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Die Schöne und der Tod (1)

Die Schöne und der Tod (1)

Titel: Die Schöne und der Tod (1)
Autoren: Bernhard Aichner
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aus dem Bad kommt. Agnes ist alt, überall in ihrem Gesicht sind Falten, schon als Max ein Kind war, waren sie da, immer, wenn er zu ihr kam und um Kuchen bettelte.
    Der gedeckte Tisch, Baroni und Max. Es ist Ende Jänner, es hat drei Grad, Agnes zwinkert ihnen zu und geht. Neben ihnen stehen drei Heizpilze, man hört leise das Gas, das sie wärmt. Max hasst den Winter. Also hat er unter dem Terrassenboden eine Fußbodenheizung eingebaut, der Schnee schmilzt, die Heizpilze geben ein Gefühl von Frühling.
    Baroni öffnet die Weinflasche und erzählt von einer Benefizveranstaltung in Wien, er schlingt, trinkt, schenkt nach. Die Sonne scheint noch mindestens drei Stunden, so lange werden sie sitzen bleiben, mindestens. Sie essen, es gibt nichts zu tun sonst, keine Arbeit, nur Sonntag und Freundschaft, Wein auf der Terrasse, blauer Himmel über dem Friedhof. Wie Max die Nachspeise löffelt, unten Hanni und der Lehrer. Max, wie er hinüber zu Baronis Haus schaut, zu Baronis Putzfrau, die den Schnee von der Terrasse schaufelt.
    – Du solltest dir auch eine Heizung einbauen.
    – Wenn es schneit, komme ich ja zu dir.
    – Die arme Frau schaufelt sich kaputt da drüben.
    – Sie bekommt 13 Euro in der Stunde.
    – Das ist ein Argument. Aber nicht vergleichbar mit meiner Heizung. Wie lange das dauert. Schau mal, sie macht schon wieder Pause.
    – Stimmt. Unverschämtheit.
    – Schneefrei in Sekunden, er bekommt gar keine Chance, er ist Geschichte in dem Moment, in dem er auf die Zirbe fällt.
    – Super.
    – Du solltest dankbar sein, dass du hier sein darfst.
    – Bin ich, Max, bin ich.
    – Schau, jetzt macht die schon wieder eine Pause.
    – Ist schon in Ordnung.
    – Jetzt raucht sie auch noch. Wie lange hast du die schon?
    – Drei Monate.
    – Ganz hübsch.
    – Stimmt. Sie ist Rumänin.
    – Hast du was mit ihr?
    – Du musst nicht alles wissen.
    – Hast du?
    – Manchmal.
    – Unglaublich.
    – Was?
    – Du und deine Frauen.
    – Ach.
    – Wieso kommst du eigentlich nicht mit in die Sauna? Das würde dir gefallen, ich bin mir ganz sicher.
    – Wie oft denn noch, Max.
    – Was denn?
    – Du weißt, dass ich Sauna nicht mag.
    – Dann solltest du Wein holen, schnell.
    Baroni geht in die Küche, Max schaut der Putzfrau zu. Baroni ist für ihn genau rechtzeitig gekommen, nach der Trennung von Hanni war er dankbar für jede Abwechslung, für jeden Grund, der ihn von ihr abhielt. Die Freundschaft zu dem Fußballer wurde von Tag zu Tag größer, die Sehnsucht nach Hanni kleiner. Baroni und Max haben dasselbe Tempo, einen ähnlichen Blick auf die Welt, sie können sich zuwinken am Morgen, mit der Zahnbürste im Mund.
    Der Baugrund hat Baronis Eltern gehört. Schon lange wollte ihn die Gemeinde haben, um den Friedhof zu erweitern, aber Johann Baroni wollte nicht verkaufen, um keinen Preis. Er wollte sich nach seiner aktiven Zeit aufs Land zurückziehen, sich ein Domizil der Ruhe schaffen, abseits der Seitenblickewelt. Und dann wurde gebaut, kein Friedhof, sondern ein Glaswürfel, versteckt in einer Art Bauernhaus, Beton und Stahl im Holzmantel, ein alter Stadel über dem Luxuskörper. Es gab Architekturpreise und Anfeindungen. Er hatte die Baufirma aus dem Dorf übergangen, Polen und Tschechen für sich arbeiten lassen, sie beschimpften ihn dafür, beschmierten seine Fassade. Baroni war es egal.
    Was soll ich mit den Bauern, sagte er.
    Arrogantes Arschloch, sagten die Bauern.
    Baroni hieß eigentlich Johann Walder. Bevor er berühmt wurde, bevor sie mit Geld nach ihm warfen, bevor er in Wien viermal Meister wurde, bevor er nach Deutschland ging und dort zur Ikone wurde. Johann Walder, Sohn braver Bauern, Hauptschulabschluss, goldene Beine. Als seine Eltern tot waren und er merkte, dass er nicht mehr zu stoppen war, änderte er seinen Namen.
    Ein Walder wird kein Star, sagte er, ein Baroni schon.
    Baroni behielt Recht. Seinen Namen kannte man überall, sein Gesicht war auf den Bildschirmen, der Torschützenkönig mit dem Alpencharme, immer witzig, schnell und zielstrebig. Er schaffte es bis ganz nach oben und blieb dort, bis ans Ende seiner Karriere. Dann ließ er sich scheiden, seine Frau bekam die Kinder, ein paar Wohnungen und Geld, viel Geld. Die Schlammschlacht zog sich über Monate. Max hörte im Würstelstand davon, Baroni war wochenlang Dorfgespräch. Einer von ihnen hatte es zu etwas gebracht, war erfolgreicher geworden als der Rest, deshalb mochten sie es, wenn sie hörten, dass es ihm schlecht ging, dass auch die
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