Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stimmen des Flusses

Die Stimmen des Flusses

Titel: Die Stimmen des Flusses
Autoren: Jaume Cabré
Vom Netzwerk:
Praktikum vorüber ist … Ja, das kann ein ziemlich langes Praktikum werden. Nein, das habe ich dir doch schon gesagt, er wird nicht Mönch. Und wenn doch, soll mir’s auch recht sein. Wie? Nein, morgen ist Plenarsitzung. Nein, auch nicht. Ah ja, Donnerstag geht. Nein, ich will nicht bei Rendé … Weißt du, es ist … In Ordnung, in Escaló. Donnerstag um neun. Und da können wir dann drüber reden. Ja, du kannst dir nicht vorstellen, wie leid es mir tut, nicht mit im Boot zu sein – im wahrsten Sinne des Wortes. Ja, sag ich ja: vier Boote, ein Geländewagen, Zeitverträge, und du machst ein Vermögen damit, daß diese Idioten aus Barcelona die Noguera runterbrettern.«

68
    »In der letzten Ausgabe der Àrnica .«
    »Haben wir die nicht immer finanziell unterstützt?«
    »Ja, mit viel Geld. Jedes Jahr.«
    »Dreh ihnen den Geldhahn zu, für immer.Was steht noch drin?«
    Die Uhr schlug elf, feierlich und ein wenig klagend: der kalte Wind, der frühmorgens aufgekommen war, war eisig geworden. Eine Kaltfront. Beim dritten Glockenschlag fielen überraschend die ersten Schneeflocken, Ende März, und schmolzen nicht, als sie den Boden berührten. In der letzten Ausgabe der Zeitschrift Àrnica war ein Foto des Gedenksteins in Serrallacs Werkstatt erschienen, ein weiteres von der dummen Lehrerin und eine beunruhigende, unbekannte Zeichnung von Oriols Gesicht, dazu ein Artikel, der niemanden interessierte, weil er völlig an den Haaren herbeigezogen war. In ihm wurde behauptet, der Selige von Torena habe dem kommunistischen Maquis angehört.
    »Wie war noch die Überschrift?«
    »Der seltsame Tod des Heiligen von Torena.«
    »Ich möchte mal wissen, welches Interesse sie daran hat, sich so etwas auszudenken.« Sie rieb sich mit den Handflächen die blinden Augen, als könnte sie sich damit wieder sehend machen. »Würde ich zum Fluchen neigen, so würde ich sagen, das sind alles undankbare Mistkerle und Schufte.«
    »Ja. Aber reg dich nicht auf, das liest sowieso kein Mensch.«
    »Ich bin nicht gewillt, das hinzunehmen.«
    »Was soll ich tun?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Aber irgend etwas mußt du dagegen unternehmen.«
    »Hetz ihnen drei oder vier Rechtsanwälte auf den Hals. Setz alle Hebel in Bewegung. Ich will, daß die Sache ein für allemal erledigt wird.«
    »Ich habe dir ja gesagt, du kannst beruhigt sein, alles ist geplant, und ich will eigentlich nicht groß darüber reden. Am Freitag werde ich eingeliefert.«
    »So ein Mist – entschuldige.Weißt du, daß es in Torena zu schneien beginnt?«
    »Hier nicht, aber es ist eiskalt.«
    »Wirst du gleich am Freitag operiert?«
    »Nein, da gibt’s erst Untersuchungen, Röntgen und so was. Am nächsten Tag geht’s in den OP, der Tumor kommt raus, und dann fängt die Chemo an. Und der verdammte Krebs kann mich mal.«
    »Wie bitte?«
    »Du hast recht: In dem Artikel wird zwar alles mögliche behauptet, aber er liefert keinerlei Beweise.Außerdem macht er Werbung für ihren Bildband, der anscheinend demnächst herauskommt.«
    »Ja, aber warum beunruhigt es dich so, daß ein Selbstbildnis von Fontelles abgedruckt ist?«
    »Es beunruhigt mich nicht. Ich würde es nur gern sehen. Höchstwahrscheinlich hat die Lehrerin es erfunden.«
    »Der ganze Artikel handelt davon, daß Fontelles beim Maquis war. Sie ist wie besessen davon, so wie bei Marcel.«
    »Aber bringt sie Beweise?«
    »Sie behauptet bloß, sie hätte das Tagebuch des Lehrers.«
    »Das berühmte Tagebuch. Sie sagt, sie hätte es, aber sie zeigt es nicht.«
    »Ich weiß nicht, warum sie so wild darauf ist, Fontelles’ Andenken zu beschmutzen.«
    »Glaubst du ihr, Romà?«
    »Ich glaube, was du mir sagst.«
    »Die Frau Lehrerin wirft den Angelhaken aus, um zu sehen, ob ein Fisch anbeißt.«
    »Wenn du das so sehen willst …«
    »Ich sehe seit Jahren nichts mehr. Romà.«
    »Verzeihung. Ich habe das nur so …«
    »Ich weiß. Ich bin einfach furchtbar aufgebracht. Der Tod macht mir nicht so sehr angst, er macht mich wütend, ich bin noch zu jung zum Sterben.«
    »Niemand redet vom Sterben,Tina.«
    »Es gibt noch so viel zu tun. Ich möchte das Buch beenden und darin blättern können. Ich möchte nach Torena zurückkehren und dem Gesang des Pamano lauschen.«
    »Vom Dorf aus kann man ihn nicht hören, er ist zu weit unten.«
    »Nun, ich habe ihn gehört.Wahrscheinlich lebst du schon so lange dort, daß du ihn gar nicht mehr wahrnimmst. Und ich möchte mit meinem Sohn reden.«
    »Ein schönes Programm. Weißt du
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher