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Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)

Titel: Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra (German Edition)
Autoren: Robin Sloan
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Fernwen sie laut ausspricht –
    Heilige Scheiße.
    Als ich endlich die Brücke nach San Francisco überquere, liegt beim Lesen des Schlusskapitels ein neues Tremolo in Clark Moffats Stimme; ich glaube, die Kassette könnte von all dem Zurückspulen und Wiederhören, Zurückspulen und Wiederhören, immer und immer wieder, etwas ausgeleiert sein. Auch mein Hirn fühlt sich ein bisschen ausgeleiert an. Darin keimt eine neue Theorie, die als Samen begann und jetzt schnell zu sprießen beginnt, alles auf dem Boden dessen, was ich soeben gehört habe.
    Moffat: Du warst genial. Du hast etwas gesehen, was in der langen Geschichte des Ungebrochenen Buchrückens niemand gesehen hat. Du hast in rasender Eile alle Hürden genommen, du wurdest einer der Gebundenen, vielleicht nur, um dir Zutritt zum Lesesaal zu verschaffen – und dann hast du deren Geheimnisse in ein eigenes Buch gebunden. Du hast sie vor aller Augen versteckt.
    Ich musste sie erst hören, um das zu kapieren.
    Es ist spät, schon nach Mitternacht. Ich parke Neels Auto in zweiter Reihe vor meiner Wohnung und haue auf den dicken Knopf, der die Warnblinkanlage anschmeißt. Ich springe raus, hieve den Pappkarton vom Beifahrersitz und rase die Treppen hoch. Mein Schlüssel stochert ewig im Schloss herum – ich kann in der Dunkelheit nichts sehen, und ich habe die Hände voll, und ich zittere.
    »Mat!« Ich renne die Treppe hoch und rufe in Richtung seines Zimmers: »Mat! Hast du eine Lupe?«
    Es folgt Getuschel, eine flüsternde Stimme – Ashleys –, und Mat taucht am Treppenabsatz auf, nur mit Boxershorts bekleidet, die mit der farbigen Reproduktion eines Dalí-Gemäldes bedruckt sind. Er winkt mit einem riesigen Vergrößerungsglas. Es ist ungeheuer groß und lässt ihn wie einen Comicdetektiv aussehen. »Hier, hier«, sagt er leise und kommt angeflitzt, um es mir zu geben. »Was Besseres hab ich nicht. Willkommen daheim, Jannon. Lass es nicht fallen.« Dann hopst er wieder die Treppe hoch und schließt mit einem leisen Klick seine Tür.
    Ich trage die Gerritszsoon-Originale in die Küche und schalte sämtliche Lichter an. Ich komme mir völlig verrückt vor, aber im positiven Sinn. Vorsichtig entnehme ich dem Karton eine Patrize – wieder das X . Ich ziehe es aus seiner Plastiktüte, wische es mit einem Handtuch ab und halte es ins grelle Neonlicht über dem Herd. Dann richte ich Mats Lupe darauf und betrachte es.
    Die Berge sind eine Nachricht von Aldrag, dem Wyrm-Vater.

DER PILGER
    E ine Woche ist seit meinem Beutezug vergangen, der in mehr als nur einer Hinsicht erfolgreich war. Ich habe Edgar Deckle eine E-Mail geschrieben und ihm dringend geraten, nach Kalifornien zu kommen, wenn er seine Patrizen haben will. Ich habe ihm dringend geraten, sich am Donnerstagabend im Pygmalion einzufinden.
    Ich habe alle eingeladen: meine Freunde, die Gemeinschaft, all die Leute, die bei der Sache mitgeholfen haben. Oliver Grone hat seinen Geschäftsführer überredet, uns das Hinterzimmer seines Ladens zur Verfügung zu stellen, wo das audiovisuelle Equipment für Lesungen und Lyrik-Slams steht. Ashley hat vegane Haferkekse gebacken, vier große Platten. Mat hat die Stühle aufgestellt.
    In der ersten Reihe sitzt Tabitha Trudeau. Ich mache sie mit Neel Shah bekannt (ihrem neuen Wohltäter), und er schlägt ihr sofort eine Ausstellung bei Cal Knit vor, die den Busen, wie er sich in Pullis präsentiert, in den Mittelpunkt stellen soll.
    »Sehr markant«, sagt er. »Das Kleidungsstück mit dem meisten Sex-Appeal. Ist wirklich wahr. Wir haben eine Fokusgruppe eingesetzt.« Tabitha runzelt die Stirn und zieht die Augenbrauen zusammen. Neel fährt fort: »Wir könnten in der Ausstellung Ausschnitte aus klassischen Filmen in Endlosschleife zeigen und die Pullis auftreiben, die die Schauspielerinnen tatsächlich getragen haben, und sie aufhängen …«
    Rosemary Lapin sitzt in der zweiten Reihe, neben ihr sind Tyndall, Fedorov, Imbert, Muriel und viele andere – mehr oder weniger dasselbe Publikum, das sich vor nicht langer Zeit an einem strahlend schönen Sonnentag bei Google versammelte. Fedorov hat die Arme verschränkt und sein Gesicht zu einer skeptischen Maske verzogen, als wollte er sagen: Ich hab diesen Quatsch schon einmal mitgemacht, aber das ist okay. Ich werde ihn nicht enttäuschen.
    Es sind auch zwei ungebundene Brüder aus Japan angereist – junge Männer mit Moppfrisur in engen indigoblauen Jeans. Aus der Gerüchteküche des Ungebrochenen Buchrückens
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