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Die schöne Spionin

Die schöne Spionin

Titel: Die schöne Spionin
Autoren: Celeste Bradley
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den Augenblick vorstellen, da sie ihren Bruder fand. Wenn die Ambulanzen die Männer zu Dutzenden ins Hospital brachten, vielleicht.
    Sie würde einem der Verwundeten eine Schöpfkelle mit Wasser geben, einem, der nicht zu schwer verletzt war, und dann den Blick heben und Jamies spitzbübisches Grinsen sehen, seine spöttische Stimme hören.
    »Schon wieder die Nase in meine Angelegenheiten gesteckt, Agatha? Keine Minute kann man dich alleine lassen!«
    Sie würde ihm von der Trage aufhelfen, er würde aus dem Krankenhaus marschieren – weil er natürlich nicht allzu schwer verletzt war – und sie würden nach Appleby zurückkehren, wo alles genauso war wie früher.
    Bevor Napoleon losgeschlagen hatte und Jamie Soldat geworden war. Bevor Papa gestorben war.
    Bevor Lord Fistingham ihr mitgeteilt hatte, dass nun er die Nachlassverwaltung übernehme, da ihr Bruder mutmaßlich tot sei. Sie dürfe sich geehrt fühlen, ihren Reichtum und ihr Land mit dem der Fistinghams zu vereinen, indem sie die Frau seines Sohnes Reginald wurde.
    Bevor man sie mit Reggie, dem Rüpel, alleine gelassen hatte, mit seinen verschwitzten Händen auf ihrem Körper und seiner schleimigen Zunge in ihrem Mund.
    Sie hatte es ihr Leben lang geschafft, Reggie aus dem Weg zu gehen, obwohl sie Nachbarn waren. Sie hatte schon früh gelernt, dass ihm nicht zu trauen war.
    Sie verdrängte schnell die Erinnerungen, dass Reggies schwitzendes Teenagergesicht nur kurz vor einem wolkenverhangenen Sommerhimmel aufschien, während sie ihn mit kleinen Kinderhänden abwehrte.
    Er ist nicht hier.
    Sie war hier sicher vor ihm, genau wie die letzten paar Jahre auf Appleby. Aber auch diese Sicherheit hatte nicht ewig gehalten, oder?
    Nur weil sie gezögert hatte, Lord Fistingham zu brüskieren, hatten er und sein Sohn Reggie es letzten Monat geschafft, auf Appleby eingelassen zu werden.
    Seine Lordschaft war erschienen, um seine eigenen Pläne zu verfolgen.
    »Du bist eine Waise, Mädchen. Du hast auf dieser Welt keine Menschenseele, die sich um dich kümmern könnte. Es ist meine Pflicht, für dich zu sorgen.«
    »Jamie wird sich um mich kümmern, Mylord«, hatte Agatha entgegnet. Mit der Behauptung, für sich selbst sorgen zu können, hätte sie sich bei einem altmodischen Zeitgenossen wie Seiner Lordschaft nichts Gutes getan.
    »Ah, aber der junge James ist tot, mach dir nichts vor. Du musst die Torheiten vergessen und der Wahrheit ins Gesicht sehen. Du bist allein auf der Welt und zum Verhungern verdammt.«
    »Das wohl kaum«, hatte sie trocken gemurmelt. Sie war ziemlich sicher, dass Appleby einen größeren Gewinn erwirtschaftete als Fistingham, denn es war bei weitem besser geführt. Ganz abgesehen davon waren ihre Guthaben nicht dem permanenten Zugriff eines nutzlosen, spielsüchtigen Sohnes ausgesetzt.
    »Unsinn. Keine Frau kommt ohne Mann aus. Aber darum habe ich mich gekümmert. Dein Vater – ach wie ich den guten James vermisse – hätte es so gewollt.«
    Agatha bemühte sich, respektvoll zu wirken. Lord Fistingham war der Mann, den man am ehesten einen Freund ihres Vaters nennen konnte. Ihr kam der unwürdige Gedanke, dass Lord Fistingham nur deshalb hin und wieder erschienen war, weil er den »lieben James« um einen Kredit anhauen wollte.
    Worauf ihr Vater nur müde geblinzelt und einen großzügigen Scheck ausgeschrieben hatte. Nie hatte er die Summe hinterfragt oder Rückzahlung erbeten. Was mehr an Vaters völligem Desinteresse an Gelddingen lag als an echter Großzügigkeit, denn er verachtete alles, was außerhalb der Sphäre der Mathematik und der Formeln lag.
    Dann hatte Seine Lordschaft seinen Plan erläutert, ihre beiden großartigen Anwesen unter dem Namen Fistingham zu vereinen. Agatha hatte kaum zugehört, war im Geist die Geschäftsbücher durchgegangen und hatte beiläufig genickt.
    Bis sie mit wachsendem Entsetzen begriffen hatte, dass Lord Fistinghams Pläne ihre Verheiratung beinhalteten; einen Hei-ratsantrag, den er sie nicht würde ablehnen lassen. Anfangs hatte sie noch gefürchtet, er wolle sie selber heiraten.
    Dann war die Lage noch bedrohlicher geworden.
    »Du heiratest Reggie auf der Stelle. Du hast keine Wahl, Mädchen. Jetzt trage ich für alles die Verantwortung, verstehst du? Jetzt, wo der junge James nicht mehr ist, bin nach dem Testament deines Vaters ich für alles zuständig und zwar, bis du verheiratet bist und alles deinem Ehemann zufällt.«
    Sie hatte verzweifelt versucht, sich an die Verlesung des Testaments zu
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