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Die Schwarzen Roben

Die Schwarzen Roben

Titel: Die Schwarzen Roben
Autoren: Raymond E. Feist
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die Kühnheit einer solchen Anklage verurteilt und vernichtet werden konnte, schob Mara ihre Unsicherheit beiseite. Wenn sie vor dieser Gelegenheit, Wissen zu erhalten, zurückscheute, würden die Acoma ohnehin verloren sein. Sie zwang sich, das in klare Worte zu fassen, was seit Ayakis Tod zu ihrem wichtigsten Vorsatz geworden war. »Eure midkemischen Wege haben mir gezeigt, wie sehr die althergebrachten Traditionen, die wir Tsurani verehren, in Zerstörung münden können, wenn sie in Stagnation verharren. Wir sind ein grausames Volk geworden, seit der Goldenen Brücke. Persönliche Verdienste wurden durch einen ausgeklügelten Ehrenkodex und ein rigides Kastensystem ersetzt. Ich möchte Veränderungen und ein Ende der unbarmherzigen Politik, die nur auf persönlicher Ehre fußt. Ich möchte, daß unsere Herrscher und Herrscherinnen für ihre Taten verantwortlich sind, daß unsere Sklaven frei sind. Doch ich vermute, daß die Versammlung selbst das Licht des Himmels daran hindern würde, solche Veränderungen der Politik vorzunehmen.«
    Mara schaute auf und sah Pug in seine Teetasse starren. Das Sonnenlicht des späten Tages fiel in Streifen auf den Holzboden, und der Käse auf dem Tablett war bereits geschmolzen. Stunden waren vergangen, ganz und gar unbemerkt. Mara erkannte, daß die Fragen des midkemischen Magiers sie nicht nur veranlaßt hatten, mehr von sich preiszugeben, als sie vorgehabt hatte, sondern ihren Gedanken auch eine Form gegeben hatten, sie gezwungen hatten, genau zu beschreiben, welche Probleme vor ihr lagen. Maras Ehrfurcht vor diesem barbarischen Magier stieg, da sie nicht bemerkt hatte, wie er ihre Gedanken beeinflußte, und sie preßte die Hände zusammen. In einem Anfall von Besorgnis erwartete sie sein fürchterliches Urteil – oder das Geschenk seines Verständnisses.
    Nach längerem Schweigen meinte Pug schließlich: »Vieles von dem, was Ihr sagtet, erinnerte mich an Dinge, die ich gefühlt habe … Dinge, die ich getan habe.«
    »Ich kann Euch nicht folgen«, sagte Mara nervös.
    Pug lächelte. »Vereinfachen wir es, indem wir sagen, daß die Versammlung voller Uneinigkeit ist. Von außen mag die Gesellschaft der Magier wie ein monolithischer Block erscheinen, eine Körperschaft, die gelegentlich in die Angelegenheiten des Kaiserreiches eingreift, aber gewöhnlich für sich bleibt.« Er gestikulierte leidenschaftlich, wie es die Leute seiner Kultur zu tun pflegten. »Doch das stimmt nicht. Jeder Erhabene kann handeln, wie er es für richtig hält, bei jeder Gelegenheit, denn seine Ausbildung gründet sich darauf, dem Kaiserreich zu dienen.«
    Mara nickte.
    Pug betrachtete sie, der dunkle Blick mit einer Ironie, die amüsant hätte sein können, wäre die Angelegenheit weniger ernst gewesen. »Wie auch immer, es gibt Zeiten, da haben zwei Magier deutlich unterschiedliche Auffassungen darüber, wie dieser Dienst am besten aussieht. Bei seltenen Gelegenheiten führt diese Uneinigkeit zum Konflikt.«
    Mara äußerte eine Vermutung: »Dann stimmen einige der Erhabenen dem Eingriff in meinen Krieg gegen die Anasati nicht zu?«
    »Sie werden in der Minderheit sein«, räumte Pug ein, die eigenen Erinnerungen an sein von der Versammlung verordnetes Exil vor Augen, während er Maras Eifer abzuschätzen schien. »Und ganz sicher stimmen andere zu, daß Euer Tod das Problem schnell lösen würde.« Er war vorsichtig in seiner Wortwahl und darauf bedacht, ihre Spekulationen über den Versuch der Versammlung, die Entwicklung des Kaiserreiches zu steuern, weder zu leugnen noch zu bestätigen. In unverblümter Weise hatte er ihr wenig mehr erzählt, als das, was Fumita bei Kamatsus Todesfeier schon Hokanu gegenüber angedeutet hatte.
    Mara hielt ihre Enttäuschung zurück, als Pug sich mit der deutlichen Absicht erhob, das Gespräch zu beenden. In einem verzweifelten Versuch, ihre Hoffnung auf Hilfe nicht aufzugeben, platzte sie heraus. »Ich schrieb Euch, weil ich hoffte, daß Ihr einen Weg wüßtet, wie ich mich gegen die Versammlung schützen kann, wenn es sein muß.«
    »Das habe ich mir gedacht.« Pug, plötzlich so hart wie barbarisches Eisen, schlang die Hände unter den weiten Ärmeln ineinander und betrachtete sie, als sie ebenfalls aufstand. »Geht mit mir zu dem Muster.«
    Mara winkte die Bediensteten zurück, die herbeieilen wollten, um die Tabletts abzuräumen, und auch die beiden Krieger, die ihre Position an den Außentüren verließen, um sie zu begleiten. Da sie wußte, daß Pug von
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