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Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)

Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)

Titel: Die Sommerfrauen: Roman (German Edition)
Autoren: Mary Kay Andrews
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jetzt Tys Arsenal an Putzmitteln enthielt.
    Nicht zum ersten Mal wurde Ty die Ironie der Lage bewusst. Vielleicht hatte sein Vater doch recht gehabt. Wenn er einen Abschluss in Jura gemacht hätte, dann säße er jetzt vielleicht in einer edlen Anwaltskanzlei in Manhattan. Vielleicht wäre er dann auch noch mit Kendra zusammen. Nein, wohl eher nicht. Aber er hätte vielleicht einen beruhigenden Investmentfonds, würde einen Jaguar fahren und den Winter in Cabo oder zumindest in Key West verbringen. Vielleicht hätte er doch nicht seinen allerletzten Cent in die Rettung von Ebbtide stecken und sich bis zum Anschlag mit Hypotheken belasten sollen. Ich hab dir ja gesagt, lass das sein mit dem alten Kasten.
    Wenn er auf seinen Alten gehört hätte, würde er jetzt vielleicht nicht in einem winzigen Apartment über der Garage wohnen und die ganze Nacht auf den PC-Bildschirm starren, bis er viereckige Augen bekam und nicht mehr denken konnte. Vielleicht würde er dann nicht tagsüber Toiletten putzen und keine Angst haben müssen, dass der nächste Anruf oder die nächste E-Mail allem ein Ende machte.
    Die Uhr tickte. Ihm blieben keine sechs Wochen mehr, um Ebbtide zu retten. Ansonsten würde das Anwesen am 15. September auf den Stufen des Gerichts von Dare County versteigert. Dann stände er auf der Straße, arbeitslos, obdachlos. Und sein Vater würde ihn ansehen und den Kopf schütteln. Kendra, seine Ex, und ihr neuer Ehemann Ryan (auch »das Arschgesicht« genannt) würden in das gleiche Horn stoßen wie sein Alter und Mitleid heucheln. Auch wenn es vielleicht keiner ausspräche, hätten sie alle nur einen Gedanken: Wir haben es doch gesagt.
    Ty sah aus dem Küchenfenster. Wenn er sich auf die Zehenspitzen stellte, konnte er sehen, wie die Wellen an den Strand schlugen. An diesem Morgen waren sie ziemlich groß. Sein Bauch grummelte laut. Wenn es ihm gelang, diesen Schweinestall in rund drei Stunden aufzuräumen, würde er gerade noch rechtzeitig bei Abigail sein, ehe das Samstagmittagsangebot ausverkauft war: Tacos mit Thunfisch.
    Ty zog den Einkaufswagen ins Wohnesszimmer und riss die Augen auf angesichts der Zerstörung, die seine Mieter hier hinterlassen hatten. Sessel, Tische und Lampen waren umgekippt. Auf dem zerkratzten Holzboden lag eine feine Sandschicht, Sofakissen waren vor dem Kamin aufgereiht, in dem drei verdrehte Kleiderbügel aus Draht einen improvisierten Grillrost bildeten. Was in Ordnung gewesen wäre, wenn die Luftklappe geöffnet worden wäre. Fettiger schwarzer Ruß zog sich über das weiße Kaminsims, das Ty noch im Juni gestrichen hatte. Die große gerahmte Seekarte des Currituck Sound, die noch von seinem Großvater stammte, hing schief über dem Sims, das Glas war zersplittert. Im Sofa prangte ein baseballgroßes Brandloch, die Füllung quoll heraus. Der unverkennbare Geruch abgestandenen Biers und billigen Marihuanas hing in der Luft.
    »Du meine Güte!«, wiederholte Ty. Er riss sein Handy aus der Tasche seiner weiten Surferhose und scrollte zur letzten E-Mail, die er vom guten alten Party-Animal bekommen hatte.
    Seine Fingerspitzen huschten über die winzige Tastatur und tippten schnell eine Nachricht.
    Hey Party-Animal, schrieb er, Die fünfhundert Dollar Kaution kannst du dir in die Haare schmieren, du Arschloch. Mit freundlichen Grüßen, Mr Culpepper, Geschäftsführer, Ebbtide.com .
    Als er die Benachrichtigung erhielt, die Mitteilung sei verschickt worden, blickte er auf den Posteingang und seufzte. Noch eine Mail von einem nervenden Gast. Die Nervensägen waren der Grund, weshalb er sich mit seinen Mietern nur per E-Mail austauschte und niemals seine Telefonnummer herausgab. Soweit den Gästen bekannt war, war Mr Culpepper ein schrulliger alter Kerl, der irgendwo im Internet zu Hause war. Niemand musste wissen, dass der Vermieter in Wirklichkeit der Surfertyp war, der über der Garage wohnte, lediglich eine Tür weiter, falls die Toilette mal verstopft war oder einer nicht wusste, wie man die Fernbedienung bediente.
    Der Name dieser ganz besonderen Nervensäge war Ellis Sullivan. Der Typ bombardierte Ty nun schon seit Wochen mit pingeligen Fragen. Aus dem allgemeinen Tenor – ob er selbst Bettwäsche und Handtücher mitbringen solle, ob es Liegestühle und Fahrräder und einen Grill gebe – hatte Ty geschlossen, dass Ellis hundertprozentig schwul war. Normale Typen wie das gute alte Party-Animal wollten nur wissen, wo man Alkohol kaufen könnte.
    Ellis Sullivan und seine
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