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Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Titel: Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)
Autoren: Robin Sloan
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schon wieder cool aussieht –, und Penumbra verkauft sie für einen Dollar das Stück.
    Aber von einem Dollar alle paar Stunden kann man nicht mein Gehalt bezahlen. Es ist mir ein Rätsel, wovon mein Gehalt bezahlt wird. Ohnehin ist mir ein Rätsel, wie diese Buchhandlung überleben kann.
    Eine Kundin habe ich jetzt schon zweimal gesehen, eine Frau, von der ich mir ziemlich sicher bin, dass sie nebenan bei Booty’s arbeitet. Ich bin mir darum ziemlich sicher, weil sie beide Male waschbärmäßige Schatten aus Mascara um die Augen hatte und nach Rauch roch. Sie hat ein strahlendes Lächeln und matt-dunkelblondes Haar. Ihr Alter lässt sich schwer schätzen – sie könnte eine verlebte Dreiundzwanzigjähre oder eine umwerfende Einunddreißigjährige sein –, und ich weiß auch nicht, wie sie heißt, aber ich weiß, dass sie Biografien mag.
    Bei ihrem ersten Besuch hat sie sich in den Regalen im vorderen Bereich umgesehen, hat sie schleppend umrundet, hat sich ab und an geistesabwesend gerekelt und ist dann zu mir an den Schreibtisch neben der Tür gekommen. »Haben Sie die über Steve Jobs?«, fragte sie. Sie trug eine bauschige North-Face-Jacke über einem rosa Tanktop und Jeans, und ihr Tonfall war ein wenig dialektgefärbt.
    Ich runzelte die Stirn und sagte: »Wahrscheinlich nicht. Aber schauen wir mal nach.« Penumbra hat eine Datenbank, die auf einem altersschwachen beigefarbenem MacPlus läuft. Ich hämmerte den Namen des Verfassers in die Tastatur und der Mac plingte leise – Treffer. Sie hatte Glück.
    Wie bückten uns und durchsuchten die B IOGRAFIE -Abteilung , und da war es: ein einziges Exemplar, das glänzte wie neu. Vielleicht war es einmal als Weihnachtsgeschenk für einen Vater gedacht, der Hightech-Manager war und eigentlich keine Bücher las. Oder Tech-Dad hatte es lieber auf seinem Kindle lesen wollen. Auf jeden Fall hatte es jemand hier verkauft, und es hatte Penumbras Ansprüchen genügt. Ein Wunder.
    »Er sah wahnsinnig gut aus«, sagte North Face und betrachtete das Buch, das sie auf Armeslänge vor sich hielt. Steve Jobs schaute uns aus dem weißen Cover entgegen, die Hand am Kinn, auf der Nase eine runde Brille, die ein bisschen der von Penumbra ähnelte.
    Eine Woche später kam sie zur Tür hereingehüpft, grinsend und lautlos in die Hände klatschend – was sie eher wie eine Dreiundzwanzigjähre als wie eine Einunddreißigjährige aussehen ließ –, und sagte: »Oh, es war einfach großartig! Aber wissen Sie was« – hier wurde sie ernst –, »er hat noch eins geschrieben, über Einstein.« Sie zeigte mir ihr Handy, das eine Amazon-Produktseite mit Walter Isaacsons Biografie über Albert Einstein zeigte. »Ich hab’s im Internet gefunden, aber ich dachte, ich kauf’s lieber hier?«
    So viel ist klar: Es war unglaublich. Der Traum eines jeden Buchhändlers. Eine Stripperin, die sich dem Lauf der Geschichte entgegenstellte und Stopp! schrie – aber als wir unsere Köpfe hoffnungsvoll über den Computer neigten, mussten wir feststellen, dass Penumbras B IOGRAFIE -Abteilung über kein Exemplar von Einstein: His Life and Universe verfügte. Es gab fünf verschiedene Bücher über Richard Feynman, aber rein gar nichts über Einstein. Also sprach Penumbra.
    »Echt?«, sagte North Face und machte einen Schmollmund. »Mist. Naja, dann kauf ich’s im Internet, schätze ich. Danke.« Sie ging wieder in die Nacht hinaus und ist seither nicht zurückgekehrt.
    Ich will mal ganz ehrlich sein. Wenn ich eine an meinen Erfahrungen beim Bücherkauf gemessene Rangliste nach den Kriterien Bequemlichkeit, Zugänglichkeit und Zufriedenheit aufstellen müsste, würde sie folgendermaßen aussehen:
Die perfekte unabhängige Buchhandlung, wie z. B. das Pygmalion in Berkely.
Ein großer, heller Barnes & Noble. Ich weiß, es ist eine Kette, aber seien wir ehrlich – in diesen Läden fühlt man sich wohl. Besonders in denen mit den großen Sofas.
Der Gang mit den Büchern bei Walmart (gleich neben der Blumenerde).
Die Bordbibliothek der U. S. S. West Virginia, eines Atom-U-Boots tief unter der Wasseroberfläche des Pazifiks.
Buchhandlung Penumbra – durchgehend geöffnet.
    Also nahm ich mir vor, das Schiff wieder auf Kurs zu bringen. Nein, ich verstehe nichts vom Management einer Buchhandlung. Nein, ich habe nicht mein Ohr am Puls der Stripklub-Klientel nach Feierabend. Nein, ich habe noch nie irgendwelche Schiffe auf Kurs gebracht, außer einmal, damals, als ich den Fechtklub der Rhode Island
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