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Die Sündenheilerin (German Edition)

Die Sündenheilerin (German Edition)

Titel: Die Sündenheilerin (German Edition)
Autoren: Melanie Metzenthin
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dorthin.«
    Philip warf einen letzten Blick auf den Toten, dann schüttelte er sein Unbehagen ab und kehrte mit Said zurück zu den Pferden, wo Hartwig wartete.
    »Gib mir deine Packtaschen!«, forderte er Said auf. »Dann hast du Platz, Hartwig bei dir aufsitzen zu lassen.«
    Said löste die Gurte und reichte Philip die reich verzierten Lederbeutel, der sie hinter seiner eigenen Habe fest verzurrte.
    Derweil schien Hartwig sich an die beiden Reisenden gewöhnt zu haben; das Misstrauen war gänzlich verschwunden.
    »Was ist mit meinen Männern? Wollt Ihr sie der Wildnis überlassen?«
    »Im Augenblick können wir gar nichts tun«, antwortete Philip, während er sein Pferd bestieg. »Gewiss wird Euer Fürst nach unserer Ankunft Männer schicken, die sie heimholen und einer würdigen Bestattung zukommen lassen.«
    Said half Hartwig beim Aufsteigen, dann schwang er sich selbst in den Sattel.
    Der Halberstädter wies ihnen den Weg. Trotz seiner Verletzung wirkte er recht munter, und so nutzte Philip die Gelegenheit, etwas mehr zu erfahren. Bereitwillig gab Hartwig Auskunft.
    »Wir waren unterwegs, zwei Fuhren Eisenerz einzuholen und zur Verhüttung zu bringen. Es gibt hier sehr reiche Eisenerzminen, ein großer Teil davon gehört zum Besitz des Grafen von Birkenfeld. Fürst Leopold ist sein Lehnsherr, und zwischen beiden gibt es ein Abkommen, demzufolge Graf Dietmar seine Vasallenpflichten durch die Lieferung von Eisenerz abgilt. Bislang gab es auch nie Schwierigkeiten, aber seit einiger Zeit häufen sich die Überfälle auf die Lieferungen. Dies war schon der dritte Zug, der den Räubern in die Hände fiel.«
    »Habt Ihr die rothaarige Frau gesehen, die den Räubern Befehle erteilte?«
    Hartwig schüttelte den Kopf. »Ich sah nur die wilde Horde, die dafür bekannt ist, alles niederzumetzeln. Man sagt, ihr Hauptmann sei der Teufel selbst.« Hartwig atmete tief durch und griff nach seiner Wunde.
    »Eine Frau?« Said horchte auf. »Bei den Räubern war ein Weib?«
    Philip nickte. »Ganz eindeutig ein Weib, und was für eines. Feuriges Haar, ein Körper, wohlgeformt wie die Sünde. Nur die Kleidung war nicht passend. Sie gab sich wie ein Mann.«
    »Was für ein Land!« Said seufzte. »In Alexandria hätte es das nicht gegeben, ein Weib, das sich wie ein Mann gebärdet und über Räuberbanden herrscht.«
    Philip schwieg.
    Said beäugte ihn misstrauisch. »Du hegst doch wohl nicht wieder die falschen Gedanken?«
    »Was für Gedanken?«
    Der kleine Araber machte ein pfiffiges Gesicht. »Ich sag nur Garn und Netz.«
    »Jetzt übertreibst du aber.«
    »Der Vater von Berenice hätte das sicher anders gesehen.«
    »Noch ein Wort, und ich kürze dir deinen Lohn.«
    Said hatte den Mund schon zum Widerspruch geöffnet, doch schloss er ihn sofort wieder.
    Am frühen Nachmittag erreichten sie den Jagdsitz des Fürsten. Königshof war zwar nur eine kleine Burg, aber die Einfriedungen waren beachtlich. Hinter dicken Mauern verbargen sich Vor- und Wirtschaftshof, dahinter, in der inneren Ringmauer, lag der mächtige Palas. Von der Nordseite her war die Burg durch einen Steilhang nahezu uneinnehmbar. Zahlreiches Gesinde ging im Hof seiner Arbeit nach. Der Backofen war gut befeuert, der Duft frischen Brotes hing in der Luft. Philip knurrte der Magen. Zuletzt hatten Said und er in der Frühe eine karge Mahlzeit zu sich genommen.
    Während sie in den Hof ritten, hielten die Menschen in ihrem Tagewerk inne und starrten ihnen hinterher. Vor allem Said wurde von allen Seiten begafft und bestaunt. Ob man sie überhaupt eingelassen hätte, wenn die Männer auf der Mauer nicht Hartwig in ihrer Begleitung gesehen hätten?
    Als sie von den Pferden stiegen, hatte sich schon ein ganzer Ring aus Neugierigen um sie geschart. Said half Hartwig beim Absteigen, und erst da fiel den meisten Gaffern das Blut auf dessen Kleidung auf. Ein Mann der Burgwache löste sich aus der Menge.
    »Was ist geschehen?«
    »Ein Überfall«, antwortete Hartwig. »Sie haben alle niedergemetzelt. Die Erzfuhren sind verloren.«
    Ein Aufschrei lief durch Menge. Eine junge Frau stürzte auf Hartwig zu, packte ihn so heftig bei den Oberarmen, dass er fast das Gleichgewicht verloren hätte.
    »Was ist mit Gerhard?«
    »Es tut mir leid.« Betroffen schüttelte Hartwig den Kopf. Das Gesicht der Frau wurde erst blass, dann verzerrten sich ihre Züge, als versuche sie mit aller Kraft die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Langsam lösten sich ihre Hände von Hartwigs Armen, und
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