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Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren
Autoren: Uwe Klausner
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Abschaum von einem Eunuchen zum Reden zu bringen. Wie ich ihn einschätze, wird Chrysaphius nicht lang durchhalten. Dann wird er reden, Feigling, der er nun einmal ist. Ergo: Ist der Mann, der die Fäden zieht, geständig, wird er uns die Namen der Verschwörer auf dem Silbertablett servieren. Dann werden sie mich kennenlernen, alle miteinander!«
    Â»Bei allem Respekt, Herr: Die Fäden hat ein anderer gezogen. Beziehungsweise eine andere .«
    Â»Was sagst du da?«, rief der Kaiser aus, die Augen, aus denen Blitze schossen, weit aufgerissen. »Sag bloß, das war noch nicht alles!«
    Varro nickte. »Das Schlimmste kommt noch, du hast es erfasst.«
    Â»Du wolltest mich sprechen, Herr?«
    Bevor der Kaiser nachhaken konnte, tauchte plötzlich ein Schatten neben ihm auf, der sich bei näherem Hinsehen als der kaiserliche Prätorianerpräfekt entpuppte. Varro war ihm bereits mehrfach begegnet, zumeist vor dem Appellationsgericht, wo es seine Aufgabe war, in letzter Instanz Recht zu sprechen. Varro lief es eiskalt über den Rücken, und das nicht nur aufgrund des Anblicks, welchen der Vertraute des Kaisers bot. Valerius Maximus sah nicht nur wie ein Henker aus, sondern eignete sich auch bestens dazu. Das Gesicht hager, die Augen blutunterlaufen, die Stimme rau, der Gang lautlos und die Gewandung schwarz: kaum ein Höfling, der Furcht einflößender wirkte als er.
    Â»Hör zu, Maximus – es gibt viel zu tun.« Viel mehr konnte Varro von dem Gespräch, welches Herr und Henker miteinander führten, nicht verstehen. Und im Grunde war es auch nicht nötig. Ein paar Schritte entfernt, die Köpfe nah beieinander, besprachen die beiden ihre Pläne, und es bedurfte keiner Fantasie, um die Instruktionen, die der Kaiser erteilte, zu erraten. Das Schicksal von Chrysaphius war besiegelt, und mit ihm dasjenige der Verschwörer, mit denen Scorpio unter einer Decke gesteckt hatte. »Nur keine falsche Rücksichtnahme – haben wir uns verstanden?«
    Â»Voll und ganz, mein Imperator.«
    Â»Guter Mann.«
    Ein Lächeln, das nichts Gutes verhieß. Und schon war der Prätorianerpräfekt verschwunden.
    Â»So, Gaius, jetzt bist du an der Reihe!«, sprach Konstantin, als er sich wieder dem Anwalt zuwandte. Von dem Mann, der sich betont leutselig gab, war so gut wie nichts mehr übriggeblieben. Zurück blieb einzig und allein der Kaiser, unnahbar, emotionslos und ohne Anzeichen von Gewissensbissen im Gesicht. Ein Mann, vor dem Varro instinktiv zurückwich. »Was ist, Gaius«, flüsterte er, dem Advocatus so nah, dass er seinen Atem spürte. »Du hast doch nicht etwa Angst, oder?«
    Â»Wo denkst du hin!«, beteuerte Varro, bemüht, Gelassenheit zu demonstrieren. »Es ist nur … Was ich sagen will, ist: Darüber zu reden fällt mir nicht leicht.«
    Â»Worüber denn, Gaius? Vor mir brauchst du keine Geheimnisse zu haben.« Auge in Auge mit seinem Retter, rührte sich Flavius Valerius Constantinus keinen Fingerbreit von der Stelle. »Also: Wer hat bei dem Ränkespiel die Fäden gezogen?«
    Â»Willst du das wirklich wissen? Ich meine, wäre es nicht besser, Gras über die Sache …?«
    Â»Wer war es, Gaius – wer hat es auf mich abgesehen?«
    Â»Deine Frau!«, stieß Varro hervor, außerstande, dem Freund in die Augen zu schauen. »Deine eigene Frau!«

    *

    Im Verlauf seiner Tätigkeit, sowohl vor Gericht als auch andernorts, war Varro mit jeder nur erdenklichen Gemütsregung konfrontiert worden. Als besonders heikel, um nicht zu sagen gefahrvoll, hatten sich dabei Betrugsfälle und Eifersuchtsdramen erwiesen, vor allem, wenn herauskam, dass ein Mann von seiner Ehefrau hintergangen worden war. Erst neulich war er Zeuge einer derartigen Szene geworden, wo der Betrogene, ein Fleischer, im Verlauf des Prozesses sogar handgreiflich geworden war.
    Von Emotionen, und seien sie auch nur vorgetäuscht, konnte im Fall seines Jugendfreundes indes keine Rede sein. Auch dann nicht, als er Scorpios Aussage und die Rachegelüste der Kaiserin gegenüber Niger erwähnte. Einmal in Fahrt, nahm der Anwalt kein Blatt vor den Mund, überwand seine Skrupel und beschrieb minutiös, was sich zugetragen hatte. Natürlich kam er dabei auch auf den Mord an Niger zu sprechen, stieß jedoch, wie er verblüfft konstatierte, auf taube Ohren. Fast schien es, als sei der
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