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Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu

Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu

Titel: Die Stille in Prag - Rudis, J: Stille in Prag - Potichu
Autoren: Jaroslav Rudis
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Gefühl von Stärke. Den Aufwind, den sie plötzlich spürt.
    Das Taxi hält vor der Abflughalle.
    »Have a nice flight. And come back to Portugal soon.«
    »Maybe.«
    Eigentlich will sie nicht nach Prag zurück. Nicht nur, weil sie die Stadt mit der alten Burg und der steinernen Brücke mit Horden von Touristen nicht mehr riechen kann.
    Hana betritt die Halle. Und dort sieht sie ihn.
    Thomas.

KEIN SUPERMAN
    E r geht einmal um seinen Wagen herum und checkt, ob alles in Ordnung ist. Das macht er seit seinem ersten und bis jetzt einzigen Unfall immer. Damals platzte ihm mitten auf einer Kreuzung der Reifen und er krachte in eine Straßenlaterne. Personenschaden gab es keinen. Aber Wayne lernte zum ersten Mal Panik kennen, Panik davor, was noch alles hätte passieren können. Und davor, was gerade vor sich ging.
    In dem Moment hat ihm die Kleine sehr geholfen. Sie hielt seine Hand, streichelte ihm über die Wange und flüsterte Wayne ins Ohr, alles sei in Ordnung und sie liebe ihn. Erst als alles vorbei war und Wayne wieder Atem holen konnte, hat sie ein wenig über ihn gelacht. Sie sagte, er solle sich entspannen, solche Dinge seien nicht wichtig. Er nehme das Leben zu ernst, sagte sie. Er sei zu vorsichtig. Zu empfindlich. Ein Angsthase. Auf jeden Fall kein Superman, keiner von diesen modernen Amerikanern, von denen ständig in den Nachrichten die Rede war. Keiner von den harten Jungs, die es eilig hatten, in den Irak zu kommen, um dort mit geschwellter Brust ihren Dienst zu tun, und nicht verstanden, warum auf sie geschossen wurde, wo sie doch nur helfen wollten.
    Die Panik hat sich dann wieder gelegt, und mittlerweile findet Wayne seine Reaktion sogar selbst etwas lächerlich, obwohl er weiß, dass auch harte Jungs Angst kennen. Echte Angst. Das weiß die Kleine auch, da ist sich Wayne sicher.
    Sein Bruder bekommt es bestimmt auch immer wieder mit der Angst zu tun. Er hat bereits ein halbes Jahr im Irak verbracht und demnächst soll er wieder hin. Bestimmt hat er Angst, auch wenn er in seinen Mails schreibt, dass es ihn freut, wieder seine Pflicht leisten zu dürfen. Ob das wirklich seine Worte sind? Oder gibt es eine Vorlage für solche Briefe? Werden die Mails kontrolliert?
    Mike soll bald wieder in den Irak fliegen, in den nächsten Tagen. Vielleicht ist er bereits dort. Mike, Waynes jüngerer Bruder, auf den die Eltern so stolz sind. Das ist schon immer so gewesen, obwohl Mike nicht Jura studiert hat wie Wayne, sondern gleich nach dem Abi als Automechaniker anfing. Sie waren schon immer stolz auf ihn und Wayne hat ihn schon immer darum beneidet.
    Jetzt schließt er seinen Wagen auf, wirft die Tasche auf den Beifahrersitz, setzt sich hin und schnallt sich an. Die Kleine mag keine Sicherheitsgurte. Deswegen haben sie sich schon einige Male in den Haaren gehabt. Bei manchen Dingen benimmt sie sich, als wäre sie gerade erst fünf.
    Wayne steckt den Zündschlüssel ins Schloss.
    Die Bewegung stößt eine ganz andere Tür auf.
    Er sieht ein kleines Holzhaus mit einer niedrigen Garage und zwei zu hoch aufgeschossene, von der Meeresbrise gebeutelte Pfirsichbäume. Im Schatten der Bäume parkt ein älteres großes Auto. Ein Haus, das zu klein ist für eine Großfamilie und zu groß für ein altes Elternpaar.
    Aber Wayne lebt in Prag. Er sitzt am Steuer eines großen schwedischen Wagens mit Klimaanlage, Bordcomputer und einem CD -Player, in den zehn CD s auf einmal passen, in einem schwarzen Wagen mit sieben Airbags und einer Navigation, die es einem nirgendwo auf der Welt erlaubt, verloren zu gehen. Wayne sitzt in dem laut Elchtest sichersten Wagen der Welt, der allerdings für die schmalen Gassen Prags entschieden die falsche Größe hat.
    Von der Letná-Höhe aus macht er sich zu seinem Büro am Rande von Vinohrady auf, mitten durch das verstopfte Herz der Stadt. Aus den Lautsprechern dröhnt Bruce Springsteen. Der einzige amerikanische Kitsch, zu dem Wayne wirklich steht. Und auch der einzige, den ihm die Kleine mit einem Lächeln durchgehen lässt.
    Im Gegensatz zu ihr interessiert er sich kaum noch für Musik, Filme oder Ausstellungen. Am Anfang war das anders. Als er nach Prag kam, hat er sogar gemeinsam mit einem Tschechen, einem alten, etwas naiven Hippie-Verehrer von Velvet Underground, einen Rockclub gegründet. In einem umgebauten unterirdischen Lager für Obst und Gemüse. Sie haben ein einfaches kleines Podium und eine Bar hineingestellt. Und fertig war der Laden. Die halbe Stadt schlug sich dort die
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