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Die Stadt in den Sternen (German Edition)

Die Stadt in den Sternen (German Edition)

Titel: Die Stadt in den Sternen (German Edition)
Autoren: Thomas R. P. Mielke
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neugierigen, ängstlichen und angewiderten Gesichtern schloß sich um ihn. Die weiter hinten Stehenden drängten nach vorn.
    Reanny hob seine Fäuste. Ein Aufschrei ging durch die Menge. Im gleichen Augenblick veränderte sich das Licht in den Straßen. Die Schatten der Häuser wurden länger und weicher. Innerhalb von wenigen Sekunden brach eine seltsame blauviolette Dämmerung herein. Das Licht der strahlenden Sterne verstärkte sich. Ein heißer, nach Ozon riechender Wind fegte durch die Straßen. Der gleißende Ball der Sonne versank hinter dem Stadtsektor des Monte-Rosa-Plateaus.
    Die Nacht brach an.
    Reanny flüchtete an der Hauswand entlang zu einer Tür. Mit den Schultern warf er sich dagegen, während die schwarze Menschenmasse nachdrängte. Im künstlichen Licht innerhalb des Hauses erkannte Reanny, daß ein halbes Dutzend Männer ihm folgten. Einer der Schwarzgekleideten, die er nach seiner Flucht aus den hängenden Gärten am GRID-Wall angesprochen hatte, war unter ihnen, aber auch die hastig hinkenden Gestalten, die kurz darauf versucht hatten, ihn auf eine schwebende Kranplattform zu ziehen ...
    Reanny stieß mit der Hüfte gegen einen Tisch. Er packte ihn, wirbelte herum und schleuderte das schwere Möbelstück gegen seine Verfolger. Das Krachen des Plastiktisches vermischte sich mit dem gellenden Aufschrei der Getroffenen.
    Reanny wartete nicht, bis sie sich wieder aufgerappelt hatten. Er rannte einfach los. Mattrote Leuchtpfeile wiesen ihm den Weg. Von Mona de Fries hatte er gelernt, daß die roten Leuchtpfeile auf das unterirdische Transportsystem hinwiesen. Er rannte eine Schräge hinab, die an beiden Seiten mit konischen Levitan-Spulen eingefaßt war. Aus einer plötzlichen Eingebung heraus trat er hart gegen einige der Spulen. Er zertrümmerte die dünnen Schutzkegel. Weißblaue Blitze zuckten gleißend durch den Gang. Fast augenblicklich verlor er das Gleichgewicht. Er fiel auf den Rücken und rutschte die Schräge hinab. Hoch über ihm polterten einige seiner Verfolger ebenfalls in den schrägen Verbindungsschacht.
    Im Transportsystem angekommen, fand Peter Reanny eine Plattform, die knapp zehn Zentimeter über dem Boden schwebte. Mit dem Fuß stieß er sie in die Mitte des Transportkanals. Er wartete auf die Beschleunigung, die Mona de Fries ihm erklärt hatte. Es klappte nicht. Die kleine Plattform hing unbeweglich über dem Transportkanal. Sie trug sein Gewicht, doch die linearen Induktionsmotoren sprangen nicht an.
    Wütend verließ Reanny die Plattform. Hinter sich hörte er das Geschrei seiner Verfolger. Er drehte sich kurz um, dann rannte er los. Er kam keine drei Meter weit. Mit der Brust prallte er gegen einen stämmigen Kerl, der doppelt so breit wie er selbst war. Winzige Augen und ein dicker, fleischiger Mund grinsten ihn an. Der Fremde hatte seine Arme ausgebreitet. Er schloß sie um Reannys Oberkörper. Ohne die geringste Anstrengung preßte er dem Inselfarmer die Luft aus den Lungen. Reanny stöhnte verzweifelt auf. Winzige Sterne tanzten vor seinen Augen. Er wurde angehoben und durch eine Verbindungstür zu einem zweiten Transportkanal gebracht. Drei weitere Muskelmänner nahmen ihn in Empfang. Reanny ahnte, daß sie nicht zur Gruppe der Tafelrunde gehörten. Völlig ohne Übergang wurde es plötzlich schwarz um ihn herum. Sein angespannter Körper erschlaffte. Mit einem Aufgurgeln verlor er die Besinnung. Er merkte nicht mehr, daß er kreuz und quer durch das verwirrende Transportsystem im Inneren der schwebenden Stadt gebracht wurde. Niemand hatte ihm etwas von der Levi-Lepra erzählt. Denn nicht einmal den Mitgliedern der Tafelrunde war bewußt gewesen, daß all ihre Experimente von dreitausend isolierten Kranken beobachtet worden waren.
    Den Mitgliedern der Tafelrunde war es von Anfang an unangenehm gewesen, daß Reanny mit aller Gewalt zur Erde zurückwollte. Das galt nicht für die Lepra-Kolonie. Im Gegenteil! Für sie war der Farmer vom Semisopochnoi viel mehr als eine Versuchsperson. Er war der lebende Beweis dafür, daß es einen Ausweg aus der Isolierung gab.
    Schon deshalb war Peter Reanny für dreitausend Menschen plötzlich das Wertvollste, was es für sie gab!
    *
    Nail McMan fröstelte. Der Schnee an den Hängen glänzte schwarz im ungefilterten Licht der Sterne. Er hatte plötzlich einen Kloß im Hals, als er zur Lichtglocke über Old Manhattan hinübersah. Die klare, dünne Luft erlaubte es ihm, die zweieinhalb Kilometer entfernten Wolkenkratzer so deutlich zu
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