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Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)

Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)

Titel: Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)
Autoren: Mary Kay Andrews
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verstanden. Ihre Kündigung hat sofortige Wirkung.«
    »Wie? Jetzt auf der Stelle?«
    »Leider ja«, sagte Ms Stone und hielt ihr erwartungsvoll die geöffnete Handfläche entgegen.
    Ellis Sullivan war eigentlich keine Frau, die zu Sarkasmus neigte. Doch irgendwie schien die Situation geradezu danach zu schreien.
    »Was?«, sagte sie aufgebracht. »Reicht es noch nicht, dass Sie mich gerade gefeuert haben? Sie haben mir meine Arbeit genommen, meine Karriere, elf Jahre meines Lebens! Und dafür bekomme ich was? Zweiundzwanzig Wochen Gehalt? Das ist doch wohl ein Witz, oder? Was wollen Sie jetzt noch von mir, hä? Eine Niere? Vielleicht meine Milz?«
    Ms Stones bärtige Oberlippe zuckte. »Das ist völlig unnötig«, sagte sie verkniffen. »Es handelt sich hier um eine rein geschäftliche Entscheidung, die die Geschäftsführung getroffen hat. Bitte versuchen Sie nicht, sie persönlich zu nehmen.«
    »Ich soll sie nicht persönlich nehmen?«, rief Ellis, gegen ihre Tränen kämpfend.
    »Es ist nichts Persönliches«, sagte Ms Stone. Sie erhob sich und stand nun, gute fünfzehn Zentimeter kleiner, vor Ellis. Erneut hielt sie die Hand auf. »Ich muss Sie um Ihren Mitarbeiterausweis bitten.«
    Ellis riss die laminierte Karte von dem Seidenband um ihren Hals und schleuderte sie Ms Stone entgegen. Erneut blinzelte die Frau und duckte sich, doch der Ausweis streifte ihr Kinn, ehe er auf den Schreibtisch fiel.
    »Das Band gehört mir«, sagte Ellis. »Das ist kein Firmeneigentum.«
    »Schön«, sagte Ms Stone. »Verstehe. Und jetzt brauche ich noch Ihren Blackberry. Ich meine natürlich, den Blackberry der Firma.«
    Ellis zuckte zusammen. »Den hab ich nicht dabei«, gab sie zu. »Der ist in meinem Büro. Ich bringe ihn vorbei, wenn ich meinen Schreibtisch ausgeräumt habe.«
    Ms Stone schmunzelte. »Ihr Schreibtisch wurde bereits ausgeräumt.« Sie ging zur Tür und öffnete sie. Der Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes in einer fremden, anthrazitfarbenen Uniform stand im Gang, in den Armen einen großen Pappkarton. Oben heraus schaute ein alberner roter Stoffbär in einem T-Shirt, das den grünen Schriftzug der BancAtlantic trug. Ellis hatte den Plüschbär vor zwei Jahren auf der Weihnachtsfeier der Abteilung gewonnen. Die Handtasche von Louis Vuitton, die sie sich nach ihrer letzten Gehaltserhöhung gegönnt hatte, baumelte am Arm des Wachmanns.
    Ms Stone wies mit dem Kopf auf die Handtasche. Ellis nahm sie dem Wachmann ab, griff hinein und knipste den Blackberry ab.
    Vorsichtshalber duckte Ms Stone sich erneut, doch plötzlich war Ellis nicht mehr zum Kämpfen zumute. Sie legte den Blackberry auf den Tisch, machte auf dem Absatz kehrt und folgte dem wartenden Wachmann in den Flur bis zum Fahrstuhl.
    Ellis streckte die Arme nach dem Karton aus. »Ich kann ihn selbst nehmen. Keine Sorge. Ich komme nicht mit einem Gewehr wieder hochgerannt.«
    Der Wachmann zuckte mit den Schultern. »Tut mir leid. Ich muss Sie aus dem Gebäude nach draußen begleiten. Vorschrift.«
    Ellis drückte auf dem Bedienfeld auf »U«, und schweigend fuhren sie mit dem Lift hinunter in die Garage im Untergeschoss. Der Wachmann folgte ihr bis zu ihrem Accord. Ellis öffnete den Kofferraum, er stellte den Karton hinein und reichte ihr ein Blatt Papier, das oben auf ihren Besitztümern gelegen hatte.
    »Das ist eine Inventarliste aller Gegenstände aus Ihrem Büro«, sagte er entschuldigend. »Wenn Sie kurz gegenzeichnen könnten, bitte?«
    Ohne auch nur einen Blick auf die Liste zu werfen, kritzelte Ellis ihr Kürzel unten auf das Blatt und reichte es zurück.
    Der Wachmann nickte. »Das ist echt ätzend, Mann. Ich hasse das.«
    »Nicht Ihre erste Kündigung heute?«
    »Sie sind die elfte«, sagte er düster. »Nach der Mittagspause geht’s weiter mit Warenkredite. Die gesamte Abteilung.«
    Ellis nickte. Es war kein Trost zu wissen, dass auch der Rest ihrer Firma zerpflückt und ausrangiert wurde, eine Abteilung nach der anderen. »Wiedersehen«, sagte sie, wohl wissend, dass es keins geben würde.
    An den ersten beiden Tagen danach hatte sie nicht gewusst, was sie mit sich anfangen sollte. Am ersten Morgen war sie wie immer um sechs Uhr aufgestanden und hatte im Dunkeln nach ihrem Blackberry getastet. Nach einem kurzen Moment der Panik war ihr eingefallen, dass die Bank ihn zurückgefordert hatte, zusammen mit ihrer bisherigen Identität. Dann hatte Ellis sich mit einem Stöhnen wieder hingelegt und erkannt, dass es keinen zwingenden Grund
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