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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
Autoren: Karlheinz Deschner
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Ein neuer »Pfaffenkönig«?
    Hatte der Vorgänger, Kaiser Ludwig IV. der Bayer, den letzten großen Kampf gegen die Päpste ausgetragen (VII 486 ff.), so versuchte der Nachfolger, nicht ohne Erfolg, sein Glück mit ihnen. Diverse Umstände und Eigenheiten kamen ihm dabei zustatten. Vor allem die Schwäche der Päpste, die Krise des französischen Königtums, nicht zuletzt gewisse Seiten seines eignen Geistes und Charakters.
    Karl IV., der künftige deutsche Kaiser, war der Urenkel König Rudolfs I. von Habsburg, der Enkel Kaiser Heinrichs VII. und wurde als ältester Sohn König Johanns von Böhmen aus dem Hause Luxemburg am 14. Mai 1316 in Prag geboren. Aus mütterlich premyslidischer Tradition stammt sein Taufname Wenzel. Nach einer unglücklichen frühen Kindheit (durch das Zerwürfnis seiner Eltern) in Böhmen, schickte ihn sein Vater siebenjährig nach Paris; er wurde am Hof seines Onkels Karl IV. von Valois erzogen und erhielt nach diesem, seinem Firmpaten, den Namen Karl.
    Der Prinz war hochtalentiert und für seine Zeit ungewöhnlich gebildet. Er sprach – »Dank der göttlichen Gnade«, sagt er in seiner Autobiographie – Tschechisch, seine Muttersprache, ferner Deutsch, Italienisch, Französisch, Lateinisch (urkundete aber nur Lateinisch und Deutsch). Bald kam er in einflußreiche geistliche Hände. Sein maßgeblicher Lehrer, dies bezeugt Karl wieder selbst, wurde der Benediktiner Pierre Roger, seinerzeit Abt von Fécamp, Vertrauter des französischen Königs, später Papst Clemens VI. 1330, vierzehnjährig, aus Paris abberufen, führte sein Großonkel, der Kurfürst und Erzbischof Balduin von Trier, eine Schlüsselfigur der damaligen deutschen Politik, Karl in das politische Leben und die territoriale Verwaltungspraxis seines Luxemburger Stammlandes ein. 3
    Karl IV., der wie kaum ein andrer mittelalterlicher Potentat die Aufmerksamkeit moderner Historiker findet, soll nicht nur klug, sondern auch heimtückisch, doppelzüngig gewesen sein, ein »abgebrüht listiger Mensch« (Diwald), energisch, zielbewußt, sparsam, doch ebenso geldgierig und auf stete Mehrung seiner Hausmacht bedacht.
    Beherrscht von Sündenfurcht, von Angst vor dem Jüngsten Gericht, unterzog er sich regelmäßig Exerzitien, Bußübungen, verfaßte Predigten, betete mitunter tagelang, rief Heilige an, die Slawenapostel Kyrill und Method (V 225 ff.), deren Festtag er zum öffentlichen Feiertag erklärte. Er verehrte besonders den hl. Wenzel, den hl. Karl sowie Reliquien, deren Kult er überdies ungewöhnlich förderte, auch selbst ekstatisch vollzog. Er begünstigte religiöse Erneuerungsbewegungen, berichtete in seiner »Vita Caroli IV. ab ipso conscripta«, der fast einzigen Autobiographie eines europäischen Herrschers, auffallend ausführlich über die Grundsätze eines christlichen Lebens, fühlte sich auch als Fürst von Gott geleitet und im Kampf beschützt. Nicht zufällig figurierte er gern als Priesterkönig, umgeben von religiösen Symbolen, in Anbetung der Madonna mit dem Jesuskind, ja wollte überhaupt Prag zum »Rom des Nordens« machen. 4
    Eigene militärische, finanz- und wirtschaftspolitische Erfahrungen sammelte Karl zwischen 1331 und 1333 als Statthalter seines Vaters in Oberitalien, wobei er in Pavia einem Giftattentat entging – »unter dem Schutz der göttlichen Gnade, weil eine feierliche Messe ausführlich gehalten wurde und ich dabei kommunizierte und vor dem Frühstück nichts essen wollte«. Wie überhaupt der Versuch, das reiche, doch von Parteien zerrissene, von Fehden geschüttelte Land unter Luxemburger Regentschaft zu schröpfen, die »Reichssteuer« einzustreichen, trotz triumphaler Anfangserfolge so gänzlich mißlang wie einst der barbarische Kriegszug seines geldhungrigen Großvaters Heinrich VII. (VII 453 ff.!).
    Auch Papst Johann XXII. war in das böhmische Abenteuer verstrickt; wollte er doch seine lombardischen Feinde durch den Böhmenfürsten vernichten lassen, bevor er diesen selber wieder beseitigt hätte. Der junge Karl freilich mochte das Fiasko nicht blutig fortsetzen. »Als unser Vater nun sah«, schrieb er später, »daß ihm die Mittel ausgingen und er nicht weiter Krieg gegen die Herren der Lombardei führen könne, dachte er an einen Rückzug und wollte uns die Städte und den Krieg überlassen. Wir aber verweigerten, was wir mit Ehren nicht behaupten konnten.« So verschwanden die beiden Fürsten schließlich ohne jeden Erfolg »wie Rauch« aus dem Land.
    Karl IV. hat in der Tat, eine
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