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Raumstation Erde

Raumstation Erde

Titel: Raumstation Erde
Autoren: Clifford D. Simak
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    Dr. Erwin Hardwicke rollte den Bleistift zwischen den Handflächen hin und her, eine störende Angewohnheit. Er sah den Mann vor seinem Schreibtisch forschend an.
    »Ich verstehe nur nicht, warum Sie zu uns kommen«, sagte er.
    »Na ja, immerhin seid ihr die Nationalakademie, und ich dachte...«
    »Und Sie gehören zum Geheimdienst.«
    »Hören Sie, Doktor, wenn es Ihnen so lieber ist, betrachten wir diesen Besuch als inoffiziell. Tun wir so, als sei ich ein verwirrter Mann von der Straße, der sich bei Ihnen Aufklärung erhofft.«
    »Ich würde Ihnen ja gerne behilflich sein, sehe aber keinen Weg. Die ganze Geschichte ist so nebelhaft und hypothetisch.«
    »Menschenskind«, sagte Claude Lewis, »Sie können doch mein Beweismaterial nicht widerlegen - das bißchen, was ich habe.«
    »Na schön«, sagte Hardwicke, »fangen wir noch einmal von vorne an und nehmen wir alles langsam durch. Sie sagen, Sie haben diesen Mann.«
    »Er heißt Enoch Wallace«, unterbrach ihn Lewis. »Chronologisch ist er hundertvierunddreißig Jahre alt. Er wurde am 22. April 1840 auf einer Farm, wenige Kilometer von Millville, Wisconsin, geboren und ist das einzige Kind von Jedediah und Amanda Wallace. Als Abraham Lincoln die Freiwilligen aufrief, meldete er sich als einer der ersten. Er diente bei der Eisernen Brigade, die in der Schlacht von Gettysburg 1863 nahezu völlig aufgerieben wurde. Aber Wallace gelang es irgendwie, sich zu einer anderen Einheit versetzen zu lassen, und er kämpfte unter General Grant in ganz Virginia. Bei Appomatox erlebte er das Ende mit - «
    »Sie haben ihn überprüft.«
    »Ich habe mir seine Unterlagen herausgesucht. Den Eintrag über seine Meldung im Kapitol in Madison. Das übrige, einschließlich der Entlassungsverfügung, hier in Washington.«
    »Sie sagten, er sähe aus wie Dreißig.«
    »Keinen Tag älter. Vielleicht nicht einmal so alt.«
    »Aber Sie haben nicht mit ihm gesprochen.«
    Lewis schüttelte den Kopf. »Das dachte ich auch, als ich den Auftrag erhielt.«
    »Wieso kam es eigentlich dazu? Wie wird der Geheimdienst auf solche Dinge aufmerksam?«
    »Ich gebe zu, daß es ein bißchen ungewöhnlich ist«, erwiderte Lewis. »Aber bei den vielen Konsequenzen.«
    »Unsterblichkeit, meinen Sie.«
    »Daran haben wir vielleicht auch gedacht. An die Chance. Aber nur nebenbei. Es gab noch andere Überlegungen. Eine höchst eigenartige Geschichte, um die man sich kümmern mußte.«
    »Aber der Geheimdienst.«
    Lewis grinste. »Sie meinen, warum kein wissenschaftliches Institut? Vom Standpunkt der Logik aus haben Sie vielleicht recht. Aber es war einer von unseren Leuten, der auf die Sache stieß. Er machte Urlaub bei Verwandten in Wisconsin. Nicht in der bewußten Gegend, aber fünfzig Kilometer entfernt. Er hörte ein Gerücht - nur eine beiläufige Bemerkung. Er fragte ein bißchen herum. Viel bekam er nicht heraus, aber es war immerhin genug, um ihn glauben zu lassen, an der Sache könne etwas dran sein.«
    »Das ist es ja, was ich nicht begreife«, sagte Hardwicke. »Wie kann ein Mann in ein und derselben Gegend hundertvierunddreißig Jahre leben, ohne eine Berühmtheit zu werden, aller Welt bekannt? Können Sie sich vorstellen, was die Zeitungen daraus machen würden!«
    »Mir wird übel, wenn ich nur daran denke«, gestand Lewis.
    »Sie haben mir noch nicht erklärt, wie so etwas möglich ist.«
    »Es läßt sich schwer erklären«, gab Lewis zu. »Sie müßten das Land und seine Bewohner kennen. Die südwestliche Ecke Wisconsins wird von zwei Flüssen begrenzt, dem Mississippi im Westen und dem Wisconsin im Norden. Dazwischen flaches, weites Prärieland, fruchtbares Land mit wohlhabenden Farmen und Städten. Aber das Land ist rauh und unfreundlich; hohe Berge, tiefe Schluchten und gewisse Gegenden, die Buchten oder Taschen bilden und isoliert sind. Die Straßen sind kaum ausgebaut, und die kleinen Farmen gehören Leuten, die den Pioniertagen des vergangenen Jahrhunderts vielleicht näherstehen als dem zwanzigsten. Sie haben natürlich Autos und Radios und eines Tages vielleicht sogar Fernsehen. Aber ihre Einstellung ist konservativ und familienbewußt - gewiß, das gilt nicht für alle, nicht einmal für sehr viele, sondern nur für diese kleinen isolierten Bezirke.
    Früher gab es in diesen abgelegenen Tälern viele Farmen, aber heutzutage kann man sich dort kaum sein Brot verdienen. Die Leute werden durch die wirtschaftlichen Umwälzungen langsam vertrieben. Sie verkaufen ihre Farmen
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