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Die schoene Tote im alten Schlachthof

Die schoene Tote im alten Schlachthof

Titel: Die schoene Tote im alten Schlachthof
Autoren: Sabine Schneider , Stephan Brakensiek
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Overall verpackten Mann ins ruhigere Nachbarzimmer zu
bahnen. Unmöglich schien es aber zu sein, seine Schwiegermutter davon zu
überzeugen, seine Frau noch vor der Abfahrt ans Telefon zu holen. Als Marie
dann doch hörbar genervt vom Abfahrtsstress mit Kindern und Mutter ans Telefon
hetzte, fehlten Thomas die Worte. Schließlich stieß er hervor:
    »Es ist besser, wenn
du erst morgen kommst. Marie, ich kann dir jetzt nichts erklären. Ich meine, es
ist nichts, nicht mit mir, es ist –«
    »Was ist los?«,
unterbrach ihn Marie. Ihre Stimme klang belegt. Irritation und aufflammende Wut
hielten sich offenbar die Waage. »Du hast ja wohl keine Frau im Bett, oder?«
    Thomas zuckte
zusammen. Die Tote lag wohl tatsächlich noch im Bett.
    »Thomas?« Doch selbst
die nun folgende Pause überstieg seine augenblickliche
Reaktionsgeschwindigkeit. Dafür konnte er förmlich sehen, wie Marie mit
rollenden Augen den Blick nach links unten wandte, mit diesem leichten Seufzer,
der gerade noch seinen Weg durch zusammengepresste Lippen fand. »Tom, rede!«
    Thomas liebte seine
Frau einen spontanen Moment lang für dieses schon lange nicht mehr
ausgesprochene »Tom«. Ein Relikt aus einer Zeit, in der Liebe noch möglich
schien. Seine Stimme fand endlich den Weg zurück, wenngleich noch schwach und
weinerlich: »Marie, es ist etwas Schreckliches passiert. In unserem Haus liegt
eine Frau, tot. Ich kenne sie nicht, hab sie nie gesehen. Sie lag heute Morgen
im Gästezimmer, wo eigentlich Marion sein sollte …« Er stutzte. »Natürlich
nicht tot, Marion, meine ich. Ach Marie, es ist eine einzige große Katastrophe
hier. Das ganze Haus ist voller Polizei. Die nehmen alles durcheinander,
auseinander, meine ich. Ich bin ganz durcheinander. Ich meine, warum muss diese
verflucht tote Frau ausgerechnet in unserem Gästezimmer liegen? Es gibt
Tausende von Gästezimmern …«
    »Marion? Eine Tote?«
Maries Stimme klang plötzlich kalt und distanziert.
    Auch Thomas wurde es
kalt. »Marion Schroeder«, presste er heraus. »Sie … sie ist weg. Stattdessen
diese Tote. Marion ist weg.« Die letzten Worte waren reine Resignation.
    »Pass auf, Thomas,
hör mir ausnahmsweise einmal gut zu.« Marie klang jetzt gefasst. »Hast du schon
mit der Polizei geredet?«
    Thomas nickte am
anderen Ende der Leitung, ohne zu realisieren, dass Marie das natürlich nicht
sehen konnte.
    »Thomas, antworte!«
    Er stieß ein
undeutliches »Nein« in sein Smartphone.
    »Wenn du etwas mit
der Toten zu tun hast, dann halt den Mund, bis ich da bin. Wenn du nichts mit
ihr hattest, dann erzähl der Polizei, was du weißt. Aber nur das, was du ganz
sicher weißt. Klar? Alles andere behältst du erst mal für dich. Dich kann
keiner zwingen, etwas zu sagen, verstanden? … Hast du mich genau verstanden?«
    »Ja.«
    »Gut. Ich lass die
Kinder bei Mama. Mit der Kiste von Pierre bin ich in einer guten Stunde bei
dir. Schaffst du das so lange?«
    »Ja.«
    Es war das erste Mal
seit Stunden, dass Thomas so etwas wie Erleichterung spürte. Er hielt das Handy
noch fest in der Hand, als Marie vermutlich schon längst wieder bei den Kindern
war, um ihnen etwas zu erzählen, wie dass ihr Vater plötzlich von einem sehr
ansteckenden Virus befallen und deshalb sehr krank sei und sie deshalb allein
nach Hause zurückfahren müsse, um den Papi wieder gesund zu pflegen.
    »Sie haben auch eine
erstaunlich sympathische Frau, Herr Steyn.«
    Wie lange Buhle
bereits mit der Schulter im Türrahmen lehnte, wusste Thomas nicht. Er hatte ihn
nicht kommen gehört. Irritiert legte er das Handy auf den Glastisch. Hatte ihn
sein so ausgeprägter Gehörsinn seit gestern Abend denn völlig verlassen?
    »Sie haben auf die
Wiederwahltaste gedrückt. Ist das Ihre Frau am Telefon?«
    Thomas starrte
zuerst Kommissar Buhle, dann das Telefon an, bis er begriff, was gemeint war,
und einfach auflegte.
    »Kommt sie ohne die
Kinder?«
    »Ja.«
    Mehr fiel Thomas
nicht ein. Dieser Mensch da, wie er dieser ganzen Sache so arrogant gelassen
gegenüberstand, war ihm alles andere als geheuer. Er blockierte ihn. Die ganze
Zeit schon umgab er sich mit einer Aura, als ob er alles klar durchschauen
würde, als ob er nur noch ein wenig warten wollte, bis auch die anderen endlich
kapierten, was geschehen war.
    Thomas kapierte
eindeutig nichts. Er hatte noch immer keinen blassen Schimmer, wer diese Frau war,
die in seinem Gästebett lag. Er wusste nicht, wo Marion abgeblieben war. Er
hatte keine Ahnung, wie er das ganze Drama
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