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Die Schwarze Festung

Die Schwarze Festung

Titel: Die Schwarze Festung
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zwei- oder dreimal getroffen worden, und der letzte Schuß hatte den Körperschild ihres Anzuges bis an die Grenzen belastet; sie spürte die Hitze noch immer, die wie eine feurige Lohe in ihrer rechten Schulter explodiert war und sie zu Boden geschleudert hatte. Und dabei hatten sie trotz allem noch unbeschreibliches Glück gehabt. Wären die Moroni, die diese Station bevölkerten, nicht so unbeschreiblich unfähig gewesen, ein Scheunentor fünf Meter vor ihnen zu treffen, dann wären sie jetzt schon alle tot. Wieder einmal. Sie hätte diesen Gedanken nicht zu Ende denken sollen. Sie spürte, wie die mühsam unterdrückte Hysterie, gegen die sie seit zwei Stunden ankämpfte, erneut aufzuflackern drohte. Ihre Hände begannen zu zittern, und für einen Moment war es kein verrückter Gedanke mehr, sie war vollkommen davon überzeugt, daß sie wirklich in der Hölle waren. Vielleicht war es diesmal nicht mehr ihre eigene Willenskraft, sondern die Hand, die sie an der Schulter berührte, die sie noch einmal in die Wirklichkeit zurückriß und ihre Selbstbeherrschung wiederfinden ließ. Oder zumindest die Kraft, so etwas wie Selbstbeherrschung zu spielen. Sie hob den Kopf und blickte in ein Paar Augen, in den die gleiche Angst und der gleiche Funke von Wahnsinn loderte, gegen die auch sie kämpfte. Die Erkenntnis überraschte sie, obwohl sie es eigentlich nicht hätte tun dürfen – schließlich war auch Skudder nur ein Mensch. Man konnte auch von einem berufsmäßigen Helden schwerlich erwarten, daß er seinem eigenen Leichnam gegenüberstand und dann einfach zur Tagesordnung überging, als wäre nichts geschehen. »Ja?« sagte sie mit einiger Verspätung. »Ich glaube, wir sind sie los«, antwortete Skudder. »Wenigstens den Moment.« Sie empfand nicht einmal wirkliche Erleichterung. Ihnen allen war klar, daß sie allerhöchstens eine Atempause hatten. Und sie würde wahrscheinlich kürzer sein, als sie glaubten. Die Moroni mußten irgendwie das physikalische Gesetz außer Kraft gesetzt haben, nach dem in einen Raum nicht mehr hineinging, als seine Größe gestattete. Wenn sie sich richtig erinnerte, dann hatte diese Station einen Durchmesser von einhundertfünfzig Metern – wie zum Teufel hatten es die Moroni geschafft, mindestens eine halbe Million ihrer Ameisenkneger unterzubringen? Skudder wartete einen Moment lang vergeblich auf irgendeine Reaktion, dann ließ er sich neben ihr zu Boden sinken, bettete den Kopf an die nackte Metallwand und schloß mit einem erschöpften Seufzer die Augen. Er sah müde aus, müde und so erschüttert und verängstigt, wie sie ihn niemals zuvor im Leben gesehen hatte. Natürlich wußte sie im Grunde sehr wohl, wie naiv dieser Gedanke war – aber bisher hatte sie sich einfach eingeredet, daß Skudder nicht einmal wußte, was das Wort Angst überhaupt bedeutete. Jetzt hatte er sie kennengelernt. Er und sie alle. Und es war eine Art von Furcht, von der sie bisher nicht einmal gewußt hatten, daß es sie gab. Charity löste ihren Blick von Skudders bleichem, schweißüberströmten Gesicht und betrachtete nacheinander die anderen. Stone hockte mit an die Brust gezogenen Knien in einer Ecke der kleinen Kammer und starrte aus weit aufgerissenen Augen ins Leere, eine Jammergestalt, bei deren Anblick Charity nicht einmal mehr Verachtung zu empfinden vermochte. Sie fragte sich, wieso sie jemals Angst vor diesem Mann gehabt hatte. Dann begriff sie, wie ungerecht dieser Gedanke war. Vermutlich bot auch sie selbst keinen besseren Anblick als Stone, Skudder und auch Gurk. Verdammt, sie alle hatten ihren eigenen Tod erlebt. Was erwartete sie? Sie hörte ein Geräusch, fuhr erschrocken zusammen und herum – und entspannte sich wieder, als sie sah, daß es nur Gurk gewesen war, der sich auf den Boden hatte fallen lassen und das zerknitterte Gesicht in den Händen verbarg. Seine Augen waren so blicklos und starr wie Stones und ihre eigenen, aber Charity wurde das Gefühl nicht los, daß der Schrecken darin einen anderen Grund hatte als bei ihr und den anderen. Gurk hatte während der vergangenen beiden Stunden kaum ein Wort geredet; und wer den Zwerg auch nur flüchtig kannte, der wußte, was das bedeutete. Skudder hatte einmal scherzhaft behauptet, daß die sicherste Methode, die Moroni von der Erde zu vertreiben, wahrscheinlich die wäre, Abn El Gurk Ben Amar Ibn Lot Fuddel den Vierten nebst zwei- oder dreitausend seiner Brüder auf sie loszulassen, damit die Gnome sie binnen
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