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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben
Autoren: Raymond E. Feist
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Bänder von Siegeln. Der Priester erstickte ein Niesen in seinem Ärmel. »Ich bitte um Vergebung.« Er wedelte mit einer alten Abhandlung, dann nahm er seinen Gedanken wieder auf. »Die Gerüchtemacher auf den Straßen sagen, daß Ihr genug Gepäck dabeihabt, um zu den sandigen Wüsten des Verlorenen Landes zurückzukehren. Wer immer will, kann mit einer kleinen Münze dieses Wissen von ihnen erwerben.«
    Mara lächelte. Sie fand es schwer, diesen Priester, der die Morgenriten für den gefürchtetsten Gott auf Kelewan ausführte, mit einem Mann in Verbindung zu bringen, der Klatsch auf den Straßen erwarb. »Ich hatte gehofft, den Eindruck zu erwecken, als würden wir den Tempeln große Tribute leisten, wenn ich dort haltmache, um den Zwanzig Göttern meinen Respekt zu erweisen«, sagte sie reumütig. »In Wahrheit habt Ihr jedoch recht. Meine Pilgerfahrt wird mich auf ein Schiff und dann flußabwärts nach Jamar führen.«
    Der Hohe Priester richtete sich vor der Truhe auf. Er hielt ein altes Pergament in den Händen, rissig und ein wenig abgegriffen. »Ich wäre ein schlechter Ratgeber für die Leidenden, wenn ich solche Täuschungen nicht erkennen könnte. Doch wir Priester sehen nicht mit den Augen der Herrscher. Es ist unsere Aufgabe, einen verständnisvollen Blick zu haben.« Er reichte Mara das Dokument. »Lest dies hier. Es könnte Euch einige Einsichten vermitteln.«
    Mara spürte die Endgültigkeit in seinem Ton, und sie gab Saric das Pergament, damit er es in seiner Tasche verstauen konnte. Sie schob das Tablett mit dem Kuchen beiseite und erhob sich. »Ich danke Euch, Vater.«
    Der Priester hielt ihren Blick fest, als Lujan und Saric ihrer stummen Aufforderung nachkamen. »Sucht Ihr im Verlorenen Land nach einer Antwort, Mara?«
    Weise genug, um zu wissen, wann sie nicht vorsichtig sein mußte, sagte Mara: »Nein. Wir verlassen Jamar und gehen nach Lepala.«
    Als wäre das Thema, das sie angeschnitten hatte, nichts weiter als lockeres Gerede, wedelte der Priester ein kleines Insekt fort, das sich auf dem Rand des Kuchentellers niederlassen wollte; dann verschränkte er die Arme vor der Brust. »Das ist gut, Tochter meines Gottes. Die Schamanen der Wüste sind … unzuverlässig. Viele von ihnen stehen mit dunklen Mächten im Bunde.«
    Saric konnte einen kleinen Ausruf nicht unterdrücken. Der Priester kicherte. »Euer Erster Berater scheint überrascht.«
    Mara nickte zustimmend, und Saric entschuldigte sich hastig. »Entschuldigt meine offensichtliche Mißachtung, Vater, doch die meisten würden … Euren Meister … für eine dunkle Macht halten.«
    Das Gesicht des Hohen Priesters legte sich in Falten, als er lächelte. »Glaubt mir, dieses Mißverständnis hat seine Vorteile! Doch der Tod ist nur die andere Seite des Geheimnisses des Rads des Lebens. Ohne sein Tor in die Hallen Turakamus, wo jedweder Geist Erneuerung findet, wäre unsere gegenwärtige Existenz ein geistloses Unterfangen ohne Seele.« Der Hohe Priester rührte sich, um Maras Gruppe aus seinen Gemächern zu führen, doch er sprach weiter. »Unsere Magie, wie Ihr es nennen würdet, ist keine unnatürliche Kraft.« Er zeigte mit einem Finger auf das Insekt, das über dem Kuchenteller kreiste. Ein scharf umrissener Schatten schien durch die Luft zu streichen, und das Tier stürzte zu Boden. »Wir benutzen diese Seite unserer Natur nur selten, um das Leiden jener zu lindern, die ihrem Ende nahe, aber unfähig sind, den Griff auf ihren Körper zu lösen. Der Geist des Lebens ist stark, manchmal sogar sinnloserweise.«
    »Das könnte eine mächtige Waffe sein«, bemerkte Lujan mit einer tieferen Stimme als gewöhnlich. Mara begriff, daß er, auch wenn er es gut verbarg, die Diener Turakamus ebenso fürchtete wie jeder seiner Krieger.
    Der Priester zuckte mit den Schultern. »Das niemals.« Ohne weiteres Aufheben deutete er mit dem Finger auf Lujans Brust. Der Kommandeur der Acoma gab sich sichtlich Mühe, nicht zurückzuzucken, und Schweiß bildete sich am Rand seines Helms auf der Stirn.
    Nichts geschah.
    Selbst Mara spürte ihr Herz vor Furcht rasen, als der Priester ruhig hinzufügte: »Es war nicht Eure Zeit, den Roten Gott zu treffen, Kommandeur. Ich besitze die Macht meines Gottes. Ich könnte Euch nicht mit eigener Kraft in seine Hallen schicken.«
    Saric, dem alles im Leben wie zu lösende Rätsel erschien, überwand seine Furcht als erster. »Aber das Insekt …«
    »Es war seine Zeit.« Der Priester klang beinahe müde. »Um ein
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