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Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Die Sehnsucht der Smaragdlilie

Titel: Die Sehnsucht der Smaragdlilie
Autoren: Amanda Mccabe
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ausscheiden und in dieses Kloster eintreten, von dem ich Euch erzählte“, sagte er mit neuer Entschiedenheit. „Es ist weit weg in Bordeaux, ein kontemplativer Orden, in dem mein Cousin Abt ist. Er wird mich dort willkommen heißen.“
    Marguerite nickte. „Wenn ich an Euch denke, werde ich wissen, dass Ihr in Frieden lebt.“
    „Und ich werde dafür beten, dass auch Ihr einen solchen Frieden findet.“
    Nikolai drängte sie zu dem wartenden Boot hin. Als sie einstieg und ihr altes Selbst für immer hinter sich ließ, blickte sie zurück, um Pater Pierre noch einmal zu sehen. Aber er war fort, und nur ihr eigener zerknitterter Mantel lag auf dem Boden. Die Überreste der armen, ertrunkenen Marguerite Dumas.

28. KAPITEL
    Englands Küste verschwand im Nebel, als hätte sie nie wirklich existiert. Als gehörte sie zu einem unsichtbaren Königreich in einem Roman, und als wären König Henry und Königin Katharina, Anne Boleyn, Wolsey, Grammont und der Comte und die Comtesse de Calonne nur Charaktere in einer Geschichte. Figuren eines Traums oder eines Albtraums, der endlich zu Ende war.
    Jetzt gab es nur noch das Meer und den Himmel, den salzigen Wind, die Schiffsbohlen unter ihren Füßen – und Marguerite und Nikolai.
    Sie saßen auf einem Bündel aufgerollter Taue an Deck der „Elena Maria“. Marguerites Kopf lehnte an Nikolais Schulter. Nachdem sie England endlich entkommen waren, war sie erleichtert in einen erschöpften Schlaf gefallen. Ihr Haar war zerzaust, ihre Haut blass in dem grauen Licht der Dämmerung und ihre Kleider zerrissen und fleckig. Sie war das Schönste, was er je gesehen hatte, sich je hatte vorstellen können. Und wie unendlich kostbar war jeder ihrer Atemzüge, jeder gemeinsame Moment.
    Nikolai legte ihr den geborgten Mantel enger um die Schultern. Marguerite murmelte etwas Unverständliches im Schlaf und kuschelte sich tiefer in das Kleidungsstück.
    Sie seufzte und schloss ihre Finger fester um Nikolais Arm, als sie langsam wach wurde. Einen Augenblick lang blickten ihre grünen Augen ins Leere, von Träumen und alten Ängsten verschleiert. Dann wurden sie groß, und Marguerite richtete sich auf.
    „Wo sind wir?“, keuchte sie.
    „Keine Sorge, dorogaja“ , sagte er beruhigend und zog sie wieder an sich. „Wir sind auf See.“
    „Auf See? Wirklich?“ Sie sah sich vorsichtig um. „In Sicherheit?“
    „Ja, in Sicherheit.“
    „Allen Heiligen sei Dank!“ Sie lachte, und der helle Ton klang süßer als jede Kirchenglocke, jede Musik, die Nikolai je gehört hatte. Es war nicht ihr altes, kokettes Lachen ohne wahre Freude, sondern der echte und lebenslustige Ausdruck von Freude eines jungen Mädchens. Das Lied eines Vogels, der dem Käfig entkommt und hoch in die Luft steigt. „Nikolai, wir sind frei! Kannst du es im Wind spüren? Frei.“
    „Das sind wir“, erwiderte er lächelnd. Er schien überhaupt nicht aufhören zu können zu lächeln. All die Jahre der ruhelosen Wanderschaft, der Schauspielerei und der Täuschung, des Suchens nach etwas, von dem er nicht wusste, was es war – all das war jetzt vorbei.
    Alles, wonach er sich je gesehnt hatte, war hier in seinen Armen. Marguerite war sein Heim.
    „Kann die Vergangenheit einfach so vorbei sein?“, fragte sie verwundert. „Die Segel werden gehisst – und alles liegt hinter uns.“
    „Soll ich dich im Meer taufen?“, neckte er sie. „Es könnte ein wenig kalt sein, aber …“
    Er tat, als würde er sie hochheben. Marguerite kicherte an seiner Schulter und strampelte mit den Beinen. „ Non, non ! Ich fühle mich bereits wie neu getauft, bestimmt. Ich fühle mich – ich fühle mich, als könnte ich alles tun. Jede sein.“
    „Und das kannst du auch. England liegt hinter uns und Frankreich auch. Wer möchtest du sein?“
    „Ich möchte Marguerite sein. Marguerite Ostrowski, die alte, verheiratete Matrone, die den ganzen Tag im Weinberg arbeitet und jede Nacht tanzt.“
    „Und das sollst du auch sein. Sobald wir in Calais gelandet sind, suchen wir einen Priester und heiraten, bevor wir dann weiter nach Venedig reisen. Außer, du möchtest Balthazar in die Neue Welt begleiten …“
    „Ich glaube, ich hatte genug Abenteuer für ein ganzes Leben! Und du auch. Ich bevorzuge Venedig, nicht die Neue Welt.“ Sie schmiegte sich wieder in seine Arme, barg den Kopf an seiner Brust, und so schauten beide über die Wellen. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich Venedig je wiedersehen würde nach – nun, nach dem letzten
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