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Die Seele der Elben

Titel: Die Seele der Elben
Autoren: Susanne Gerdom
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Kerzenflammen wider. Überall lagen bekritzelte Blätter und aufgeschlagene Bücher herum. Die Wände ringsum waren bis zur niedrigen Decke mit Regalen bestückt, in denen in wildem Durcheinander noch mehr Bücher, Schriftrollen, Flaschen und Flakons, allerlei Dosen und seltsame Gerätschaften, Mineralien, Kräuterbündel und tausenderlei andere Dinge lagen. Es roch scharf und durchdringend nach faulen Eiern und Zimt.
    Vanandel schloss die Tür hinter sich und fragte: »Magister Davydd?«, denn der Bewohner dieses Raumes war nirgends zu sehen. Etwas schepperte, und eine Stimme murmelte gereizt unverständliche Worte. Vanandel sah sich um und hob schließlich einen Stapel Bücher und einen getrockneten Frosch von einem Hocker, auf dem sie sich abwartend niederließ.
    Das seltsame Rumpeln, die Klirrgeräusche und das gelegentliche gedämpfte Murmeln und Schimpfen hielten noch eine Weile an, dann hörte Vanandel etwas über den Boden schleifen und sah auf der anderen Seite des großen Tisches einen grauen Haarschopf auftauchen. Der Mann krabbelte vollständig hervor, klopfte seine Knie ab und schüttelte mit einer ungeduldigen Bewegung die staubigen Schöße seiner Jacke aus.
    Â»Arbeitest du neuerdings lieber unter dem Tisch, Magister Davydd?«, fragte Vanandel unschuldig.
    Der Magister rückte seinen Kneifer zurecht und schaute Vanandel darüber hinweg strafend an. »Liebes Kind, dein ungehobeltes Poltern gegen meine Tür hat mich aus meiner Konzentration gerissen und daraufhin ist mir etwas hinuntergefallen.« Er räusperte sich und wischte seine verschmierten Finger an einem fleckenübersäten Schnupftuch ab, in das er sich dann lautstark schnäuzte.
    Vanandel biss sich auf die Lippe, um nicht zu lachen. »Und? Hast du es wiedergefunden?«
    Der Magister starrte sie an. »Was denn? Nein, nein, das Glas ist mir zersprungen und die Essenz ganz und gar ausgelaufen. Aber dann ist mir ein anderes Problem eingefallen, und das konnte ich ebenso gut gleich dort unter dem Tisch zu lösen beginnen.« Er musterte etwas verwirrt seine feuchten Hosenbeine und nahm den Kneifer ab.
    Vanandel erkannte an seinem glasig werdenden Blick, dass seine Gedanken schon wieder davonwanderten, und warf schnell ein: »Hast du vielleicht an meinem Problem weitergearbeitet?«
    Er hörte auf, seinen Kneifer zu polieren, und legte den Kopf schief. »Dein Problem? Ach ja, das!« Er drehte sich um und wühlte ziellos auf dem Tisch herum. Ohne sich umzudrehen, sagte er ein wenig vorwurfsvoll: »Wir haben im Wesentlichen doch schon erreicht, was du wolltest.«
    Vanandel seufzte. »Magister Davydd«, sagte sie mit aller Geduld, die sie aufzubringen in der Lage war, »im Wesentlichen ist leider noch nicht perfekt. Das Imago erfüllt seinen Zweck nur unzureichend. Wenn ich länger abwesend bin, beginnt es – auszubleichen. Und außerdem ist es beinahe stumm.«
    Der Magister runzelte die Stirn und raschelte mit Papier. Er schwieg. »Magister?«, insistierte Vanandel.
    Â»Wenn dein Vater jemals erfährt …«
    Â»Bitte, darüber waren wir uns doch einig! Mein Vater darf und wird nichts davon erfahren! Das hätte für mich nicht weniger fatale Folgen als für dich, glaube mir.«
    Er stand da und drehte einen Mörserstößel in den Händen. »Ich bekäme mit Sicherheit meine Entlassung – und sehr wahrscheinlich würde Seine Hoheit mich in den Kerker werfen. Ich bezweifle, dass Ihnen Ähnliches droht, Prinzessin.«
    Sie registrierte die förmliche Anrede und die echte Angst des Magisters und streckte versöhnlich eine Hand aus. »Er wird nichts erfahren, wenn du es ihm nicht sagst. Meine Lippen sind versiegelt.« Sie tat, als würde sie mit den Fingern ihren Mund verschließen und lächelte den Magister besänftigend an. Er grummelte und brummelte noch ein wenig und warf schließlich den Mörserstößel mit einer heftigen Bewegung zurück in sein steinernes Gefäß.
    Â»Also gut, ich werde mich noch einmal damit befassen«, sagte er rau. »Es verblasst mit der Zeit?«
    Vanandel nickte erleichtert. Magister Davydd war ein knurriger alter Hagestolz, der niemanden leiden konnte außer sich selbst, aber aus Gründen, die sie nicht kannte und die sie auch nicht sonderlich interessierten, fraß er ihr aus der Hand.
    Â»Also muss ich das Imago auf der Zeitachse
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