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Die Sternenkrone

Die Sternenkrone

Titel: Die Sternenkrone
Autoren: James Jr. Tiptree
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Reverend. Ich fand niemals heraus, welcher Kirche er angehörte oder ob Reverend einfach nur ein Spitzname war.)
    Wie dem auch sei, nach ungefähr sechsmonatigem Flug, zu einer Zeit, als man dachte, sie schliefen fest, meldeten sie sich bei der Bodenkontrollstation. »Ist bei euch alles in Ordnung?«
    »Ja, warum? Und bei euch?«
    Es stellte sich heraus, daß sie ein Aufleuchten gesehen hatten, eine Spiegelung oder einen aufblitzenden Lichtschein genau an der Stelle, wo sich die Erde befand. Und sie hatten gedacht, daß es sich um Raketengeschosse handelte. Der Dritte Weltkrieg – jeder hätte damals so etwas vermutet. Das meine ich mit unterschwellig. Aber offiziell verlor niemand nur ein einziges Wort über solche Befürchtungen.
    Natürlich gab es noch mehr Dinge, die unter den Teppich gekehrt wurden, und manchen Menschen fiel dieses auf und anderen jenes, aber am Schluß summierte sich alles zum unwiderruflichen Ende. Doch hier ist nicht der Platz, um über die alten Zeiten zu plaudern. Inzwischen hat sich alles verändert. Also genug damit! Überlassen wir Kevin das Wort.
    Es kommt mir vor, als wäre es gestern gewesen. Den ganzen Morgen über hatte man versucht, für die Landefähre mit Todd und Jim Arrupa darin eine Stelle zu finden, die flach genug zum Landen war. Man schmiß mich fast aus dem Kontrollraum raus, weil ich mich, während ich Essen brachte, überall dazwischenzwängte, um einen Blick auf die Monitore zu ergattern, und die Leute bei der Arbeit behinderte. Was diese Burschen allein an Kaffee schluckten! Und wie sie aßen! – ein Mann stopfte sieben Sandwiches mit Ei in sich hinein. Sie standen alle unter Hochspannung. Schon gut, schon gut, ich komme ja zum Thema zurück. Ich weiß, was Sie hören wollen.
    Schließlich wurde es auf dem Mars stockfinster, und nur die Lichter der Landefähre leuchteten auf einer steinigen, von Spalten durchfurchten Ebene. Der Computer ließ sie rot erscheinen, was wahrscheinlich auch stimmte. Die Bodenkontrolle erlaubte den Männern nicht, auszusteigen. Vielmehr befahl man ihnen, zu schlafen, bis es wieder hell genug war. Zehn Stunden ... stellen Sie sich das mal vor! Die erste Nacht auf dem Mars und dann schlafen!
    Davor aber berichtete Perry aus der Kommandokapsel von einem Lichtschein, den er über dem östlichen Horizont gesehen hatte. Es handelte sich um keinen Mondaufgang – davon hatten wir bereits welche erlebt. Ein grünliches Aufleuchten, das wie verrücktflackerte.
    Perry wurde befohlen, während der Nacht die Augen offenzuhalten und herauszufinden, was dort im Osten vor sich ging. Ein Vulkanausbruch? Doch als er wieder über die Stelle hinwegflog, leuchtete das Licht viel schwächer, und nach der nächsten Umrundung war es verschwunden.
    Zu dieser Zeit saß eine Ablösung vor den Monitoren in der Kontrollstation, aber ständig kam jemand von der anderen Schicht, die eigentlich in ihrem Quartier nebenan schlafen sollte, herein, um ein paar Minuten auf die Bildschirme zu starren. Das einzige, was man darauf erkennen konnte, war die blasse Silhouette des gezackten Horizonts in der Ferne.
    Schließlich erschienen die Sterne. Die Morgendämmerung wurde um zehn Minuten vor sechs erwartet (schaut, ich erinnere mich sogar an die genaue Uhrzeit), und zu dieser Zeit war die gesamte Tagesschicht schon wieder anwesend. Alle wuselten durcheinander und verlangten nach Kaffee und belegten Brötchen.
    Der Himmel auf dem Bildschirm hellte sich auf, so daß die Linie des Horizonts schärfer und dunkler hervortrat. Plötzlich wurde auf dem flachen Boden vor den Bergen etwas schwach sichtbar. Und die darauffolgenden Minuten werde ich wohl nie im Leben vergessen. Wie es im ganzen Raum totenstill wurde, bis auf ein Flüstern und Rascheln vor den dunklen Bildschirmen. Und wie Eggy Stone dann plötzlich laut und deutlich aufschrie: »Da liegt etwas! Etwas Großes! Oh, Mann!«
    Damit wurde offiziell, was die mit den Adleraugen vermutet hatten zu sehen, aber nicht glauben mochten, und alle begannen durcheinander zu rufen. Und die Stimmen der Astronauten drangen durch den Lärm und berichteten mit viereinhalbminütiger Zeitverzögerung von dem DING, das direkt vor der Landefähre lag, unbeleuchtet, regungslos, ohne Hinweis darauf, wie es dorthin gekommen war, ob es gekrochen, geflogen oder sich durch den Boden nach oben gebohrt hatte. Natürlich glaubten sie, es seien Marsianer.
    Es war ein großes, etwa fünfzig Meter langes, hantelartiges Etwas, das dort in ungefähr hundert
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