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Die Schöne und der Leopard (German Edition)

Die Schöne und der Leopard (German Edition)

Titel: Die Schöne und der Leopard (German Edition)
Autoren: Earl Warren
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Dreharbeiten sogar noch. Denn die Arbeit lenkte Sue-Ann Bailey ab. Und es war heller Tag. Der Hollywood-Star fürchtete sich bereits vor der kommenden Nacht. Denn Sue-Ann Bailey wusste, viele Besuche des Leopardenmanns würde sie nicht mehr überstehen, ohne den Verstand zu verlieren oder aus purer Qual und Entsetzen zu sterben.
     
    *
    Bill Dallas hatte vergeblich versucht, mit den beiden Askari-Wächtern des Stars zu sprechen. Er fand keinen Zugang zu ihnen, wie Ed Anderson. Die Askaris schwiegen mürrisch auf die Fragen des Produktionsleiters. Der schwergewichtige Mann gab das unergiebige Verhör schließlich auf, ging zu seinem Zelt und legte sich unters Moskitonetz.
    Trotz des Netzes plagten und zerstachen in die sirrenden kleinen Quälgeister, wie jede Nacht. Dallas konnte kein Auge schließen. Dabei erwartete ihn ein stressiger Tag. Wie immer bei diesen Dreharbeiten lief alles so, wie es Dallas schon in seiner Anfangszeit als kleiner Assistent gehört hatte.
    »Stell dir vor, was alles schiefgehen kann, und dann sag dir, dass die Wirklichkeit deine Phantasie noch weit übertrifft«, hatte ihm sein Lehrer, ein alter Fuchs in der Branche, gesagt.
    Der Mann hatte recht gehabt. Die Dreharbeiten im Dschungel brachten jeden Tag einen Sack neuer Schwierigkeiten und Probleme. Trotz Tabletten lag ein Teil des Filmteams mit Malaria danieder. Ein Nebendarsteller war von einer giftigen Schlange gebissen worden und hatte nach Abidjan ins Tropenhospital geflogen werden müssen. Das linke Bein, vom Schlangengift zerfressen, musste ihm amputiert werden.
    Danach war er in die Staaten zurückgeflogen. Technische Pannen häuften sich. Zudem war Ed Anderson, der Regisseur, ein Perfektionist, der eine Szene wenn es sein musste fünfzigmal filmen ließ, bis er sie sie im Kasten hatte, wie er sie sich vorstellte. Als kreativer Künstler änderte er auch öfter mal was und brachte neue Ideen ein.
    Die zwei Drehbuchautoren, die mit an die Elfenbeinküste geflogen waren, fluchten nicht schlecht, weil sie ständig umschreiben und ändern mussten. Drei Monate zogen sich die Dreharbeiten an der Elfenbeinküste nun schon. Ursprünglich waren sie mit sechs bis höchstens acht Wochen veranschlagt gewesen. Ein Ende ließ sich noch immer nicht absehen.
    Seit einem Monat litt nun auch noch die Hauptdarstellerin unter den Alpträumen, die sich immer mehr steigerten. Es war zum Verzweifeln. Bill Dallas fragte sich, wie es weitergehen sollte. Er erhielt immer wieder Telegramme von der Filmgesellschaft in Hollywood, die zur Eile mahnten und auf den Terminplan hinwiesen.
    Der Produzent und seine Geldgeber hatten Angst um ihr Geld.
    An dem Tag erschien Ed Anderson mit einer neuen Idee bei Bill Dallas.
    »Ich brauche ein großes Tor«, verlangte er.
    Dallas starrte ihn an. Die Dreharbeiten ruhten bis 15 Uhr wegen der Hitze. Die beiden Männer unterhielten sich unter dem Sonnendach, das in der Mitte des Camps gespannt war.
    »Wozu denn?«, fragte der Produktionsleiter. »Wir haben hier eine komplette Sklavenfaktorei hingestellt, wie es sie im sechzehnten Jahrhundert in Afrika gab. Zudem sind jede Menge Kulissen aufgebaut worden. Sogar eine portugiesische Galeone, die auf dem Bandama schwimmt, ist besorgt worden. Dabei hätten die Szenen, bei denen sie eingesetzt wird, nach meiner Ansicht ohne weiteres in den Studios in Hollywood erstellt werden können. Es gibt ausgezeichnete Trickverfahren, die kein Mensch von echten Aufnahmen unterscheiden kann. Sie sind sogar realistischer als die echten.«
    »Ich will aber die echten«, beharrte der Regisseur auf seiner Meinung. »Sonst kann ich auch gleich einen Studio-Afrikafilm drehen, mit Kulissendschungel und ein paar Zirkuslöwen, womöglich noch Tigern.«
    Der Sarkasmus, mit dem Anderson die Tiger erwähnte, fiel sogar dem dickfelligen Dallas auf.
    »Was spricht gegen die Tiger im Studio, Ed? Die Tarzanfilme sind alle so entstanden. Sie liefen nicht schlecht.«
    »Nicht mit Tigern. In Afrika gibt es nämlich keine, nur in Asien und Indien. Das solltest du eigentlich wissen.«
    »Ich bin nicht so gebildet wie du. Zudem drehen wir ja ohne Tiger, wenn auch mit zwei dressierten Löwen. – Aber wozu in aller Welt brauchst du ein Tor?«
    »Um den inneren Zwiespalt des Filmhelden Diego Cabrez besser darstellen zu können. Du kennst sicher den Film Rashomon. Der Erzähler tritt vor einem großen Tor sitzend auf, durch das der Wind der Zeiten hereinweht und die Vergänglichkeit der menschlichen Existenz sowie das
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