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Liebe 2000 - erotic science fiction

Liebe 2000 - erotic science fiction

Titel: Liebe 2000 - erotic science fiction
Autoren: Thomas Landfinder
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Phase I: Außerirdische Visionen
     
Alain Doremieux
 
Vana
     
    Sloviç war fünfundzwanzig Jahre alt, als er beschloß, eine Vana zu erwerben.
    Sloviç wohnte in Neu-Paris im Villenviertel von Meudon. Seine Wohnung lag im siebenundzwanzigsten Stock eines Wohnblocks von mittlerem Ansehen. Dort verbrachte Sloviç friedliche Tage. Er erfüllte seine Bürgerpflichten, indem er täglich die obligatorischen zwei Arbeitsstunden absolvierte. Die übrige Zeit war seinen Freizeitbeschäftigungen gewidmet. Sloviç war ruhig und sensibel. Er liebte es, zu Hause Freunde seines Alters zu empfangen, die wie er unverheiratet waren. Miko, sein bester Freund, arbeitete in der gleichen Verwaltung, doch sie trafen sich dort selten, da ihre Arbeitsstunden so gut wie nie in die gleiche Zeit fielen. Miko und Sloviç nahmen oft die Mahlzeiten gemeinsam ein.
    Die Rechtsprechung untersagte Männern unter dreißig, mit einer Frau zusammenzuleben. Miko meinte, ein Mann müsse die Wartezeit nutzen. Er genoß Vergnügungen aller Art. Sloviç hatte einen einfacheren Geschmack. Manchmal bedauerte er, nicht in der Vergangenheit zu leben, im zwanzigsten Jahrhundert, wo, wie man sagte, ein junger Mann schon kurz nach der Pubertät eine Familie gründen durfte. Doch damals war die Erde noch nicht übervölkert. Das katastrophale Anwachsen der menschlichen Geburtenrate hatte zu der Verordnung geführt, die gegenwärtig in Kraft war.
    Miko machte sich über Sloviç lustig, als dieser gestand, daß es ihm nicht mißfallen würde, wenn eine Frau sein Leben teilte. Er lachte und sagte, Sloviç sei ein großes Kind und wisse nicht, wovon er rede. Und er veranlaßte ihn, mit zum Frauenhaus in der Reservierten Zone zu gehen. Dort würde er das beste Mittel finden, um seine verrückten Ideen zu vergessen.
    Sloviç begleitete Miko. Aber an manchen Tagen kam es vor, daß er keine Lust hatte, ihn zu sehen. Dann verkroch er sich in seiner Wohnung, meist im Harmonieraum, wo der Akustikapparat durch große, in die Wand eingelassene Lautsprecher Musik ausstrahlte.
    Sloviç hatte Neigungen, die seine Freunde als rückständig ansahen. Er mochte die Musik seiner Zeit mit ihrer subtilen Verbindung komplexer Tonelemente nicht. Er bevorzugte die derbere Sprache der Komponisten aus der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts: Gerry Mulligan, John Lewis, Horace Silver, Thelonius Monk, die Vorfahren des gegenwärtigen musikalischen Ausdrucks. Zu enormen Preisen sammelte er die äußerst seltenen und abgenutzten Aufnahmen ihrer Werke.
    Zu anderen Zeiten, wenn er nicht in der Stimmung war, Musik zu hören, nahm er seinen turbinengetriebenen Wagen und machte eine Spazierfahrt ans Meer. Er benutzte das oberste Band der mehrstöckigen Autobahn, das am wenigsten verstopft war. Die Geschwindigkeit vermittelte ihm ein Gefühl exaltierter Trunkenheit. Er glaubte, intensiver zu leben. Dann sagte er sich, daß er die Gesellschaft von seinesgleichen haßte.
    Aber das war nur ein flüchtiges Gefühl. Sobald Sloviç wieder mit Miko oder seinen anderen Freunden zusammen war, begriff er nicht mehr, wie er auf solche Gedanken hatte kommen können. Im übrigen sprach er nicht davon. Er hatte Angst, die anderen könnten ihn mit einer Mischung aus Neugier und Abscheu betrachten. Und es wäre das Gerücht entstanden, er sei des Verbrechens des Individualismus schuldig; man hatte Leute schon aus weniger triftigen Gründen eingesperrt.
    So war Sloviçs Leben geteilt zwischen seiner Arbeit, der Musik, dem Wagen und der Zeit, die er mit Miko oder seinen anderen Freunden verbrachte, den Besuchen im Frauenhaus oder manchmal im Spielpalast. Sloviç dachte nicht darüber nach, ob er glücklich oder unglücklich war. Diese Antithese existierte nur in den Büchern über die Vergangenheit. Jetzt war niemand mehr »unglücklich«. Und das Wort »Glück« war heutzutage eine altmodische Wendung. Das Synonym dafür lautete »Wohlbefinden«.
    Und doch empfand Sloviç gelegentlich ein Gefühl des Unbehagens, als wünsche er sich etwas, das er nicht erreichen konnte. Er wußte nicht, was es war, und im übrigen machte er sich keine Gedanken über dieses Gefühl. Nichts fehlte ihm; wie jedermann hatte er alles, was er zum Leben brauchte. Was ihm fehlte, war keine Frau, denn im Haus in der Reservierten Zone konnte er jede Frau finden, die er wünschte. Was das Zusammenleben mit einer von ihnen betraf, so hatte Miko recht: Es war kein Grund zum Neid, sondern eine kindische Utopie.
    Wären die Vanas nicht gewesen,
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