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Die Schöne und der Leopard (German Edition)

Die Schöne und der Leopard (German Edition)

Titel: Die Schöne und der Leopard (German Edition)
Autoren: Earl Warren
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    1. Kapitel
     
    Dumpf dröhnten die Trommeln. Sue-Ann Bailey schwitzte unter dem Moskitonetz wie eine Verdammte. Der Schweiß rann ihr aus allen Poren, lief zwischen den Brüsten herunter und bildete gleich zwei Rinnsale auf ihrem Bauch. Es war unerträglich: Selbst eine Schönheit wie Sue-Ann Bailey, der Hollywoodstar, konnte unter den Umständen nicht reizvoll sein.
    Ein Moskito summte hartnäckig unter dem Netz. Der blonde Filmstar konnte sich nicht bewegen.
    Sue-Ann Bailey hatte wieder das gleiche Erlebnis, realistisch und schrecklich: Der Zelteingang öffnete sich. Er erschien – der Leopardenmann, grässlich anzusehen. Diesmal wirkte er noch realistischer als sonst.
    Er war ein hochgewachsener, athletischer, rabenschwarzer Afrikaner, den Stammesnarben nach ein Agni. Er trug einen Lendenschurz, Kupferreifen an den Armen und Leopardenkrallen und -reißzähne an einer mehrreihigen Halskette.
    Seine Hände waren Pranken mit mörderischen Krallen, und wo er ging, hinterließ er auf weichem Boden die Spuren eines Leoparden. Statt eines menschlichen Kopfs hatte er einen Leopardenschädel auf seinen Schultern.
    Er fauchte. Seine grünen Augen funkelten und glitzerten. Sie durchbohrten die nackte weiße Frau regelrecht.
    »Du gehörst mir«, fauchte der Leopardenmann. »Jetzt feiern wir unsere Hochzeit. Ich bin Tombé, Mensch und Leopard zugleich, der Gott der Sudanstämme.«
    Lautlos schlich er näher. Seine Pranke zerfetzte das Moskitonetz. Sue-Ann wollte schreien, sich aufbäumen, strampeln, sich wegwälzen. Doch nichts gelang ihr. Gelähmt lag sie da.
    »Bitte.« Ihre Stimme war nur ein heiseres Flüstern. Der Klang der Urwaldtrommeln schwoll an und brachte sie um den Verstand. »Tu's nicht. – Rühr mich nicht an!«
    »Doch!«
    Der Leopardenmann beugte sich über die Schauspielerin. Sein stinkender Raubtieratem schlug ihr ins Gesicht. Die Pranke näherte sich ihrer Brust.
    Sue-Ann Bailey schrie – und schrie – und schrie. Vor sich sah sie den weitgeöffneten Rachen des Leopardenmanns. Sie spürte die stählernen Klauen, die ungeheure Kraft seines Raubtierkörpers. Die Trommeln ertönten. Für Sue-Ann Bailey war es die Hölle, wie in jeder der letzten Nächte.
    Das Ungeheuer nahm sie mit Gewalt.
     
    *
    Die furchtbaren Schreie schreckten Edmond Anderson auf. Der Regisseur fuhr im Zelt von seinem Feldbett auf, tastete nach der Brille und stolperte los. Schlaftrunken griff er nach der schweren Mannlicher-Büchse im Gewehrständer und lud durch. Er lief aus dem Zelt und im Camp des Filmteams hinüber zum Zelt seiner Hauptdarstellerin.
    Der Eingang stand auf. Die beiden schwarzen Askaris, die zu Sue-Anns Bewachung abgestellt waren, standen wie Statuen neben dem Zelt. Sie umklammerten ihr Gewehr. Mond- und Sternenlicht flutete hell in das Camp, um das sich der Urwald wie eine schwarze Mauer erhob. Tierstimmen ertönten und gaben ein Konzert, das nachts niemals endete.
    »Was steht ihr da?«, fragte Anderson auf Kwa, dem sudanesischen Hauptdialekt, von dem er extra für diesen Film einiges gelernt hatte. »Was ist da drinnen los?«
    Die Askaris zitterten. Das Weiße von ihren weitaufgerissenen Augen und die Zähne blinkten in den schwarzen Gesichtern. Der eine Askari deutete auf den Zelteingang, wo deutlich eine Leopardenspur von beachtlicher Größe zu sehen war.
    Anderson erschrak fürchterlich. Denn er liebte Sue-Ann und wollte sie heiraten. Mit ihr machte er diesen Film, der sein bedeutendster werden sollte.
    Ohne sich noch einmal umzuschauen oder darauf zu achten, was in dem von Sue-Anns Schreien aufgeschreckten Camp sonst noch vorging, sprang er ins Zelt. Die Mannlicher hatte der blondhaarige und -bärtige Regisseur im Anschlag.
    Sue-Ann lag auf dem Bett. Sie war nackt und allein. Der Regisseur sah keinen Kratzer an ihrem bildschönen Körper. Die Waffe im Anschlag, schaute er sich um. Doch sein erster Eindruck bestätigte sich.
    Es war niemand mehr da. Anderson, mittelgroß, mit 28 drei Jahre älter als seine Hauptdarstellerin und ein Hollywood-Wunderknabe, hörte Stimmen. Eilig deckte der Regisseur die Blondine, die er mehr als alles andere auf der Welt liebte, mit einer Decke zu.
    Sue-Ann hatte zu schreien aufgehört, schon bevor Anderson barfuß und in Shorts ihr Zelt in der Mitte des Camps erreichte. Sie stand unter Schockwirkung.
    Der Regisseur schüttelte die Benommene an der Schulter. Beschützend nahm er sie in den Arm.
    »Darling, mein Stern, meine Sonne. Es ist alles gut. Hab keine Angst
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