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Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren
Autoren: Uwe Klausner
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verstanden?«
    Â»Wie du wünschst, Herr. Ich werde persönlich dafür Sorge tragen.«
    Â»Das will ich dir auch geraten haben. So, und jetzt tu mir den Gefallen und sag Fortunata, ich möchte frühstücken.«
    Â»Das Übliche, Herr?«
    Â»Du hast es erfasst.« Varro war eben ein Gewohnheitsmensch, und das fing bereits beim Frühstück an. Ein Stück Brot, Ziegenmilch und Schafkäse mit gebratenen Zwiebelringen und Lauch reichten ihm völlig aus. Ganz besonders nach einem Gelage, welches sich stundenlang hingezogen hatte. Varro schüttelte unwirsch den Kopf. Selbst im Nachhinein drehte sich ihm noch der Magen um, kein Wunder angesichts der Kost, welcher er den Vorzug gab. Der Statthalter, ein würdiger Nachfolger von Trimalchio, war da schon aus anderem Holz geschnitzt, hatte aufgeboten, was Küche und Keller hergaben. Nichts für Varro, der Angeberei hasste, aber mehr als genug für die zahlreichen Gäste. Angefangen bei der Vorspeise, mit Seeigeln gefüllten Sauzitzen, hatte das Gastmahl aus sieben Gängen bestanden, eine Tortur für den Schöngeist, der sich weder etwas aus Siebenschläfern noch aus Reiherzungen noch aus Garum mit Zypressenrauch, Most oder Honig und schon gar nichts aus einem Wildschwein machte, das mit lebenden Drosseln gefüllt und mit Zitzen aus Hartkäse versehen worden war. Auch verabscheute er Honigwein, allein schon aufgrund des Katers, welchen einem dieser Trank bescherte. Wein diente dazu, den Durst zu stillen, nicht etwa, damit man ihn unvermischt und bis zum Umfallen trank. Genau das war nämlich am gestrigen Abend geschehen, und er, der den Spitznamen ›Der Spartaner‹ trug, einmal mehr belächelt worden.
    Â»Schafkäse mit Zwiebeln?«
    Â»Genau. Und jetzt sieh zu, dass du in die Küche kommst.«
    Varro konnte eben nicht aus seiner Haut. Knapp zehn Jahre Militärdienst, die Hälfte davon in Britannien, hatten sich ihm unauslöschlich eingeprägt. Der beste Beweis dafür war sein Cubiculum, das bis auf zwei, drei Öllampen, das Feldbett, den Hocker und die Truhe, in der er Schwert und Rüstung aufbewahrte, nahezu völlig leer war. Die Wände waren kahl und unbemalt, ganz anders als bei seinen Ratskollegen, die bestrebt waren, einander in puncto Luxus zu überbieten.
    Â»Wie du wünschst, Herr«, antwortete Syphax, verneigte und beeilte sich, seinem Wunsch nachzukommen. Varro ließ ihm den Vortritt, verließ sein Cubiculum und schlug den Weg zum Lararium ein, gefolgt von Dromas, der sich umgehend an seine Fersen heftete.

    *

    Der Tag war noch jung, die Stadtvilla, ein Erbstück seines Vaters, wie verlassen. Varro war es recht so, denn er genoss es, frühmorgens durch das Atrium zu spazieren, dem Plätschern des Springbrunnens im Peristyl zu lauschen und die Stille, welche ringsum herrschte, auf sich wirken zu lassen. Für Varro, bei dem Ruhe und Beschaulichkeit hoch im Kurs standen, war dies die schönste Zeit des Tages. Dann konnte er, was allzu selten der Fall war, seinen Gedanken nachhängen oder, wie in diesem Moment, das Morgenlicht genießen, welches sich im Impluvium, dem Auffangbecken für das Regenwasser, widerspiegelte. An Regen war derzeit freilich nicht zu denken, wie ein Blick des Hausherrn hinauf zum Compluvium bewies. Der Himmel über der Stadt war strahlend blau, was in Varro, von Natur aus Optimist, die Hoffnung nährte, dass der Tag des Saturn ein friedvoller werden würde.
    Dass sie trog, konnte er jetzt, da er vor der Maske seines Vaters innehielt, freilich nicht ahnen. Varro, auch diesbezüglich ein Gewohnheitstier, zupfte die zerknitterte Tunika zurecht, seufzte und neigte das Haupt. Zeitlebens waren er und der Senator, Tatmensch und Verächter der schönen Künste, einander mit Distanz begegnet. Einer, wenn nicht gar der Grund hierfür, war die Distanz Varros gegenüber Rom, der Geburtsstadt seines Vaters, gewesen. Dies ging sogar so weit, dass er sich geweigert hatte, dorthin überzusiedeln. Der Vater, schwerreicher Adelsspross und überdies Statthalter der Provinz Belgica, wo er Ländereien und zahlreiche Villen erworben hatte, war darüber mehr als erbost gewesen. An Varros Weigerung, seiner Geburtsstadt den Rücken zu kehren, hatte dies jedoch nichts geändert, alles Bitten, Zureden und die Drohung, ihm sein Erbe abzuerkennen, waren erfolglos geblieben. Anstatt einzulenken, hatte sich der 15-Jährige
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