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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben
Autoren: Raymond E. Feist
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besaß einen verwandten Geist; er teilte ihre politische Kühnheit und ihre Neigung zu Neuerungen. Er hatte eine rasche Auffassungsgabe, war freundlich und ihr treu ergeben, und er besaß eine Toleranz gegenüber ihrem halsstarrigen Wesen, die nur wenige Männer in ihrer Kultur aufzubringen vermochten. Bei ihm war Mara gleichberechtigt. Die Heirat hatte eine tiefe und dauerhafte Zufriedenheit hervorgerufen, und obwohl sie ihre Interessen im Großen Spiel des Rates nicht vernachlässigte, spielte sie jetzt nicht mehr aus Furcht. Hokanus Kuß erwärmte den Augenblick wie Wein, bis ein hoher Ton die Stille zerriß.
    Mara richtete sich aus Hokanus Umarmung auf; ihr Lächeln spiegelte sich in den dunklen Augen ihres Mannes. »Ayaki«, sagten sie gleichzeitig. Im nächsten Augenblick donnerten Hufschläge den Pfad am See entlang.
    Hokanu legte seinen Arm fester um die Schultern seiner Frau, als die beiden sich etwas aus der Sänfte lehnten, um einen Blick auf die Eskapaden von Maras ältestem Sohn und Erben zu werfen.
    Ein pechschwarzes Pferd brach durch die Lücke in den Bäumen, Mähne und Schweif flogen im Wind. Grüne Troddeln schmückten die Zügel, und ein perlenbesetztcr Brustgurt hinderte den Sattel daran, nach hinten wegzurutschen. In den mit Lackarbeiten versehenen Steigbügeln stand ein Junge, der gerade erst zwölf geworden war und ebenso schwarze Haare hatte wie sein Reittier. Er wendete den Wallach mit den Zügeln und preschte auf Maras Sänfte zu, das Gesicht gerötet vom Rausch der Geschwindigkeit. Sein paillettenbesetzter Umhang flatterte wie ein Banner hinter ihm her.
    »Er wird ein ziemlich kühner Reiter«, meinte Hokanu bewundernd. »Und das Geburtstagsgeschenk scheint ihm zu gefallen.«
    Mara betrachtete Ayaki mit glühendem Gesicht, als er das Tier auf den Pfad lenkte. Der Junge war ihre ganze Freude, der Mensch, den sie am meisten liebte.
    Der schwarze Wallach warf protestierend den Kopf zurück. Er war temperamentvoll und brannte darauf, seine Geschwindigkeit unter Beweis zu stellen. Mara, die sich mit den riesigen Tieren aus der barbarischen Welt immer noch nicht ganz angefreundet hatte, hielt besorgt den Atem an. Ayaki hatte das wilde Wesen seines Vaters geerbt, und in den Jahren seit er knapp dem Messer eines Attentäters entkommen war, ergriff ihn manchmal eine tiefe Unruhe. Beizeiten schien er den Tod geradezu zu verhöhnen, als könnte er sich dadurch, daß er der Gefahr trotzte, des Lebens in seinen Adern versichern.
    Doch heute war kein solcher Augenblick, und der Wallach war sowohl wegen seines Gehorsams wie auch seiner Schnelligkeit ausgewählt worden. Er schnaubte und stieß eine Staubwolke vor sich auf, während er sich dem Zügel fügte und neben Maras Sänftenträgern hertrottete, die gegen ihr spontanes Bedürfnis ankämpften, sich von dem großen Tier zu entfernen.
    Die Lady schaute auf, als der Junge und das Pferd in ihr Blickfeld gerieten. Ayaki würde breite Schultern bekommen, ganz der Erbe beider Großväter. Er hatte die typische schlanke Figur der Acoma geerbt, genauso wie den störrischen Mut seines Vaters. Obwohl Hokanu nicht sein leiblicher Vater war, verband die beiden Freundschaft und Respekt. Ayaki war ein Junge, auf den alle Eltern stolz sein konnten, und er offenbarte bereits jetzt jenen Verstand, den er benötigen würde, sobald er das Erwachsenenalter erreicht haben und als rechtmäßiger Lord der Acoma in das Spiel des Rates eintreten würde.
    »Du junger Angeber«, neckte ihn Hokanu. »Unsere Träger besitzen möglicherweise als einzige im ganzen Kaiserreich das Privileg, Sandalen zu tragen, doch wenn du meinst, wir rasen jetzt mit dir zu den Weiden, muß ich dir eine entschiedene Absage erteilen.«
    Ayaki lachte. Seine dunklen Augen hefteten sich auf seine Mutter; in ihnen spiegelte sich seine Begeisterung über den Augenblick. »Eigentlich wollte ich Lax’l fragen, ob ich unsere Geschwindigkeit mit einem seiner Krieger messen kann. Es wäre interessant zu wissen, ob seine Krieger eine Einheit der barbarischen Kavallerie überholen können.«
    »Wenn wir einen Krieg hätten – was im Augenblick, den Göttern sei Dank, nicht der Fall ist«, sagte Hokanu mit einer Spur mehr Ernst in seiner Stimme. »Vergiß nicht deine Manieren und beleidige nicht Kommandeur Lax’ls Würde, wenn du fragst.«
    Ayaki grinste breit. Er war mit den Cho-ja in seiner Umgebung aufgewachsen, und ihre seltsame Art flößte ihm ganz und gar keine Furcht ein. »Lax’l hat mir immer noch
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