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Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren
Autoren: Uwe Klausner
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schlecht ging, wich Dromas nicht von seiner Seite. Als Wachhund war das Monstrum, welches einen legendären Ruf als Vielfraß besaß, zwar nicht zu gebrauchen, aber da er sich als treuer Gefährte erwiesen hatte, sah er über seine Flausen hinweg. In Treveris, pflegte Varro zu scherzen, gab es wahrscheinlich niemanden, der die Warnung auf dem Mosaik im Vestibül seiner Stadtvilla ernst nahm, mochte das ›Cave canem!‹ samt dem abgebildeten Ungetüm noch so bedrohlich anmuten.
    Â»Runter mit dir, aber schnell!« Bereit zu einem erneuten Anlauf, scheuchte Varro seinen Hund von dem Feldbett, auf dem er seit seiner Militärzeit nächtigte, legte die Handflächen auf die Oberschenkel und schraubte sich in die Höhe.
    Kaum auf den Beinen, besserte sich auch schon seine Laune. »Na, du bist mir vielleicht einer!«, rief er lachend aus, im Zweifel, ob sein Bild von Dromas nicht vielleicht doch korrekturbedürftig sei. »Gib her, damit ich meine Ruhe habe!«
    Die Antwort bestand aus einem freudigen Jaulen, und so blieb Varro nichts anderes übrig, als den Stock, der im Maul seines Hundes steckte, an sich zu nehmen, in seine Sandalen zu schlüpfen und nach Syphax, seinem Leibsklaven, zu rufen. Dieser war denn auch prompt zur Stelle, brachte ihm eine Waschschüssel samt dazugehörigem Leinentuch und half ihm beim Rasieren. Das hörte sich leichter an, als es war, denn das sichelförmige Messer war scharf, und Varro überaus penibel, wenn es um Fragen der Körperpflege ging. Von der Unsitte, sich die Körperhaare entfernen zu lassen, hielt er allerdings nicht viel, und so war die Morgentoilette, welche er verrichtete, in wenig mehr als einer Viertelstunde beendet.
    Â»So, Herr, das hätten wir«, stellte Syphax fest, knapp 30 und von Geburt Berber, der Varro, der beinahe sechs Fuß maß, um Haupteslänge überragte, »hier – dein Spiegel.«
    Das fehlte gerade noch. Es war spät geworden gestern Nacht, sehr spät sogar. Das Gastmahl beim Statthalter, auf das er nicht übermäßig erpicht gewesen war, hatte sich über Gebühr in die Länge gezogen, weshalb er es vorzog, die Begegnung mit seinem Konterfei zu meiden. Hätte er eingewilligt, wäre sein Blick auf einen hochgewachsenen Aristokraten gefallen, jenseits der 40, hager und mit einem Gesichtsausdruck, den viele, mit denen er zu tun hatte, als ernst und bisweilen sogar als einschüchternd empfanden. Dabei war Varro, zumindest aus seiner Sicht, alles andere als ein zurückhaltender Mensch. Er liebte es zu scherzen, wenngleich sein Humor, wie er bereitwillig einräumte, nicht jedermanns Sache war. Aber damit, das heißt mit dem Ruf, welcher ihm vorauseilte, hatte er sich längst abgefunden. Die Leute sahen nun einmal den ehemaligen Militärtribun in ihm, weniger den Advokaten, der am liebsten in seinem Studierzimmer saß und an seiner ›Kriminalgeschichte des Römischen Reiches‹ schrieb. Das war es, was ihm am meisten Spaß machte, allemal lohnender, als sich bei einem Bankett zu Tode zu langweilen.
    Â»Nicht nötig, Syphax«, beschied der Advocatus seinen Sklaven, der, so mutmaßte er, sein Desinteresse an Festivitäten nicht teilte. Dann drückte er ihm seinen Stock in die Hand. »Ich weiß, wie ich aussehe.«
    Das heißt, Varro glaubte, es zu wissen. Denn obwohl er es verschmähte, sich herauszuputzen, war er beileibe kein hässlicher Mann. Der Advocatus war kräftig, hatte dunkles und von silbergrauen Strähnen durchzogenes Haar sowie dank seiner Mutter, die aus Hispalis stammte, auch dunklere Haut, als sie die Bewohner der Provinz Belgica besaßen. Seine Nase, markant und leicht nach unten gebogen, war dagegen ein Erbteil seines Vaters, zu Lebzeiten Senator und einer der reichsten Männer Roms. Das Gleiche galt für die dunklen Augen, von denen es hieß, dass niemand, der etwas ausgefressen hatte, ihrem Blick auf Dauer standhalten könne.
    Â»Aber Herr, wenn deine Klienten dich in diesem Aufzug …«
    Â»Damit du es weißt, Syphax«, erstickte Varro den Einwand seines Leibsklaven im Keim, »ich habe nicht vor, mich heute mit ihnen herumzuschlagen.«
    Syphax hütete seine Zunge und nickte.
    Â»Im Klartext: Sobald einer der Herrschaften auftaucht, sagst du ihm, ich habe zu tun. Damit das klar ist, Syphax: Ich möchte heute Morgen nicht gestört werden, von niemandem, haben wir uns
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