Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sündenheilerin (German Edition)

Die Sündenheilerin (German Edition)

Titel: Die Sündenheilerin (German Edition)
Autoren: Melanie Metzenthin
Vom Netzwerk:
hatte er erstmals seit langer Zeit wieder einen Abglanz dessen verspürt, was sein Leben früher ausgemacht hatte. Sehnsuchtsvoll dachte er an die Wärme seiner Heimat, das ungezwungene Lachen, die Leichtigkeit, mit der er das Leben dort genossen hatte. War es wirklich richtig gewesen, Alexandria zu verlassen? Doch zugleich wusste er, dass er niemals eine Wahl gehabt hatte. Die Zeit der Unbeschwertheit war längst vorbei. Leise schloss er den Fensterladen und ging zu Bett.
    Am folgenden Morgen verließen sie Burg Königshof. Philip bemerkte Leopolds Enttäuschung. Vermutlich hätte der Fürst ihnen gern noch länger Gastfreundschaft gewährt, doch begnügte er sich damit, ihnen ein Empfehlungsschreiben auszuhändigen, damit sie auch auf anderen Burgen freundliche Aufnahme fänden.
    Said war mindestens ebenso enttäuscht wie Fürst Leopold.
    »Da haben wir endlich eine warme, angenehme Unterkunft gefunden, aber dich treibt es weiter. Warum können wir nicht noch ein paar Tage bleiben?«
    »Das weißt du ganz genau.« Philip zurrte seine Packtaschen hinter dem Sattel seines Wallachs fest.
    »Ach, weiß ich das?«
    Die Bissigkeit in Saids Stimme war unüberhörbar. Philip ging nicht darauf ein. Wortlos führte er sein Pferd aus dem Stall. Said folgte widerwillig.
    Im Hof begegneten sie ein letztes Mal dem Fürsten.
    »Ihr wollt uns wirklich schon verlassen? Wir haben für heute einen Jagdritt geplant, Ihr wärt uns willkommen.«
    »Ich danke Euch, aber es ist besser, wir brechen beizeiten auf, ehe es uns hier zu gut geht. Ihr wisst doch, mit Gästen ist es wie mit Fischen. Nach spätestens drei Tagen fangen sie an zu stinken.«
    »Ihr seid wirklich um keine Antwort verlegen.« Leopold tätschelte den Hals von Philips Rappen. »Ich habe Euer Pferd schon bewundert. Zwar kein arabisches Vollblut, aber es macht auf mich den Eindruck eines gut ausgebildeten Schlachtrosses. Stark und wendig. Es könnte sicher stundenlang einen Mann in voller Rüstung tragen.«
    »Ich habe einen guten Preis für ihn bezahlt«, sagte Philip. »Man sagte mir, der Wallach sei robust genug für unsere Reise.«
    »Und doch trägt er Euch nicht auf Engelsflügeln ins Paradies.« Leopold lächelte. »Sagt, habt Ihr ihn je in einem Turnier geritten?«
    »Wie kommt Ihr darauf, ich sei ein Ritter?«
    »Ihr seid der Sohn eines Ritters, und die Art, wie Ihr Euer Schwert gürtet, spricht dafür. Ebenso das Kettenhemd in Eurem Reisegut.« Leopold klopfte gegen die größere von Philips Packtaschen. Ein verräterisches Rasseln bestätigte seine Worte. Der Fürst hatte nicht nur einen wachen Verstand, sondern auch scharfe Augen. Oder hatte er gar ihre Taschen untersuchen lassen, während er sie an seiner Tafel so freigebig bewirtet hatte? Philip unterdrückte die aufkommende Verärgerung.
    »Ich danke Euch noch einmal für Eure Gastfreundschaft, mein Fürst.«
    »Du hattest recht«, sagte Said, als sie Burg Königshof schon eine Weile hinter sich gelassen hatten. »Es war besser, nicht länger dort zu bleiben.«
    Philip schwieg. Das Verständnis in Saids Stimme war schwerer zu ertragen als seine Nörgeleien.
    »Was ist unser nächstes Ziel?« Said lenkte seinen Fuchs enger neben Philip. Vor ihnen lag dichter Wald, der nur selten von einer Lichtung unterbrochen wurde. Die Morgenluft war so kalt, dass ihr Atem als Wölkchen zum Himmel aufstieg.
    »Die nächste Burg auf unserem Weg ist Birkenfeld.«
    »Birkenfeld«, wiederholte Said. »Sagte Hartwig nicht, die Erzfuhren gehörten ursprünglich dem Grafen von Birkenfeld?«
    »So sagte er. Als Lehensabgaben an Fürst Leopold.« Philip lehnte sich im Sattel vor. »Weißt du, was ich mich die ganze Zeit frage? Wer von beiden wohl den Verlust zu tragen hat. Der Graf oder der Fürst.«
    »Warum willst du das wissen?«
    »Hattest du den Eindruck, Fürst Leopold leide sehr unter dem Verlust?«
    »Wie soll ich das feststellen? Die Menschen tragen ihr Herz hier nicht auf der Zunge wie bei uns. Manchmal glaube ich fast, sie können gar keine Tränen vergießen. Nicht einmal das schwangere Weib, das Hartwig gestern so verzweifelt entgegenlief.«
    »Und doch war ihr der Schmerz deutlich anzusehen. Auch als Fürst Leopold von den grausigen Überfällen auf den Hochzeitszug und die Händler sprach, waren seine Züge nicht kalt oder gleichgültig. Aber den Verlust des Erzes betrauerte er mit keinem Wort.«
    »Hätte dein Vater über den Verlust von Reichtümern geklagt, wenn andere über Tote weinen?«
    »Nein, das hätte er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher