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Die Stille zwischen den Sternen

Die Stille zwischen den Sternen

Titel: Die Stille zwischen den Sternen
Autoren: Juergen Banscherus
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Nacht, in der sie Jonas niedergeschlagen haben, am Mast getroffen haben?«
    »Den hatte ich auch schon in Verdacht. Wir haben sein Alibi überprüft. Es ist in Ordnung.«
    »Und warum wurde der Wandler ausgebaut?«
    Der Kommissar fährt sich mit der Hand über die Stirn. »Bei dem, was ich Ihnen bis jetzt erzählt habe, bin ich mir einigermaßen sicher. Von nun an bin ich auf Vermutungen angewiesen. Erinnern Sie sich an die Sprengung des Mastes?«
    Ich nicke. Natürlich erinnere ich mich daran.
    »An diesem Punkt laufen alle Fäden zusammen«, sagt Winter. »Ich vermute, dass der Mast schon in der Nacht gesprengt werden sollte. Das hat Jonas verhindert, weil er zufällig auf dem Katzenberg war. Um ihn und uns zu verwirren, haben sie dem Jungen das belastende Zeug in die Taschen geschoben. Vielleicht haben sie auch geglaubt, er ist tot. Als sie erfahren haben, dass er noch lebt, haben sie ihm die Drohungen geschickt. Sie wussten ja nicht, dass er sich gar nicht an die Nacht erinnern konnte.«
    Winter macht eine Pause und steckt sich ein Lutschbonbon in den Mund. »Was ist mit Ihnen?«, fragt er und hält mir die Packung hin. Ich schüttele den Kopf und gieße uns Kaffee ein.
    »Wissen Sie, ich habe mir einfach keinen Reim darauf machen können, welches Motiv hinter der Sprengung des Mastes stand«, fährt der Kommissar fort.

    »Aber seit dem Anschlag sind einige Dinge passiert, die ein Bild ergeben. Zuerst stand im Schwattener Anzeiger ein großer Bericht über die gesundheitlichen Gefahren von Elektrosmog in der Nähe solcher Anlagen. Dann beschloss die Mobilfunkgesellschaft plötzlich, den Mast nicht mehr an seinem alten Platz aufzustellen, sondern etwa einen Kilometer weiter auf einer Lichtung. Dort bestehe keine Gefahr für Spaziergänger, wurde gesagt, falls es noch einmal einen Anschlag geben sollte. Dann wurde im Rat der Stadt ein Plan verabschiedet, der die große Wiese unterhalb des Mastes für die Bebauung mit insgesamt einhundertachtzig Reihen- und Mehrfamilienhäusern freigibt. Die Wiese gehörte bisher zum Landschaftsschutzgebiet, noch nie war von einer Bebauung die Rede.
    Und jetzt kommt das Verblüffende: Bereits am Tag nach dem Ratsbeschluss hingen in den Schaukästen der Immobilienfirma in dem Gebäude, in dem auch Jonas’ Vater arbeitet, die fertigen Pläne für die Siedlung. Hochglanz, auf bestem Papier. Kein Architekturbüro kann so schnell arbeiten. Die Pläne müssen schon vorher fertig gewesen sein.«
    »Ein Komplott, Herr Kommissar.«
    Der schaut achselzuckend aus dem Fenster.
    »Eine Verschwörung, an der die Stadt, die Immobilienfirma und bestimmt auch die Mobilfunkgesellschaft beteiligt sind«, sage ich.
    »Ich habe keine Beweise«, sagt Winter.
    »Und da suchen sich diese Menschen den Jonas aus, damit aller Verdacht auf ihn fällt. Den Anschlag auf
den Mast wollten sie ihm bestimmt auch anhängen. Eine Sprengung am Sonntagnachmittag!«, rufe ich.
    »Sie hatten keine Wahl«, sagt der Kommissar. »Schließlich durfte der neue Mobilfunkmast auf keinen Fall wieder an den alten Platz gestellt werden. Jetzt können sie Sicherheitsgründe für die Wahl des neuen Standortes vorschieben.«
    »Und was wollen Sie tun?«, frage ich. »Sie müssen doch was tun! Sie können diese Leute doch nicht einfach laufen lassen! Was ist, wenn die herauskriegen, dass sich Jonas an die Nacht erinnert?«
    Winter schaut mich lange an. Dann sagt er: »Der Fall ist eine Nummer zu groß für mich. Da stoße ich in ein Wespennest.«
    »Dann geben Sie den Fall ab«, sage ich.
    »Das habe ich schon versucht. Meine Kollegen sagen, ich sehe Gespenster.«
    »Und wie geht’s nun weiter?«
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass wir Jonas schützen müssen, wenn er aus dem Krankenhaus kommt.«
    Der Kommissar zieht seine Jacke wieder an. »Ich habe noch einen Termin«, sagt er und legt die CD auf meinen Schreibtisch. »Geben Sie sie ihm, ja? Und grüßen Sie ihn von mir. Ich wünsche ihm gute Besserung.«
    Er zögert einen Moment. »Ach was. Ich wünsche ihm, dass er bald wieder der Alte ist.«

    Während ich hier sitze und schreibe, verletze ich meine Pflicht zur Verschwiegenheit. Ich habe lange hin und her überlegt, ob ich das darf. Schließlich habe ich mich
dafür entschieden. Wie sonst sollst du jemals erfahren, was hinter den Vorfällen stand? Dir soll es verdammt noch mal nicht so gehen wie meinem Bruder. Aber bitte - es bleibt unter uns, ja?

    Als der Kommissar gegangen ist, stecke ich die CD ein und gehe zurück
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