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Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren
Autoren: Uwe Klausner
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ich diesen Licinius besiegt und das Imperium unter meiner Herrschaft vereint habe. Dann, Gaius, wird der Tag der Abrechnung kommen.« Konstantin hielt einen Moment inne. Dann sagte er: »Fürs Erste werde ich mich damit begnügen, diesem Chrysaphius das Handwerk zu legen.«
    Â»Sprich: ihn aus dem Weg zu räumen.«
    Â»Aus dem Weg räumen – ich muss doch sehr bitten. Kannst du dich nicht etwas gewählter ausdrücken?«
    Â»Kann ich, will ich aber nicht! Meiner Meinung nach gehört eine Hochverräterin vor Gericht. Von dem Mord, den sie befohlen hat, nicht zu reden.«
    Â»Hand aufs Herz, Gaius: Bist du nun mein Freund oder bist du es nicht? Und wenn wir gerade dabei sind: Habe ich dir damals das Leben gerettet oder nicht?«
    Varro schwindelte, und ohne dass er etwas dagegen tun konnte, tauchten die Gespenster der Vergangenheit wieder vor ihm auf. Er, Varro, am Boden, eine Speerspitze im rechten Bein. Der Söldner, der ihm den Gnadenstoß geben wollte. Und sein Gefährte, der ihn mit seinem Schwert niederstreckte. Der ihm, dem Freund, das Leben rettete.
    Und der jetzt, da er ihm das Messer auf die Brust gesetzt hatte, die Gegenleistung einforderte.
    Â»Du verlangst also, dass ich schweige.«
    Â»Fidem Constantino – hast du die Eingravierung auf dem Ring schon vergessen?«
    Â»Nein, mein Imperator .«
    Â»Ich weiß, was du jetzt denkst, Gaius. Du denkst, das ist Erpressung. Gleichwohl geht es hier nicht um mich, sondern um Rom. Es geht um die Frage, ob diese Dynastie, ob dieser Staat, ob das, wofür wir beide gekämpft haben, fortbestehen wird. Behältst du das, was du in Erfahrung gebracht hast, nicht für dich, setzt du alles bisher Erreichte aufs Spiel. Und damit auch unsere Freundschaft. Das kannst du doch nicht wollen, oder?«
    Falls Konstantin mit einer Antwort gerechnet hatte, wurde er enttäuscht. Sie blieb aus. Die Stirn in Falten, drehte sich der Kaiser um.
    Â»Gaius, wo steckst du denn! Gaius?«
    Doch so oft er auch rief, sein Ruf verhallte ungehört.
    Der Mann, auf dem seine Hoffnungen ruhten, war verschwunden.

POSTSKRIPTUM

EPILOG

XXXI
    Amphitheater, kurz vor Mitternacht
    [23:55 h]
    Die Anfeuerungsrufe waren längst verklungen, die Ränge leer und das Spektakel, das drei volle Tage gedauert hatte, beendet. In Treveris war wieder der Alltag eingekehrt und mit ihm die Sorgen, welche auf der Bevölkerung lasteten. Nur wenige sprachen noch von den Kämpfen, von den Tieren, die sich in der Arena zerfleischt hatten, von den Hinrichtungen, die zelebriert oder von den Gladiatorenkämpfen, welche beim Publikum für Gesprächsstoff gesorgt hatten. Die Leute hatten jetzt wieder andere Sorgen, die, wie nicht anders zu erwarten, die gleichen geblieben waren.
    So kam es, dass das Ereignis, welches sich zu mitternächtlicher Stunde darbot, gänzlich unbeobachtet blieb. Es war ein Schauspiel, wie man es bisher nicht kannte, und jeder, der daran teilnahm, war sich der Einmaligkeit bewusst. Die Luft war frisch und klar, der Himmel wolkenlos und die Schwüle, durchtränkt mit dem Geruch von Blut, einem lauen Windhauch gewichen, der von Osten her über das Moseltal strich. Es war eine Nacht, an die man sich noch lang erinnern würde, wenngleich dies nur für ein gutes Dutzend Eingeweihte galt. Jeder Einzelne, gleich welcher Herkunft, hatte einen Schwur geleistet, nichts über die Zeremonie verlauten zu lassen, und das galt auch für die Frau und den Jungen, welche die Arena von Norden her betraten.
    Keiner der beiden sprach ein Wort, genauso wenig wie die Gestalten, die sich auf dem Kampfplatz versammelt hatten. Dort, exakt in der Mitte des Ovals, war ein riesiger Scheiterhaufen errichtet worden, umgeben von Fackeln, welche im frisch aufgeschütteten Sandboden steckten. Es war eine würdige Zeremonie, würdig des Mannes, dessentwegen sich alle hier versammelt hatten. Niger, Retiarius und Liebling der Massen, war zwar tot, aber im Gegensatz zum Publikum würden sich die Gefährten, welche ihm das letzte Geleit gaben, seiner noch lang erinnern.
    Außer Hariulf, seinem Sohn, der schweigend an der Seite seiner Mutter verharrte, war es vor allem ein Mann, der die Blicke der Anwesenden auf sich zog. Danaos, Ausbilder in der Gladiatorenkaserne, wirkte zunächst wie erstarrt, ohne Blick für das, was ringsum geschah. Dann aber, urplötzlich zum Leben erwacht, rückte er seinen Schwertgurt zurecht,
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