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Die schwimmende Stadt

Die schwimmende Stadt

Titel: Die schwimmende Stadt
Autoren: Hubert Haensel
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nicht geben.«
    Übergangslos sagte Galee:
    »Ich bringe dich zu Gerrek. Du wolltest ihn doch wiedersehen, oder?«
    »Je eher, desto besser«, sagte Mythor.
    »Der Abend naht. Es ist an der Zeit…«
    »Wofür?«
    Die Frau überging seine Frage geflissentlich und befahl mit einem Wink ein Dutzend ihrer Weiber zu sich. Zusammen verließen sie den Palast und wandten sich gen Osten.
    Inmitten dichter Bewaldung ragte ein steil ansteigender Hügel in die Höhe. Er war Galees Ziel.
    »Wo ist der Mandaler?« wollte Mythor wissen.
    »Du wirst ihn oben wiederfinden«, erwiderte sie kurz.
    Der Schwamm war weich und nachgiebig, was bewies, daß er hier im Wachsen begriffen war. Wasser quoll unter den Stiefelsohlen hervor, und jeder Schritt hinterließ einen leichten Abdruck.
    Etwa auf halber Höhe hatte man wuchtige Palisaden errichtet. Die Frage nach ihrem Sinn ließ Mythor flüchtig daran denken, daß irgendwo in der Nähe die Höhlen mit den Nissen liegen mußten. Vielleicht gar zu seinen Füßen.
    Auf der Kuppe des Hügels stand Gerrek. Der Beuteldrache wandte ihm den Rücken zu.
    »Was habt ihr mit ihm gemacht?« brauste Mythor auf. Eine von Galees Frauen stieß ihn recht unsanft vorwärts. Er griff zum Schwert, aber Galee legte besänftigend eine Hand auf seinen Arm.
    Langsam wandte der Mandaler den Kopf, soweit ihm dies möglich war. Er stand aufrecht, die Arme hinter seinem Rücken an einen Pfahl gekettet. Und er trug noch immer die Maulzwinge.
    »Das ist unsere Art, Leute an den Pranger zu stellen«, erklärte Galee tolz. »Die Einsamkeit hier oben wird jeden lehren, vernünftig zu sein.«
    Gerrek nuschelte irgend etwas.
    »Was will er?«
    »Ich weiß nicht.« Mythor zuckte mit den Schultern.
    »Es klang wie My… Und er hat dich dabei angesehen.«
    »Chonga«, zischte der Beuteldrache.
    Ungeachtet der drohend auf ihn gerichteten Klingen, machte Mythor einige schnelle Schritte auf Gerrek zu.
    »Bist du wohlauf, Freund?«
    Die Barthaare des Mandalers kräuselten sich. Er versuchte ein Nicken, was ihm aber mißlang, da er mit dem Hinterkopf hart gegen den Pfahl krachte.
    »Ischt…«, röchelnd holte er Luft, »ischt schon gut, Chonga. Cherrliche Auschicht von chier.«
    »Du wirst bald Muße haben, selbst den Blick zu genießen«, sagte Galee lachend zu Mythor und deutete auf einen zweiten Pfahl, der nur wenige Körperlängen entfernt in den Boden gerammt war. »Eigens für dich habe ich ihn hier anbringen lassen.«
    Die Rechte des Gorganers fuhr zum Schwert. Aber er zog Alton nicht, denn schon hatten die Frauen ihn umringt, und ihre Klingen redeten eine deutliche Sprache.
    »Was hast du mit uns vor?« wollte Mythor wissen.
    Galee vollführte eine ausschweifende Handbewegung, die das halbe Firmament umfaßte.
    Der Abend zog herauf; das Meer schien in vielen Farben aufzuglühen. Tief purpurn war der Horizont gefärbt, während ein goldener Schein die Wolken umfing, die bereits die Nacht in ihrem Innern trugen.
    Näher auf die Schwimmende Stadt zu schimmerte die See in einem leuchtenden Grün, wurde schließlich blau und dann tiefschwarz. Und in dieser Schwärze spiegelte sich der Himmel in tausend verschiedenen Bildern, die mit der Bewegung der Wellen zerflossen und gleichzeitig wieder neu entstanden.
    »Das«, meinte Galee, »ist das Reich der Zaubermutter Zaem. Gondaha überquert in diesen Augenblicken die Grenze.« Scheinbar ohne jeden Zusammenhang gab sie zu verstehen: »Ich will dich und den Beuteldrachen nicht für mich haben.«
    »Für wen denn?« fauchte Gerrek.
    »Es ist nicht gut, Zaems Zorn herauszufordern oder den ihrer Kriegerinnen. Ich weiß zwar nicht, was an euch Burras Interesse geweckt hat, jedenfalls verlangte sie eure Auslieferung. Und hätte ich ihr nicht versprochen, diesen Wunsch zu erfüllen, wäre sie mit ihren Amazonen in die Schwimmende Stadt eingedrungen.«
    »Du hast ihr zugetragen, daß wir auf Gondaha gestrandet sind«, vermutete Mythor.
    »Sie wußte es. Kein anderes Eiland war in der Nähe, auf das ihr euch vor dem Sturm hättet retten können.«
    Der Gorganer nickte schwer. Er hatte nicht erwartet, der streitbaren Amazone so schnell wieder zu begegnen. Was ihm bevorstand, vermochte er sich nur zu gut vorzustellen. Allerdings würde sie es schwer haben, ihn erneut zu besiegen.
    Du wirst mich nicht bekommen, dachte Mythor. Unsere Wege können nicht zueinander führen.
    »Was ist mit Ramoa?« wandte er sich an Galee. Gleichzeitig begannen seine Gedanken, sich zu überschlagen. Fieberhaft
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