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Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Titel: Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)
Autoren: Robin Sloan
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hielt ich immer Ausschau nach AUSHILFE-GESUCHT - Schildern in den Läden – was man eigentlich nicht tut, stimmt’s? Wahrscheinlich sollten sie einem eher suspekt sein. Seriöse Arbeitgeber inserieren auf Craigslist.
    Und tatsächlich machte »Buchhandlung Penumbra – durchgehend geöffnet« ganz und gar nicht den Eindruck eines seriö sen Arbeitgebers:
    AUSHILFE GESUCHT
    Spätschicht
    Spezielle Anforderungen
    Gute Zusatzleistungen
    Eins vorweg: Ich war mir ziemlich sicher, dass »Buchhandlung Penumbra – durchgehend geöffnet« ein Euphemismus für irgendetwas sein musste. Wir waren hier am Broadway, in einem euphemistischen Stadtviertel. Mein »Aushilfe gesucht«- Spaziergang hatte mich weit von zu Hause fort geführt; der Laden nebenan hieß Booty’s und auf dem Reklameschild wurden Neonbeine abwechselnd übereinandergeschlagen und gespreizt.
    Ich stieß die Glastür der Buchhandlung auf. Über mir erklang fröhlich eine Glocke, und ich trat zögernd ein. Mir war damals noch nicht klar, was für eine wichtige Schwelle ich gerade überschritten hatte.
    Drinnen: Stellen Sie sich Form und Inhalt einer normalen Buchhandlung vor, bloß hochkant. Der Laden war geradezu absurd eng und schwindelerregend hoch, und die Regale reichten bis zur Decke – drei Stockwerke hoch Bücher, vielleicht sogar mehr. Ich reckte den Hals (warum wird man in Buch läden immer gezwungen, sich den Hals zu verrenken?), und die Regale verschwammen so übergangslos in den schummrigen Höhen, dass ich das Gefühl bekam, sie könnten endlos weitergehen.
    Sie drückten sich eng aneinander, und ich meinte, am Rand eines Waldes zu stehen – keines freundlichen kalifornischen Waldes, sondern eines alten transsylvanischen Waldes, eines Waldes voller Wölfe und Hexen und bis an die Zähne bewaffneter Räuber, die dort in der Finsternis lauer ten, wohin das Mondlicht nicht gelangte. An den Rega len waren Lei tern befestigt, die sich von einer Seite zur anderen schieben ließen. Normalerweise haben solche Leitern einen gewissen Charme, aber so, wie sie hier in die düsteren Höhen ragten, wirkten sie unheilvoll. Sie raunten von Unfällen in der Dunkelheit.
    Darum hielt ich mich lieber an die vordere Hälfte des Ladens, wo helles Mittagslicht hereinflutete und die Wölfe vermutlich in Schach hielt. Die Wände neben und über der Tür waren ebenfalls aus Glas, dicke quadratische Fensterscheiben, eingefasst von einem schwarzen eisernen Gitterwerk, und darüber spannte sich (rückwärts gelesen) ein Bogen aus großen goldenen Lettern:

    Unterhalb, im Hohlraum des Bogens, saß ein Symbol – zwei Handflächen, die offen auf einem aufgeschlagenen Buch lagen.
    Und wer war jetzt Penumbra?
    »Hallihallo«, rief eine sanfte Stimme hinter den Stapeln. Eine Gestalt kam zum Vorschein – ein Mann, groß und dürr wie eine der Leitern, in einem hellgrauen Hemd mit Button-down-Kragen und einer blauen Strickjacke. Er wankte etwas und ließ eine lange Hand an den Regalbrettern entlangglei ten, um sich abzustützen. Als er aus dem Schatten trat, sah ich, dass sein Pullover zu seinen Augen passte, die blau waren und in einem Nest aus Falten versanken. Er war sehr alt.
    Er nickte mir zu und winkte schwach. »Was hoffst du in diesen Regalen zu finden?«
    Es war ein guter Spruch, und aus irgendeinem Grund wirkte er beruhigend auf mich. Ich fragte: »Spreche ich mit Mr. Penumbra?«
    »Ich bin Penumbra« – er nickte –, »und ich bin der Hüter dieses Ortes.«
    Bevor ich wusste, was ich sagte, war es schon raus: »Ich suche einen Job.«
    Penumbra blinzelte einmal, nickte dann und taperte hinüber zu einem Schreibtisch neben der Tür. Es war ein wuchtiger Block aus dunklem, wirteligem Holz, eine solide Festung am Waldesrand. Wahrscheinlich könnte man sie im Fall eines Angriffs aus den Regalen tagelang verteidigen.
    »Eine Anstellung.« Penumbra nickte wieder. Er glitt auf den Stuhl hinter dem Schreibtisch und schaute mich über das massige Ding hinweg an. »Hast du je in einer Buchhandlung gearbeitet?«
    »Naja«, sagte ich, »während meines Studiums habe ich in einem Fischrestaurant gekellnert, und der Besitzer verkaufte da sein Kochbuch.« Es hieß The Secret Cod und schilderte in aller Ausführlichkeit einunddreißig verschiedene Arten, wie man einen Kabeljau – na, Sie verstehen schon. »Das zählt wahrscheinlich nicht.«
    »Nein, tut es nicht, aber einerlei«, sagte Penumbra. »Vorkenntnisse im Buchhandel werden dir hier kaum von Nutzen sein.«
    Moment
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