Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schöne und der Leopard (German Edition)

Die Schöne und der Leopard (German Edition)

Titel: Die Schöne und der Leopard (German Edition)
Autoren: Earl Warren
Vom Netzwerk:
sein. Pistolenkugeln richteten nichts gegen sie aus. Besonders die Nashörner entwickelten eine Geschwindigkeit, die man ihnen bei ihrem plumpen Körperbau nicht zugetraut hätte, und walzten alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellte.
    Die Vielfalt der Tierwelt und die strotzende Vegetation des Urwalds vor den Tafelbergen im Landesinneren erstaunte Sue-Ann und den Regisseur immer wieder. Die Dreharbeiten in Afrika waren für beide Erlebnis und Herausforderung vielleicht, die Sue-Anns schreckliche Alpträume allerdings trübten.
    Ohne einen weiteren Zwischenfall erreichten sie das Dorf. Palisaden umgaben es, zur Abwehr gegen feindliche Stämme, wie vor hundert Jahren. Die Krals standen innerhalb der Palisaden am Ufer der breit dahinströmenden Bandama, auf dem Schwarze mit Einbäumen fuhren und fischten.
    Dabei mussten sie sich vor Krokodilen und Flusspferden hüten, die es in diesem unerschlossenen Gebiet, obwohl es in einer halben Stunde Flug von der Hauptstadt zu erreichen war, noch häufig gab.
    Das Tor in den Palisaden stand offen. Sue-Ann, weiß gekleidet, mit Tropenhelm, schaute sich das Treiben im Dorf an. Nackte ebenholzschwarze Kinder lärmten am Flussufer und bespritzten sich. Frauen wuschen und klopften die Wäsche am Plättplatz, was hier wenig Arbeit war, weil es wenig zu waschen gab.
    Die Herren der Schöpfung, hochgewachsene Männer mit Lendenschurzen, mit Ritualnarben geschmückt und mit Glasperlen und Kupferreifen geschmückt, stolzierten hoheitsvoll umher oder lagen im Schatten unter den Baobab-Bäumen. Die Dorfbewohner gehörten zum Stamm der Agni, der zusammen mit den Kru, Mande und Senufo den Sudan bevölkerte. Die Stämme teilten sich in zahlreiche Untergruppen.
    Zudem gab es Pygmäen im Sudan, die trotz ihres geringen Wuchses bei den größeren Stämmen gefürchtet waren. Angeblich verfügten die Pygmäen über Zauberkünste.
    Die Sonne brannte vom Himmel. Sue-Ann bewunderte die satten Farben. Das Ursprüngliche und Vitale im Dorfleben am Bandama faszinierte sie immer wieder. Die Dorfbewohner waren von der Zivilisation noch wenig beleckt. Die Frauen hatten den Ackerbau und die häuslichen Arbeiten zu erledigen und die Kinder großzuziehen. Die Männer gingen der Jagd oder Fischerei nach.
    Der Juju-Glaube und Fetischismus spielten eine bedeutende Rolle im Leben der Eingeborenen. Keiner hätte es gewagt, gegen den Medizinmann Lomungé aufzubegehren, der eine zentrale Figur in dem Dorf Bouradake war.
    Lomungé hatte noch mehr zu sagen als der Häuptling, denn er stand mit den Geistern in Verbindung, konnte Zwiesprache mit den Göttern halten und kannte, wie die Dorfbewohner glaubten, alle Geheimnisse zwischen Himmel und Erde.
    Seine Hütte stand mitten im Dorf in der Nähe des Tanz- und Versammlungsplatzes. Vor der Hütte ragte Lomungés Totempfahl auf, in den unter Fratzen und Köpfen auch ein Leopardenschädel geschnitzt war. Es handelte sich um vergröberte, teils naive Werke der Schnitzkunst, bei denen jedoch genau ersichtlich war, was sie darstellten.
    Eine junge Frau, nur mit Perlschmuck und einem Schamtuch bekleidet, stampfte im Schatten unter dem Vordach Maniok. Sie war eine von Lomungés fünf Frauen, von denen drei kaum ein Drittel so alt wie er waren. Der Medizinmann hatte zahlreiche Kinder, die jedoch nicht in seiner Fetischhütte bei ihm wohnen durften. Seine Frauen und Kinder hatte er anderswo in dem Dorf untergebracht.
    Sue-Ann schaute über den Fluss und die Kette der Urwaldriesen. Das war eine andere Welt als die, aus der sie gekommen war. Hier galten auch andere Gesetze.
    Die Maniokstampferin wischte sich die Hände ab. Ed Anderson sprach zu ihr. Die Schwarze – Sue-Ann schätzte sie auf Siebzehn und lag damit noch zwei Jahre zu hoch – ging wie eine Königin zu der Hütte, aus der ein Surren und Summen ertönte. Sie zögerte und drehte sich um.
    »Lomungé spricht mit den Geistern«, sagte sie auf Kwa. »Ich kann ihn jetzt nicht stören.«
    Ed Anderson schaute auf seine Uhr. Er hatte keine Lust, stundenlang zu warten, bis der Medizinmann die Zwiesprache unterbrach. Doch da hörte, ohne dass jemand ein Wort gesagt hatte, das Surren und Summen auf. Lomungé erschien. Sein Blick streifte den weißen Mann und die weiße Frau.
    Mit einer Armbewegung bat er sie in die geräumige Hütte. Die beiden Filmleute ahnten nicht, dass sie von jemand beobachtet wurden, den sie nicht sahen. Nicht von einem Menschen. Ein Leopard lag auf einer Astgabel, 35 Meter über dem Erdboden jenseits
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher