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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben
Autoren: Raymond E. Feist
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Pilgerfahrt.«
    Sarics Augen leuchteten vor Aufregung. Nach einem verstohlenen Blick, um sicher zu sein, daß keine Bediensteten mithörten, flüsterte er: »Wir fahren über Lepala hinaus?«
    Mara unterdrückte ein Lächeln, achtsam bemüht, keine Begeisterung zu zeigen, die über eine fromme Pilgerfahrt hinausgehen könnte; doch auch sie war aufgeregt und neugierig bei der Aussicht, die Grenzen zu überschreiten und in unbekanntes Land einzudringen. »Mit dem schnellsten Schiff. Doch zuerst müssen wir die Tempel besuchen, bevor wir nach Osten reisen. Wenn wir durch unseren Besuch bei den Thuril etwas erreichen wollen, müssen wir unsere Abreise sehr umsichtig gestalten.«
    Es waren noch Vorbereitungen bis zum Morgengrauen zu treffen, und so verließen Lujan und Saric ihre Herrin, um sich darum zu kümmern. Als sie fortgingen, ihre Bewegungen so ähnlich, wie es nur bei Blutsverwandten möglich war, schaute Mara ihnen nach und seufzte. Das Haus schien leer und ruhig ohne die Kinder. Sie bedauerte, daß sie keine Möglichkeit gehabt hatte, sich ordentlich von ihnen zu verabschieden, und ging auf die Treppe und ihr Arbeitszimmer zu, wohin sie sich das Essen bringen lassen würde. Das erste Tageslicht würde nicht früh genug kommen, um ihre unruhigen Nerven zu besänftigen. Jetzt, da ihr Weg klar war, sehnte sie sich danach, endlich unterwegs zu sein.
    Sie konnte nicht vorausahnen, was die Länder jenseits der Grenze für sie bereithielten; die Menschen dort waren während jahrelangen Kriegen und Gefechten Feinde des Kaiserreichs gewesen. Der Vertrag, der den gegenwärtigen Frieden gewährleistete, war brüchig; die Hochländer der Konförderation waren schnell beleidigt und von Natur aus kampfeslustig. Doch der mächtigste Magier zweier Welten hatte ihre Erforschungsreise umsichtig befürwortet. Das zumindest spürte Mara: daß er als einziger genau begriff, was auf dem Spiel stand. Mehr noch, er kannte das Ausmaß der schrecklichen Gefahren, die sie überwinden mußte.
    Als sie auf dem Weg in ihre bequemen Gemächer an den sich verbeugenden Bediensteten vorbeischritt, fragte sie sich, wie Pug wohl ihre Chancen eingeschätzt hätte. Doch sofort begriff sie, wie klug es war, daß sie nicht danach gefragt hatte. Wenn der barbarische Magier überhaupt geantwortet hätte, wäre ihr Mut durch seine Worte sicherlich gesunken.

    Der Priester rief. Echos hallten von den massiven Wölbungen der Tempeldecke wider, die sich über geschnitzten Holzsäulen und Pfeilern erhob. Die im Kreis versammelten rotgekleideten Akolythen antworteten mit rituellem Gesang, und ein seltener Metallgong kündigte das Ende der morgendlichen Zeremonie an. Mara wartete neben ihrem Ersten Berater still im Schatten hinten in der Kammer, umgeben von ihrer Ehrengarde. Saric schien in Gedanken versunken zu sein, die sich weit von Religion entfernt hatten. Seine Finger klopften auf Corcara-Muscheln an seinem Gürtel, und seine Haare sahen wirr aus, als wäre er mit den Fingern immer wieder ungeduldig hindurchgefahren. Wenn auch keiner ihrer Krieger irgendein Zeichen von Unbehagen von sich gab, so zeigte ihre steife Haltung doch, daß sie ihre Gedanken kaum auf andere Dinge richten konnten, während sie im Heiligtum des Roten Gottes waren. Die meisten schickten stille Gebete an die Gottheiten des Glückes und des Schicksals, daß ihr letztes Treffen mit dem Todesgott noch eine Weile auf sich warten lassen möge.
    Tatsächlich, dachte Mara, war der Tempel Turakamus nicht gerade ein Ort, wo man sich wohl fühlte. Ein uralter Altar, der einst – und Gerüchten zufolge immer noch – Menschenopfern gedient hatte, erhob sich auf der Plattform in der Mitte des Raums. Steinbänke umgaben den von den Schritten der vielen Gläubigen abgetretenen Platz, und die Furchen von Abflußrinnen liefen auf dem Boden zu den versenkten Becken zu Füßen der jahrhundertealten Statuen, das Material geglättet und befleckt durch Generationen von Händen. Die Mauern hinter den Nischen waren mit menschlichen Skeletten bemalt, Dämonen und Halbgottheiten mit vielen Armen und Beinen. Die Gestalten tanzten und verrenkten sich in ekstatischen Verzückungen; trotz ihres grotesken Anblicks erinnerten sie Mara an andere Gemälde, die das Haus der Fruchtbarkeit schmückten, eines der vielen Heiligtümer Lashimas, das von Frauen besucht wurde, die um Empfängnis baten.
    Während sie auf ihre Audienz wartete, dachte Mara darüber nach, daß zwar die Priester des Roten Gottes
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