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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben
Autoren: Raymond E. Feist
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Rücken rollten, sah er die rotgefärbten Hände. Die Kopfbedeckung, die nur die Augen des Mannes freiließ, wurde zur Seite gezogen, und eine blaue Tätowierung auf der linken Wange kam zum Vorschein. Diese Markierung wurde nur von einem Mitglied der Hamoi Tong benutzt, einer Bruderschaft von Attentätern.
    Hokanu stand langsam auf. Es spielte keine Rolle, daß die Soldaten den Mörder getötet hatten: Der Attentäter wäre freudig gestorben, bevor er Informationen hätte preisgeben können. Die Tong arbeiteten nach einem strikten Geheimcode, und ganz sicher wußte der Mörder nicht, wer seinen Anführer für dieses Attentat bezahlt hatte. Und der einzige Name von Bedeutung war der des Mannes, der die Hamoi-Bruderschaft angeheuert hatte.
    Irgendwo in einer kühlen Ecke seines Kopfes wußte Hokanu, daß dieser Angriff auf Mara keine billige Angelegenheit gewesen war. Dieser Mann hatte niemals damit rechnen können, seine Mission zu überleben, und ein Selbstmordauftrag war ein Vermögen in Metall wert.
    »Durchsucht die Leiche und verfolgt seine Spuren zurück«, hörte er sich mit einer Stimme sagen, die von den in seinem Innern brodelnden Gefühlen hart klang. »Seht, ob ihr Hinweise darauf finden könnt, wer den Tong angeheuert haben mag.«
    Der befehlshabende Truppenführer der Acoma verbeugte sich vor dem Lord und gab seinen Männern knappe Befehle.
    »Laßt eine Wache bei der Leiche des Jungen«, fügte Hokanu hinzu. Er beugte sich hinab, um sich um Mara zu kümmern. Es überraschte ihn nicht, daß sie noch immer sprachlos war und gegen den Schrecken und das Unglaubliche kämpfte. Ihr Ehemann warf ihr das Unvermögen, Haltung zu bewahren und die angemessene tsuranische Gelassenheit zu zeigen, nicht vor. Ayaki war viele Jahre die einzige Familie für sie gewesen; sie hatte keine anderen Blutsverwandten. Ihr Leben war bis zu seiner Geburt bereits zu sehr von Verlust und Tod gezeichnet gewesen. Er preßte ihren kleinen, zitternden Körper gegen seinen, während er noch weitere notwendige Anweisungen hinzufügte, die den Jungen betrafen.
    Doch als er damit fertig war und sanft versuchte, sie von der Leiche wegzuziehen, wehrte sie sich. »Nein!« sagte sie mit schmerzerstickter Stimme. »Ich werde ihn hier nicht alleine lassen!«
    »Mylady, Ayaki ist jenseits unserer Hilfe. Er steht bereits in den Hallen des Roten Gottes. Trotz seiner Jahre ist er dem Tod mutig gegenübergetreten. Er wird dort willkommen sein.« Er streichelte ihre dunklen Haare, die feucht von Tränen waren, und versuchte sie zu beruhigen. »Es wäre besser, wenn du im Haus bei denen bist, die dich lieben, und Justin in die Obhut seiner Ammen gibst.«
    »Nein«, wiederholte Mara. Es war ein Ton in ihrer Stimme, der ihn instinktiv davor warnte, sie weiter zu bedrängen. »Ich gehe nicht weg.«
    Zwar stimmte sie nach einiger Zeit zu, Justin zurück zum Herrenhaus und in den Schutz einer Kompanie Krieger bringen zu lassen, doch sie selbst blieb während der Morgenhitze auf dem staubigen Boden sitzen und starrte auf das leblose Gesicht ihres Erstgeborenen.
    Hokanu ließ sie keine Sekunde allein. Der Gestank des Todes vermochte ihn nicht zu vertreiben und auch nicht die Fliegen, die herumschwirrten und summten und sich an der aus den Augen des toten Wallachs austretenden Flüssigkeit labten. So beherrscht, als wäre er auf einem Schlachtfeld, stellte er sich dem Schlimmsten entgegen und ertrug es. Mit ruhiger Stimme befahl er einem Läufer, ein paar Bedienstete kommen zu lassen und einen kleinen Seidenpavillon herbeizuschaffen, um etwas Schatten zu erhalten. Mara schaute nicht einmal auf, als die Markise über ihr aufgebaut wurde. Als würden die Menschen um sie herum nicht existieren, ließ sie aufgelockerte Erde durch die Hände gleiten, bis ein Dutzend ihrer besten Krieger in zeremoniellen Rüstungen herbeikamen, um den gefallenen Sohn fortzubringen. Niemand hatte gegen Hokanus Vorschlag, daß der Junge die Ehren des Schlachtfelds verdiente, etwas einzuwenden. Ayaki war durch den Pfeil eines Feindes gestorben, so sicher, als hätte das Gift sein eigenes Fleisch durchdrungen. Er hatte sich geweigert, sein geliebtes Pferd allein zu lassen, und solcher Mut, solches Verantwortungsgefühl in einem so jungen Menschen verdienten Beachtung.
    Mit einem maskenhaft starren Gesicht sah Mara zu, wie die Krieger ihren toten Sohn hochhoben und auf einer mit Bannern ausgelegten Bahre niederlegten. Die meisten waren im Grün der Acoma gehalten, doch eine war
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