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Die siebte Maske

Die siebte Maske

Titel: Die siebte Maske
Autoren: Henry Slesar
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Kyle zu unterhalten. Bekanntlich war er früher Arzt –«
    Adrienne zog die Luft ein und wandte sich ab, der Schweiß auf ihrem Gesicht trat jetzt deutlicher hervor. Sie war gezwungen, ihn mit dem Ärmel ihres Kleides abzuwischen.
    »Ihr Vater weiß über Sie Bescheid, nicht wahr? Er muß ganz einfach Bescheid wissen. Vielleicht hat er Ihnen auch geholfen –«
    »Wie können Sie so etwas sagen?«
    »Ich weiß, wie sehr er Sie liebt, Adrienne. Ich weiß, wozu er für Sie imstande wäre.«
    Auf einmal stürzte die Frau auf die Tür zu. Beinahe hätte sie Mike überrumpelt, aber er war doch noch früher dort als sie, packte sie am Handgelenk und verhinderte, daß sie hinausging. Sie widersetzte sich ihm und wimmerte leise; ihre Hände fühlten sich feucht und schlüpfrig an, als Mike sie hinter ihren Rücken zwang.
    »Adrienne, geben Sie auf«, bat er. »Lassen Sie es nicht in offene Feindseligkeit ausarten. Ich will Ihnen doch helfen.«
    »Mir helfen?« rief sie. »Nennen Sie das Hilfe?«
    »Ja! Auch Sie brauchen die Wahrheit –«
    »Zum Teufel mit der Wahrheit!«
    »Früher haben Sie das nicht gesagt. Sie haben gewußt, daß Tony unschuldig ist. Da wollten Sie die Wahrheit herausfinden –«
    »Es hat nichts mit mir zu tun! Ich schwöre Ihnen, Walter hat sich nicht meinetwegen umgebracht –«
    »Er hat gewußt, daß Sie rauschgiftsüchtig sind. Er wurde erpreßt. Deswegen hat er’s getan.«
    Sie knickte ein.
    »Also gut, lassen Sie mich los«, sagte sie mit dumpfer Stimme. Nachdem er sie losgelassen hatte, rieb sie sich die Handgelenke. »Gegen Sie kommt man nicht an. Sie Held, Sie!« fügte sie giftig hinzu. Dann setzte sie sich hin.
    »Adrienne, es tut mir leid.«
    »Es wird Ihnen noch mehr leid tun. Noch viel mehr.« Sie verschränkte die Arme. »Aber wenn Sie nichts weiter vorhaben, als zu warten – bitte sehr. Ich kann auch warten.«
    Sie schloß die Augen.
    Nach zehn Minuten machte sie sie wieder auf und sah Mike am Bücherregal stehen. Ihre Mundwinkel zuckten, aber sie zwang sich zu lächeln.
    »Kommen Sie sich nicht albern vor?«
    »Nein«, sagte Mike.
    »Sie sehen aber so aus. Ich hätte nie gedacht, daß ich den großen Mike Karr in einer so albernen Situation erleben würde.« Sie gab sich schnippisch. »Sie müssen wissen, Sie haben mir immer ungeheuren Respekt eingejagt. Sie sind immer so streng, so rechtschaffen, so – so unnahbar.«
    »Bin ich das?«
    Adrienne erhob sich aus ihrem Sessel und rieb sich den Unterarm. Sie schwebte verführerisch auf Mike zu.
    »Und noch ein Wort trifft natürlich auf Sie zu«, sagte sie. »Anziehend. Ich nehme an, Sie wissen, wie anziehend Sie wirken, Mike. Ihr gutaussehenden Kerle wißt das ja immer –«
    »Hören Sie auf, Adrienne.«
    Sie strich mit der rechten Hand an seinem Rockaufschlag entlang.
    »Ach ja, ich weiß schon, Sie sind verheiratet. Sie führen eine schöne, makellose Ehe mit der schönen, makellosen Nancy.«
    »Setzen Sie sich, Adrienne, das macht es für uns beide leichter.«
    »Glücklich verheiratete Männer haben immer etwas leicht Widerliches an sich. Sie geben sich solche Mühe – sich ihr Interesse an anderen Frauen nicht anmerken zu lassen.« Sie lehnte sich an ihn. »Wie jetzt. Sie geben sich doch Mühe, Mike?«
    »Nein, Adrienne«, sagte er. »Wenn sich hier jemand anstrengt, dann sind Sie das.« Er wandte sich ab, trat zur Tür. Im nächsten Moment knallte ein Buch dagegen, und er hob den Arm, um sich vor dem zweiten zu schützen, das auf ihn zuflog. Es prallte an seinem Ellbogen ab und sandte eine Schmerzwelle bis zu seinen Fersen.
    »Sie Dreckstück!« kreischte Adrienne. »Lassen Sie mich hier raus! Lassen Sie mich raus!« Sie zerrte noch ein Buch vom Regal und schleuderte es, diesmal ohne zu treffen. Mike packte ihren Arm, bevor sie noch mehr Schaden anrichten konnte, und diesmal wehrte sie sich zwar heftiger, aber nicht so lange. Schließlich brach sie in Tränen aus.
    Mike bat sie: »Adrienne, sagen Sie mir die Wahrheit. Ich will Ihnen nicht weh tun, ich schwör’s Ihnen –«
    »Dann lassen Sie mich gehen!« schluchzte sie. »Das ist das einzige, was mir helfen kann.«
    »Sie brauchen einen Shot, stimmt’s? Ist es soweit? Sie brauchen etwas, jetzt sofort –«
    »Ja! Ich brauche Luft! Ich muß hier weg! Ich ersticke!« Sie nestelte an ihrem Kragen herum, und Mike hörte das Geräusch zerreißenden Stoffes. »Mike, ich ertrage es nicht, eingesperrt zu sein, sehen Sie das nicht?«
    »Sie brauchen Ihr Gift, das ist
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