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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben
Autoren: Susanne Gerdom
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hatten aufgehört, sich anzuschreien und starrten sich nur noch grimmig und atemlos an. »Geh ans Werk«, sagte Chaantrea schließlich mit einer resignierten Handbewegung und ließ sich auf einen Stuhl fallen.
    Â»Ich bräuchte jetzt den Jungen«, sagte Rodemund.
    Chaantrea verschluckte deutlich sichtbar eine bissige Erwiderung. »Komm her«, sagte sie zu Lluis.
    Er zögerte. Sie stand auf und hob befehlend die Hand. »Komm her!«
    Lluis wappnete sich gegen die Auswirkungen ihres Banns. Als er nichts davon spürte, stand er verwirrt auf und blieb mit hängenden Armen stehen. Das blutgetränkte Tuch um seine Hand lockerte sich und fiel zu Boden. Aus dem Augenwinkel sah er, wie das Stockende sich bewegte und das Tuch unter die Werkbank zog.
    Â»Komm sofort her, du Sohn eines Maulesels!«, brüllte Chaantrea.
    Der Magister murmelte etwas in seinen Bart, und sie fuhr zu ihm herum. »Kümmere du dich um deine Arbeit!«
    Rodemund rümpfte die Nase und nahm das rötlich schimmernde Messer in die Hand. »Er soll sich hierher bewegen, sagte er grämlich. »Ich brauche sein …«
    Weiter kam er nicht, denn der Herr von Wasserberg betrat den Kellerraum.
    Â»Uldis«, entfuhr es Chaantrea. »Was willst du hier? Geh, lass uns unsere Arbeit tun!«
    Â»Was auch immer ihr mit dem Jungen vorhabt, ich verbiete es euch«, sagte der Elbe.
    Chaantrea lachte auf. »Geh, Uldis. Stiehl mir nicht meine Zeit.« Sie hob die Hand.
    Uldis lächelte schwach. Lluis fand, dass er müde und alt aussah, ganz und gar nicht wie der edle Elbenherr, den er bei Hofe kennengelernt hatte.
    Der Herr von Wasserberg hob ebenfalls die Hand, die ein blutiger Lumpen zierte. Er wickelte den Lappen ab und zeigte Chaantrea eine Hand mit vier Fingern und einem blutigen Stumpf.
    Chaantrea erstarrte. »Du alter Narr«, sagte sie. »Glaubst du, dass dir das etwas nützt? Was willst du von mir?«
    Â»Lass den Jungen laufen, Chaantrea«, sagte Uldis und schlang mit einem schmerzlichen Seufzer den Lappen wieder um seine Hand.
    Â»Das könnte ich nicht, selbst wenn ich wollte«, versetzte die Elbin. »Ich brauche ihn, Magister Rodemund braucht ihn. Du erinnerst dich? Unser großer Plan? Du warst es schließlich, der ihn vorangetrieben hat, Uldis. Du wolltest dich von unserem Schicksal befreien!« Sie lachte bitter. »Ich bin die Närrin, nicht du. Wir haben ein gutes Leben hier. Niemand verfolgt uns, niemand sucht nach uns, es gibt genügend Material, das uns am Leben hält.«
    Â»Elbenseelen«, sagte Uldis leise. »Wir vernichten die Seelen unseres eigenen Volkes, nur damit wir selbst leben, Chaantrea.«
    Lluigolf schauderte. »Seelentrinker«, sagte er laut.
    Der Herr von Wasserberg zuckte zusammen, und er sah kurz zu ihm hinüber. »Das ist der Schimpfname, den sie uns geben, ja.«
    Â»Was heißt das?«, fragte der Magister, der dem Wortgefecht interessiert gelauscht hatte.
    Â»Das geht dich nichts an!«, schrie Chaantrea. »An die Arbeit!« Sie nahm einen kleinen Tiegel und warf ihn dem Magier an den Kopf.
    Rodemund quiekte leise. Er machte ein paar schnelle Schritte, hob das Messer und packte Lluis beim Arm. »Komm schon, Junge«, sagte er. »Es tut nicht weh.«
    Â»Finger weg von ihm!« Der Herr von Wasserberg warf sich mit zwei langen Schritten zwischen den Magus und Lluis. »Wenn du Opferblut brauchst, nimm meins.«
    Â»Uldis!«
    Er wandte sich nicht um. »Halt den Mund, Chaantrea. Kannst du ein freiwilliges Opfer verwenden, Magister, oder muss es unter Zwang geschehen?«
    Der Magister hatte den Mund halb offen stehen. »Ein freiwilliges …«, sagte er. »Oh, das ist das Allerbeste!« Er nickte eifrig. »Gib mir deine Hand, Herr Uldis. Es wird nicht wehtun.«
    Â»Ich verbiete es!« Chaantrea fiel dem Magus in den Arm. »Bist du wahnsinnig geworden, Uldis? Es kann doch nicht sein, dass du dich für einen Bengel opfern willst, den du überhaupt nicht kennst. Für einen Halbelben! Du benimmst dich ja, als wäre er dein Fleisch und Blut …« Sie stockte.
    Ãœber das Gesicht des Herrn von Wasserberg zog ein Schatten.
    Â»Es soll kein Blut mehr fließen«, sagte er mühsam. »Wenn mein Opfer das bewirken kann, dann opfere ich mich gerne. Ich bin dieses Lebens so müde. Das ist kein Leben, Chaantrea, es ist der Tod, der unablässige, unaufhörliche,
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