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Die Schwarze Festung

Die Schwarze Festung

Titel: Die Schwarze Festung
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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worden war, als French seine Harpunenwaffe hob und ihr einen Stahlpfeil durch den Chitinpanzer jagte. Sie hatte French mehrmals angeboten, eine der erbeuteten Moroniwaffen zu nehmen, aber French hatte die Strahlengewehre nur mit einem fast angewiderten Blick bedacht, den Kopf geschüttelt und seine selbstgebaute Harpunenwaffe behalten. Sie gelangten an eine Kreuzung des Ganges, und French blieb stehen. Einen Moment lang sah er sich unschlüssig um, dann wollte er sich nach rechts wenden, aber Charity hielt ihn mit einer Geste zurück und deutete in die entgegengesetzte Richtung. »Dort entlang.« French machte eine Bewegung mit beiden Händen, die sie im ersten Moment nicht verstand; dann begriff sie, daß es für die Moroni einem Kopfnicken gleichkam. Mit dem Überstreifen seines Anzuges hatte French auch die Gestik der Außerirdischen übernommen. Auch dieser Gang endete nach wenigen Dutzend Schritten an einer weiteren Kreuzung. Charity wurde zusehends ratloser. Es war eine Zeitlang her, daß sie hier im Schlaftank gelegen hatte. Aus der simplen Abzweigung, die sie kannte, war ein Kreuzungspunkt mit einem halben Dutzend in alle Richtungen führender Tunnel geworden, außerdem führte ein Schacht in die Tiefe. Charity beugte sich vor und erkannte die asymmetrisch geformten Metallösen, die die Moroni als Leiter benutzten. Offensichtlich hatten sie die Station nicht nur besetzt, sondern auch begonnen, sie nach ihren Bedürfnissen umzubauen. »Wollen wir hier Wurzeln schlagen, oder gehen wir weiter?« fragte Gurk. Charity blieb einen weiteren Moment unschlüssig stehen, dann deutete sie mit einer Kopfbewegung auf den nach unten führenden Schacht. Sie hatte keine Ahnung, wohin er führte, aber sie wußte, daß sie sich ziemlich nahe am Zentrum der Weltraumstadt aufhielten. Mit einer hastigen Bewegung hängte sie das Gewehr über die Schulter und wollte nach der obersten Stufe der Leiter greifen, aber French schüttelte rasch den Kopf und schob sich mit einer überraschend geschmeidigen Bewegung an ihr vorbei. Charity wußte aus eigener Erfahrung, wie schwierig und unbequem es für einen Menschen war, die für einen Sechsbeiner erdachte Leiterkonstruktion zu benutzen. Aber French schien damit keine Schwierigkeiten zu haben. Rasch kletterte er vor Charity die Wand hinunter und hielt nach der Hälfte der Strecke inne. Er legte den Kopf in den Nacken und sah auffordernd zu ihnen auf. Plötzlich bemerkte Charity ein Detail, das sie in Schrecken versetzte. Als sie das letzte Mal hier gewesen war, da hatte sie Schuhe mit Magnetsohlen tragen müssen, denn in der Orbit-Stadt herrschte eine Gravitation, die kaum einem Zehntel der Erdanziehungskraft entsprach. Jetzt war die Schwerkraft vielleicht sogar ein wenig höher, als sie es gewohnt war. Vielleicht stammten die Moroni also von einer Welt mit einer höheren Gravitation als der Erde. Sie beeilte sich, French zu folgen. Hinter ihr kamen Stone, dann Skudder und als letzter Gurk, der erstaunlicherweise die geringsten Schwierigkeiten mit der Moroni-Leiter hatte, obwohl er kaum größer als ein zwölfjähriges Kind war. French kletterte weiter und hielt plötzlich inne, und Charity, die so sehr in ihre eigenen Gedanken versunken war, daß sie kaum noch auf ihre Umgebung achtete, bemerkte es zu spät und verpaßte ihm einen kräftigen Tritt. French schrie auf, ließ instinktiv seinen Halt los – und kippte mit einem überraschten Keuchen und mit wirbelnden Armen nach hinten. Hilflos stürzte er die restlichen drei, vier Meter in die Tiefe, schlug schwer auf den Boden auf und blieb liegen; benommen, verletzt oder vielleicht sogar tot. Charity blickte einen Moment lang ebenso fassungslos wie erschrocken zu ihm herab, dann kletterte sie hastig weiter. Die Gravitation mußte tatsächlich höher sein als gewohnt – denn sie verlor prompt das Gleichgewicht und fiel neben French auf die Knie. Besorgt beugte sie sich über ihn, tastete einen Moment lang hilflos mit den Händen über die Gummihaut seines Anzuges und wollte dann den Helm lösen, um ihm ins Gesicht zu blicken. »Nicht!« flüsterte French erschrocken. »Vorsicht! Eine Spinne!« Vielleicht war es die Überraschung, seine Stimme zu hören, vielleicht auch die Tatsache, daß die Bewohner der Orbit-Stadt die Moroni mit einem anderen Wort bezeichneten als die Menschen auf der Erde, aber sie begriff eine volle Sekunde lang nicht, was French überhaupt meinte. Und als sie es begriff, war es zu spät. Sie hob
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