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Die Stimmen des Flusses

Die Stimmen des Flusses

Titel: Die Stimmen des Flusses
Autoren: Jaume Cabré
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Elisenda Vilabrú verwirrt, doch sie fing sich gleich wieder.
    »Der Sohn.«
    »Mein Vater ist seit zwanzig Jahren tot.«
    »Natürlich.« Sie wandte sich an ihren Begleiter: »Gehen wir?«
    Als sie die Werkhalle verlassen hatten, hatte Amèliaimmer noch ihr Lächeln aufgesetzt, und Cesc brachte die Gurte wieder an, um den Gedenkstein für den Lehrer von Torena anzuheben. Der nachdenkliche Serrallac hob gebieterisch den Arm, und die Kreissäge schrillte zuverlässig wieder los.

67
    »Bedrückt? Ich? Das bildest du dir nur ein. Was hat Arnau damit zu tun? Tina und ich waren immer für alles offen, und deshalb finden wir es ganz prima, daß Arnau ein Praktikum in Montserrat macht. Nein, ein Praktikum. Wir haben ihn ja nicht mal taufen lassen. Das ist doch wunderbar, wenn der Junge auch andere Facetten des Lebens kennenlernen will, dabei kann er immer auf meine Unterstützung rechnen. Schließlich predige ich den ganzen Tag Offenheit, und davon können wir in diesem Land eine ganze Menge mehr gebrauchen. Und wenn mein Sohn ein Praktikum in Montserrat machen will, kann ich nur sagen, nur zu, mein Junge, hier hast du Geld, viel Spaß, du kannst uns ja hinterher erzählen, wie’s war. Schließlich ist er ein erwachsener Mensch. Nein, ich bin wirklich nicht bedrückt. Das Problem ist … ich habe kein … Naja, ich hatte mit Geld gerechnet, das ich nicht mehr habe. Ja, natürlich glaube ich nach wie vor, daß es ein gutes Geschäft ist, weil es immer Dummköpfe geben wird, die ganz wild auf Rafting auf der Noguera sind; das Problem ist, daß ich das Geld nicht habe. Entweder wir warten, oder du mußt dir einen neuen Partner suchen. Klar tut mir das leid, schließlich war es ja meine Idee. Was hat denn Tina damit zu tun? Die soll mich überreden? Nun ja, also … Nein, es ist nur …… Wir haben uns getrennt. Ja, du hast ganz richtig gehört. Ich will hier nicht in die Details gehen, aber … Ja, sie war in letzter Zeit sehr nervös, sehr seltsam. Einen Liebhaber? Nein, ganz sicher nicht, ich kenne sie doch. Natürlich laufe ich ihr nicht auf Schritt und Tritt nach. Wer? Nein, Joana ist eine gute Freundin, eine sensible, großzügige Frau, die mir in diesen schweren Zeiten beisteht, mehr nicht.Ach, woher denn, ich habe mir schnell einekleine Wohnung mieten müssen. Natürlich fühle ich mich einsam, aber das ist besser als der Krach zu Hause. Nein, das kam völlig unerwartet von ihrer Seite: Eines Tages kommt sie und sagt, sie muß erstmal zu sich selbst finden, sie bräuchte mehr Bewegungsfreiheit. Aber wenn ich ehrlich sein soll, jetzt, wo ich diesen Posten als Stadtrat habe, habe ich sowieso so viel Arbeit, daß ich gar nicht zum Nachdenken komme. Arnau? Na, ich hab dir doch schon gesagt, der macht … Nein, er hat uns nicht gesagt, wie lange er dort bleibt. Nein, in den Osterferien fahre ich nach Andorra. Ja, mit Joana, aber das hat nichts zu bedeuten. So genau weiß ich das auch nicht: irgendein Bildband über den Pallars und das Landleben. Nein, ich kritisiere sie nicht: Ist doch prima, wenn sie beschäftigt ist. Und vor allem jetzt, wo sie ihre Bewegungsfreiheit erproben will. Einen Artikel? Sie? Hab ich noch nichts von gehört. Über den Maquis? Nein, keine Ahnung. Merkwürdig, davon hat sie mir gar nichts erzählt, dabei reden wir doch immer über alles, ich meine, wir haben immer über alles geredet.Wo ist der erschienen? Ah ja, dann kaufe ich mir die Ausgabe. Sie kommt schon zurecht. Mir geht das Landleben ja ziemlich auf die Nerven, aber ich glaube, ich gehe hier nicht mehr weg. Das Problem ist, daß diese Trennung mich völlig ruiniert hat.Wir haben alles geteilt, es war eine zivilisierte Trennung. Nein, es ist so frisch, daß ich noch keine Zeit hatte, mit Arnau darüber zu reden. Nicht mal mit der Katze, du, die hat das Miststück mitgenommen, da hat sie nicht mit sich reden lassen; nun gut, du hast recht, das war jetzt nicht besonders nett, aber das war nur so dahingesagt, komm mir jetzt nicht mit … Soll ich dir was sagen? Ich habe ihr gesagt, Tina, ich habe keine Ahnung, was du damit meinst, du bräuchtest mehr Bewegungsfreiheit, aber ich will, daß du glücklich bist, also akzeptiere ich es. Und dann bin ich gegangen und habe ihr die Wohnung überlassen. Ja, eine Eigentumswohnung, aber was soll ich machen? Soll ich von ihr verlangen, daß sie mich auszahlt? So bin ich nicht; wenn ich eines nicht bin, dann ist es nachtragend. Und zum Glück wohnt Arnau ja nicht mehrzu Hause. Nein, aber wenn das
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