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Die Stille zwischen den Sternen

Die Stille zwischen den Sternen

Titel: Die Stille zwischen den Sternen
Autoren: Juergen Banscherus
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stoppen sollte - mach dir nichts draus, danach geht es noch einmal so schnell. Wir Ärzte machen gern Mut, die meisten wenigstens. Dabei sind wir oft gar nicht sicher, dass wir mit unseren Voraussagen recht behalten. Bei dir lag ich mit meiner Prognose richtig und darüber bin ich glücklich. Pass auf dich auf. Bitte!

    Und sei ganz herzlich gegrüßt von deinem Bach

    Hallo, Doc!
    Danke für Ihren Brief. Ich glaube, ich muss keine Angst haben. Und Sie sollten sich auch keine Sorgen um mich machen. Wenn die Leute vom Katzenberg mir etwas tun wollten, hätten sie schon tausend Gelegenheiten dazu gehabt. Je länger sie nicht erwischt werden, desto sicherer fühlen sie sich. Und desto mehr glauben sie, dass ich ihre Drohungen ernst nehme und schweige. Ist doch logisch, oder?

    Am Sonntag schlief ich aus, frühstückte lange mit meinen Eltern und legte mich danach raus in die Sonne. Ein paar Mal versuchte ich den Kommissar im Präsidium zu erreichen - ohne Erfolg. Im Telefonbuch war seine Privatnummer nicht zu finden, die Frau in der Telefonzentrale wollte sie mir nicht geben.
    Später ging ich ins Kino. Ein französischer Film, in dem zwei Männer irgendwo in der Bretagne auf der Suche nach Liebe sind. Ganz nett, aber ich hätte was darum gegeben, wenn Rieke bei mir gewesen wäre. Die liegt jetzt in Tunesien am Strand oder am Hotelpool …
    Ein komischer Tag, dieser Sonntag. Die ganze Zeit über fühlte ich mich, als schwebte ich einen halben Meter über dem Boden. Mir war schwindlig, wie in einem Traum. Eigentlich hatte ich ja geglaubt, dass mit der Rückkehr meiner Erinnerung an die Nacht auf dem Katzenberg alles anders wird. Nichts davon. Ich weiß jetzt, was passiert ist - und es ist nicht so wichtig. Viel wichtiger ist Rieke.

    Montagmorgen ging ich zu Winter. Während sich der Lift leise scheppernd in Bewegung setzte, betrachtete ich die Fahndungsplakate an den Fahrstuhlwänden. Wie schafften es die Fotografen bloß, die Männer und Frauen so böse aussehen zu lassen? Würde der Bombenbastler Jonas Klinger ähnlich grimmig in die Kamera gucken?
    Bevor ich klopfen konnte, öffnete mir der Kommissar. »Schön, dich zu sehen«, begrüßte er mich.
    Er hängte seine Jacke an einen Garderobenhaken, wusch sich die Hände und gab seinen Kakteen Wasser. Der Cleistocactus laniceps blühte noch nicht. Ich hatte recht gehabt.
    »Wie geht’s der Königin?«, fragte der Kommissar.
    »Gut.«
    Winter spannte einen Bogen Papier in die Schreibmaschine. »Du willst mir etwas erzählen«, sagte er.
    Ich nickte.
    »Wird es ein Geständnis oder eine Zeugenaussage?«
    Als ich ihn überrascht anschaute, wurde er deutlicher:
    »Willst du den Bau der Bombe aus dem Gasometer gestehen oder weißt du was über den Anschlag auf den Mast?«
    »Ich erinnere mich«, sagte ich. »Ich erinnere mich jetzt an die Nacht.«
    Ich begann zu erzählen. Nach jedem zweiten Satz fasste Winter das, was ich gesagt hatte, zusammen und tippte es in die Maschine. Meine Sätze waren einfach gebaut, aber irgendwie schaffte ich es, dem Kommissar
haarklein zu berichten, was ich am Mobilfunkmast erlebt hatte.
    Als ich mit meinem Bericht fertig war, waren plötzlich die Kopfschmerzen wieder da. Über meinen Augen pochte es, die weiße Wand hinter dem Kommissar bekam schwarze Streifen.
    Winter zog das letzte Blatt aus der Schreibmaschine und reichte es mir zusammen mit den beiden anderen.
    »Vielen Dank, Jonas. Lies dir alles in Ruhe durch. Wo du nicht einverstanden bist, schreiben wir etwas anderes hin.«
    Ich unterschrieb sofort. Meine Kopfschmerzen waren jetzt so schlimm, dass ich gar nicht hätte lesen können.
    »Einen Moment noch«, sagte Winter, als ich aufstand. »Was hast du eigentlich auf dem Katzenberg zu suchen gehabt? Um Mitternacht? In deinem Alter?«
    Natürlich musste er das fragen, schließlich hatte ich ihm nichts von dem Typen im Passat erzählt. Und nichts von dem Päckchen.
    »Ich konnte nicht schlafen«, antwortete ich.
    Winter grinste. »Wenn Leuten, die hier vor mir sitzen, nichts Besseres einfällt, konnten sie nicht schlafen. Aber gut, vielleicht überlegst du dir ja noch etwas Intelligenteres.«
    »Kann ich jetzt gehen?«, fragte ich.
    »Ja. Übrigens: An der Bombe aus dem Gasometer haben sie in der Kriminaltechnik deine Fingerabdrücke gefunden, Jonas. Nur deine, keine anderen.«

    Ich setzte mich wieder hin, mein Körper fühlte sich plötzlich tonnenschwer an.
    »Die Bombe hat für dich ein Geständnis abgelegt«, fuhr der Kommissar fort.
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