kapitalisten ziehen es vor, von unüberwindbaren Wällen beschützt zu werden.
    Buffett erklärte weiter, dass seine bevorzugten Schutzwälle niedrige Produktionskosten oder weltweite Markenmacht sind. Aber auch günstige staatliche Regulierungen können einen mächtigen Wall schaffen.
    Sich einen solchen staatlichen Wall zunutze zu machen, ist eine unternehmerische Entscheidung, keine Frage von Ideologie oder Moral, wie sich an dem aufschlussreichen Kommentar des Hedgefonds-Managers und Regierungskritikers Ken Griffin gezeigt hat,
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