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Die schwimmende Stadt

Die schwimmende Stadt

Titel: Die schwimmende Stadt
Autoren: Hubert Haensel
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Eine Umzäunung hatte man nur dort für nötig gehalten, wo nicht ohnehin Klippen mit teils messerscharfen Schrunden jedem Angreifer den Weg versperrten.
    Scida schritt auf ein offenstehendes Tor zu. Sie hatte es noch nicht erreicht, als zwei Frauen ihr in den Weg traten und langschäftige Speere ihr und Mythor entgegenstreckten.
    »Was soll das?« fauchte die Amazone aufgebracht. »Galee erwartet mich.«
    »Und den Sklaven? Er hat hier nichts zu suchen.«
    »Auch ihn.«
    Eine der Frauen spie aus, musterte Mythor aber überaus eindringlich.
    »Sein Schwert soll er ablegen.« Ihr Blick bekam etwas Gieriges.
    »Das hast du nicht zu bestimmen«, entfuhr es dem Gorganer ungewollt.
    Die Frau schrie auf.
    »Kerl, ich rate dir«, sie senkte den Speer, als wolle sie Mythor durchbohren, »rede nie wieder so zu einer Frau. Du könntest dein Leben verdammt schnell verlieren.«
    Aber da sprang er bereits zur Seite, griff mit beiden Händen nach dem Schaft der Waffe und riß diese mit einem heftigen Ruck an sich. Die andere Wächterin ließ ihren Speer von oben herabsausen, doch Mythor fing den Schlag in der Luft ab und tauchte darunter hinweg.
    Sie zogen die Schwerter. Der Kämpfer der Lichtwelt parierte zwei Hiebe, dann ging er selbst zum Angriff über.
    »Haltet ein!« Vom Palast her eilte eine Frau heran. »Galees Fluch soll euch treffen, wenn ihr nicht sofort die Waffen wegsteckt. Honga ist Gast der Meisterin. Richtet euch danach.« Sie streifte Mythor mit einem flüchtigen Augenaufschlag und wandte sich an Scida. »Galee wartet bereits. Folgt mir.«
    Durch ein schweres Portal und einen dahinterliegenden breiten Korridor führte die Frau sie in den Festsaal. Abrupt wurde es still, als die hier Versammelten den Mann bemerkten. Jedes Weib wandte sich ihm zu, und manche hätten wohl liebend gern zum Schwert gegriffen, um ihn in die Schranken zu weisen.
    Mythor sah nur wenige Sklaven, die zumeist Weinkrüge schleppten oder damit beschäftigt waren, abgebrannte Fackeln auszuwechseln.
    Am anderen Ende des Saales wartete Galee. Die Herrscherin von Gondaha saß auf einem thronähnlichen Stuhl, zu dem drei Stufen hinaufführten. Mit unbewegter Miene starrte sie über die Menge hinweg.
    Scida stieß Mythor leicht an.
    »Sie erwartet, daß du ihr deine Aufwartung machst«, raunte sie ihm ins Ohr. »Also geh schon.«
    Es waren nur fünfzehn Schritte, aber er kam sich vor wie bei einem Spießrutenlauf. Deutliche Verachtung schlug ihm von allen Seiten entgegen. Doch niemand wagte es, seinen Unmut zu äußern.
    Vor dem Podest blieb Mythor stehen.
    »Verbeuge dich«, zischte Scida.
    Der Sohn des Kometen zeigte keine Regung. Erhobenen Hauptes wartete er auf das, was die großwüchsige, wilde Schönheit ihm zu sagen hatte.
    Ihre funkelnden schwarzen Augen saugten sich an ihm fest.
    Kalt rieselte es Mythor über den Rücken. So hatte ihn zuvor nur Burra angesehen. Trachtete auch Galee danach, ihn zu besitzen und zu ihrem Sklaven zu machen?
    »Wir begegnen uns zum drittenmal«, begann Galee schließlich. »Du führst eine ausgezeichnete Klinge…«
    Mythor nickte zögernd. Auch wenn er sich äußerlich ruhig gab, begannen seine Gedanken, sich zu überschlagen. Was wollte die Frau von ihm?
    »Feiert weiter!« rief Galee in den Saal. »Bald werden wir die Grenze zum Gebiet der Zaubermutter Zaem erreichen.« Leiser und an Mythor gewandt, fuhr sie fort: »Wir sollten uns nicht feindlich gegenüberstehen. Ich erkenne jeden an, der zu kämpfen vermag. Sogar einen Mann«, fügte sie rasch hinzu.
    Mythor schwieg.
    »Bist du stumm?« fragte Galee. »Komm herauf und setze dich zu meiner Linken. Ein Schluck Wein wird dir die Zunge lösen.« Sie winkte einem Sklaven, der Mythor daraufhin einen randvoll gefüllten Becher reichte.
    Scida blieb auf der anderen Seite stehen. Sie wechselte nur belanglose Worte mit Galee.
    Im Saal stimmten Frauen ein Lied an. Der Rhythmus war wie das stete Tosen der Brandung. Mythor fühlte, daß der Klang ihn in seinen Bann zog.
    Vielleicht hatte er sich doch getäuscht. Diese Weiber erweckten nicht den Eindruck, als wüßten sie von den Besessenen in ihrer unmittelbaren Nähe. Ihre Fröhlichkeit war echt und entsprang einem freien und ungebundenen Leben.
    Hastig stürzte Mythor den Inhalt seines Bechers hinunter.
    »Was ist mit meinen Freunden geschehen?« platzte er dann heraus.
    Erstaunt, wie es schien, wandte Galee sich ihm zu.
    »Gerrek, der sich selbst einen Beuteldrachen nennt«, sagte sie, »und Ramoa, die Hexe – du
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