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Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren
Autoren: Uwe Klausner
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trat in den Kreis, den die Gladiatoren gebildet hatten, und ergriff kurzerhand das Wort.
    Â»Brüder!«, begann er, eine lodernde Fackel in der Hand, »wir, der Bund der Verfemten, sind heute zusammengekommen, um all jener zu gedenken, welche im Verlauf der letzten Jahre ihr Leben ausgehaucht haben. Wir, die wir hier versammelt sind, werden sie in Ehren halten, ohne Rücksicht auf ihre Herkunft, ihre Hautfarbe, die Götter, denen sie angehangen oder die Taten, welche sie begangen haben. Ein jeder, der hier den Tod gefunden hat, besitzt unser Mitgefühl, und wir geloben, für ihre Hinterbliebenen, so sie dies wünschen, zu sorgen. Keiner von ihnen, auch jene, die nur kurze Zeit unter uns weilten, wird je vergessen werden. Mögen ihre Namen stets in aller Munde sein, selbst dann, wenn ihre sterbliche Hülle dem Verfall preisgegeben sein wird!« Als gelte es, in den Kampf zu ziehen, hob der Ausbilder die Stimme, spie die Worte regelrecht aus. »Lassen wir daher ihre Namen erklingen, so laut, dass es über Gebirge und Täler schallt, bis an der Welten Ende! Dies ist unsere Stunde, Brüder – die Stunde der Gladiatoren!« Dann rief er: »Aquilo – Hoplomachus!«
    Â»Hier!«, lautete das Echo, welches aus den Kehlen der Gladiatoren erklang. Und weiter: »Nobiscum!«
    Â»Mariscus – Provocator!«
    Â»Hier – nobiscum!«
    Â»Mucron, der Thraex!«
    Â»Hier!«
    Â»Pugnax – Secutor!«
    Â»Nobiscum!«
    Â»Talamonius – Scissor!«
    Â»Hier!«
    Â»Und nun, zu Lebzeiten unbesiegt, dahingerafft durch feigen Mord – Niger, Retiarius!«
    Â»HIER!«, erscholl es im weiten Rund, so laut, dass das Echo zwischen den Rängen widerhallte. »Für immer bei uns!«
    Kaum war es verklungen, trat Danaos nach vorn, neigte das Haupt und warf einen kurzen Blick auf die Gestalt, welche ausgestreckt auf dem Scheiterhaufen lag. Dann rief er: »Tritt vor, Myron – und nimm Abschied von deinem Freund!«
    Der Samiote tat, wie ihm geheißen, ein Holzschwert in Händen, welches er auf die Brust des Toten legte.
    Â»Leb wohl, Retiarius, Zierde unter den Gladiatoren.« Es war Danaos, dem das letzte Wort gebührte, und er flüsterte mehr als er sprach.
    Kurz darauf stand der Scheiterhaufen in Flammen.

    *

    Â»Komm, Gaius, Zeit, zu gehen!« Wie stets, wenn es schwer war, die passenden Worte zu finden, hatte Probus als Erster seine Scheu überwunden, klopfte Varro auf die Schulter und zog ihn am Ärmel seiner Toga mit sich fort. Der Advocatus ließ es geschehen, müde, abgekämpft und mehr denn je in Gedanken. Die Ereignisse des Tages hatten sich ihm unauslöschlich eingeprägt, und er war sicher, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen war.
    Sichtlich geknickt hatte Varro weder Augen noch Ohren für seine Umgebung, durchquerte den Torbogen, der die Arena nach Süden hin begrenzte und heftete sich an die Fersen seines Freundes, der den Weg zum Forum einschlug. Sein Bein schmerzte fast mehr, als er ertragen konnte, und wäre sein Stolz nicht gewesen, hätte er den Freund um Beistand bitten müssen.
    Dies war jedoch nicht nötig, nicht etwa, weil Varro eine eiserne Konstitution besaß, sondern aus einem gänzlich anderen Grund. Schuld daran, dass sich seine Sinne belebten, war nämlich die Gestalt, welche unweit des Amphitheaters auf ihn wartete. Wie vom Donner gerührt verharrte Varro auf der Stelle, und am liebsten hätte er seinen Stock verschwinden lassen.
    Â»Ich geh dann mal besser, alter Knabe. Ihr beiden kommt bestimmt ohne mich zurecht!« Erneut, zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit, war es Probus, der ihn aus den Träumen riss, diesmal jedoch mit einer gehörigen Portion Spott in der Stimme. »Sei vorsichtig, alter Knabe, sonst geht’s dir so wie mir!«
    Unter normalen Umständen hätte dies dem Medicus einen Rippenstoß eingetragen, doch Varro war so sehr auf die Frauengestalt fixiert, dass er die Bemerkung, das Lebewohl des Freundes und dessen Verschwinden nicht mehr bemerkte. »Was … was treibt dich denn hierher?«, stammelte er, im Bewusstsein, keine gute Figur abzugeben. »Ich dachte, du wärst längst zu Hause!«
    Â»Fortunata schickt mich – sie macht sich Sorgen.«
    Â»Und du?«, entgegnete Varro, nachdem er all seinen Mut zusammengenommen und sich Aspasia bis auf wenige Schritte genähert
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